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Freitag, 22.11.2024 - Jahrgang 16 - www.daz-augsburg.de

Rückblick auf den siebten Augsburger Begabungstag

Filmfans dürften sich im Rückblick auf den letzten Augsburger Begabungsblick an Billy Wilders Meisterwerk „Das verflixte siebte Jahr“ erinnert fühlen. Bereits zum siebten Mal ging diese Bottom-Up Veranstaltung über die Bühne und fand wegen der Corona-Pandemie wie schon im Vorjahr weitgehend digital statt.

Von Udo Legner

Baumpflanzaktion in der Hammerschmiede mit OB Eva Weber, Referent Roland Barth und dem Musiker-Trio des Maria-Theresia-Gymnasiums — Foto © DAZ

Dies schlug sich in zahlreichen Zoom-Konferenzen, Online-Vorträgen und Streamings nieder, die jetzt auf der Website des Augsburger Bildungsbündnisses festgehalten sind. Wie im Billy Wilder Klassiker lief auch beim 7. Augsburger Begabungstags nicht alles nach Plan, was allerdings nur für das Grußwort von Oberbürgermeisterin Eva Weber gilt. Passend zu den Programmpunkten des Begabungstags sollte es von der gleichzeitig stattfindenden Baumpflanzaktion in der Hammerschmiede – in Kooperation mit dem städtischen Forstamt und drei Augsburger Schulen – als Video-Botschaft gesendet werden, was jedoch von den vielen corona-bedingten Verpflichtungen der Stadtspitze im Vorfeld vereitelt wurde.

Mit der Pandemie und ihren Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche befasste sich auch der Vortrag „Kinder und Jugendliche für die Zukunft stärken“ der Kinderärztin Dr. Karin Michael am Vorabend des Begabungstags. Sie stellte das Wohl des Kindes in den Fokus und gab Anregungen, wie im häuslichen Umfeld Motivationsschwächen und Problemen bei der Strukturierung des Alltages begegnet werden kann.

Impulse zu Bildung, Begabung und zur Zukunft der Schulen

Im Mittelpunkt des Begabungstags stand die kritische Bestandsaufnahme der längst nicht nur der Pandemie geschuldeten Defizite im Bildungsbereich und der Austausch über innovative Ansätze, Methoden und Wege. In den Vorträgen, Zoom-Workshops und Filmen war deutlich zu erkennen, welche Themenfelder dominierten und im Anschluss an die Präsentationen diskutiert wurden:

• Selbstfürsorge, Regeneration in der Natur, Resilienz und Nachhaltigkeit

• Schule als partizipativer Ort und als Ort der Begegnung • Partizipation, kritisches Denken, Kreativität, Kollaboration und Vernetzung

• Förderung von kulturellem Bewusstsein, Selbstwirksamkeit und Verantwortungsübernahme

• Ausbau von Begabungen und persönlichen Kompetenzen und interessengeleitetes Lernen

• Nutzen von Freiräumen – sowohl im Sinne von Gebäuden als auch von gedanklichen Freiräumen

• Handlungsorientierung und kreatives Gestalten Mehrfach wurde die Bedeutung und der Gewinn durch Elemente der Partizipation und dem Einbezug der Schülerinnen und Schüler betont.

Dieser partizipative Ansatz sollte freilich nicht nur bei der Durchführung von Projekten, sondern auch bei der Planung des Unterrichts – im Idealfall als Begegnung und Auseinandersetzung auf Augenhöhe – befolgt werden, ganz im Sinne der Theorie der Begabungsförderung, in der das Autonomiebedürfnis und das kreative und divergente Denken als zentrale Faktoren einer personenorientierten Potenzialentfaltung gesehen werden.

Dass sich in Sachen Partizipation, Kreativität und Handlungsorientierung die Lokalmatadoren des Augsburger Bildungsbündnisses bei Schulentwicklung durchaus auf Höhe der Zeit befinden, zeigten nicht zuletzt die Beiträge mit Schülerbeteiligung (u. a. mit den Schülerinnen und Schülern des Holbein Gymnasiums und des städtischen Maria-Theresia-Gymnasiums), die wie die anderen Zoom-Konferenzen im Zusammenschnitt (Montage: Arno Leo Schenk) auf der Website des Begabungstags zu sehen sind ( 7. Augsburger Begabungstag — Gegenwart hinterfragen – Zukunft gestalten ).

Hausaufgabe: Freiräume für eine Schule der Zukunft schaffen!

Beim Schaffen von Freiräumen für die Schulen und bei der Öffnung der Schule ins Quartier bzw. in die Stadtgesellschaft ist hingegen in der Augsburger Schullandschaft noch viel Luft nach oben, wie beim Vortrag des Key-Not Speakers Michael Pallesche deutlich wurde. Der Schulleiter der Ernst Reuter Gemeinschaftsschule in Karlsruhe zeigte, wie es auch an staatlichen Schulen gelingen kann, die Schule auf den Kopf zu drehen und als ́Flipped School ́ mit neuen Schulfächern (z.B. dem Schulfach L.E.B.E.N) nahe an den Bedürfnissen der Kinder zu arbeiten.

Eine Idee, die auch in Augsburg Schule machen sollte, ist beispielsweise die Nutzung von Leerständen in der Innenstadt. In Karlsruhe werden Schülerinnen und Schülern gerade die besonders schönen Orte der Stadt, mit W- LAN ausgestattet, als Lerninseln auch außerhalb der Unterrichtszeit hinaus zur Verfügung gestellt, wodurch die Lernenden nicht nur Wertschätzung erfahren, sondern auch neue Anregungen bekommen.

Filme als nachhaltige pädagogische Inputs

Bewährt hat sich sich beim 7. Augsburger Begabungstag das Streamen relevanter Dokumentarfilme mit anschließender Diskussion. Die Resonanz auf den holländischen Film „School Circles“ zum Abschluss des Begabungstags war so positiv, dass sich die Akteure des Bildungsbündnisses für das Streamen eines weiteren Films entschieden. Der Film #KidsOnTech, der unmittelbar nach den Weihnachtsferien gestreamt wurde und von fast 70 Zuschauern gesehen wurde, setzte sich mit der Frage auseinander, wie Kinder am besten auf die digitale Welt vorbereitet werden. Vor der Kamera kommen Schulkinder, Eltern und Pädagog*innen aus den USA, Deutschland, Indien, Frankreich, Mexiko, China, Großbritannien und Japan zu Wort und vermitteln ein Bild, wie weit Medienkonsum und Digitalisierung weltweit fortgeschritten sind.

Dass die Botschaften dieses Films die Schülerinnen und Schulen des internationalen Erasmus Projekts des Maria-Theresia-Gymnasiums zu einer Umfrage an den Partnerschulen animierte, ist Beleg dafür, wie gut und nachhaltig das Pflänzchen Begabungstag inzwischen gedeiht.

https://bildungsbuendnis-augsburg.de/begabungstag/programm-digital-21/