Seniorenheim Ebnerstraße: Gesundheitsreferent Erben im Feuer
Die skandalösen Zustände im Seniorenheim Ebnerstraße haben landesweit für Entsetzen gesorgt. Am 19. Februar hat die Stadt Augsburg reagiert und das Heim geschlossen.
Der Bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) sicherte zu, die Missstände aufzuklären und Konsequenzen zu ziehen. Für den Freistaat sind die Augsburger Verhältnisse auch deshalb sensibel, da die Einrichtung zum gleichen italienischen Träger gehört wie das unlängst geschlossene Skandalheim in Schliersee. Lückenlose Aufklärung forderte die soziale Fraktion im Augsburger Stadtrat. „Sollten die erhobenen Vorwürfe zutreffen, wird zu klären sein, wie es soweit kommen konnte und warum die beschriebenen Zustände so lange nicht abgestellt worden sind“, so die sozialpolitische Sprecherin Jutta Fiener (SPD).
In Folge der Schließung einer Senioreneinrichtung desselben Trägers am Schliersee im September 2021 versprach das Staatsministerium für Gesundheit und Pflege im zuständigen Fachausschuss des Bayerischen Landtages eine engmaschige Kontrolle des Hauses in der Ebnerstraße im Zuge der Umverlegung von 15 Bewohner*innen.
“Was auf dem Papier steht und was in der Realität passiert sind zwei Paar Schuhe”
„Wenn man jetzt die Zustände vor Ort sieht, muss man leider die Frage stellen, ob diese „engmaschige Kontrolle“ erfolgt ist und welche Konsequenzen gezogen wurden. Es ist doch offensichtlich, dass seit geraumer Zeit zu wenig Pflegepersonal im Einsatz war. Was auf dem Papier steht und was in der Realität passiert, sind bei derartigen „Billiganbietern“ zwei Paar Schuhe. Nur wenn die städtische Heimaufsicht genügend Mitarbeiter für die engmaschigen Kontrollen der Einrichtungen zur Verfügung hat, kann dies rechtzeitig aufgedeckt und geahndet werden“, so Anna Rasehorn (SPD), Mitglied im zuständigen Fachausschuss des Stadtrates.
Referent Reiner Erben: „Zeitpunkt der Schließung war fällig“
Gesundheitsreferent Reiner Erben verweist darauf, dass mit der Verlegung der letzten Personen aus dem Seniorenheim Ebnerstraße der Zeitpunkt für die Schließung des Hauses als letzte Konsequenz fällig war. „Die Einrichtung steht seit Anfang letzten Jahres unter intensiver Beobachtung, Begleitung und engmaschiger Kontrolle der Heimaufsicht. Grund dafür waren immer wieder aufgetretene Pflegemängel. Dagegen wurden entsprechend den gesetzlichen Regelungen von der Heimaufsicht immer wieder Maßnahmen angeordnet und überprüft. Solche möglichen Maßnahmen reichen von Änderungen im Prozessmanagement, über den Austausch von Führungskräften bis hin zur Anordnung von pflegerischen Maßnahmen und Zwangsgeldern. In der Summe haben sich keine Verbesserungen ergeben. Die vorgeschriebenen Pflegestandards sowie die Beachtung der Würde der Bewohnerinnen und Bewohner waren nicht mehr gegeben, so dass jetzt die Schließung des Heimes anzuordnen war“, so Reiner Erben.
Appell: Auch die Heimaufsicht über Mängel informieren
Gesundheitsreferent Erben appelliert noch einmal nachdrücklich an Bewohnerinnen und Bewohner sowie deren Angehörige: „Wenn Mängel auftreten ist es hilfreich, sich nicht nur bei der Heimleitung zu beschweren, sondern auch die Heimaufsicht der Stadt Augsburg darüber zu informieren und nicht einfach zu schweigen. Unsere Heimaufsicht kommt ihrer Kontrollfunktion nach und tut alles, um Qualitätsmängel in der Pflege zu sanktionieren und abzustellen“, so Gesundheitsreferent Reiner Erben.
Reiner Erben ließ sich am vergangenen Dienstag per Video zur Aussprache in den Gesundheitsausschuss des Landtags schalten. Er stellte sich den Fragen zum Pflegeskandal in Augsburg. In seinem Vortrag “brach Erben zunächst eine Lanze für die Heimaufsicht, die in seinem Referat angesiedelt ist, die zuletzt wegen der Pflegemängel in der Ebnerstraße aber in der Kritik stand. Die Mitarbeiter der Heimaufsicht, so Erben, hätten “keinen leichten Job” zu bewältigen. “Sie sollen kontrollieren, beraten, helfen, Missstände abzustellen und schließlich auch sanktionieren.” So wird Erben in der Augsburger Allgemeinen zitiert.
Alle Kanonen auf Erben gerichtet
Im heutigen Stadtrat wird es für den Grünen Gesundheitsreferenten Reiner Erben nicht leichter. Im Vorfeld der heutigen Stadtratssitzung hat die Opposition alle Kanonen auf Erben gerichtet. Erben hat einen Sachstandsbericht angekündigt. Politisch wird es darum gehen, ob Erben als Referent noch zu vermitteln ist. Schließlich ist nicht geklärt, ob die Heimaufsicht, die Erben am Dienstag noch in den Schutz nahm, richtig und schnell genug reagiert hat. Und es wird wohl die Frage im Fokus stehen, warum die menschenverachtenden Zustände im Pflegeheim Ebnerstraße von der städtischen Verwaltung nicht abgestellt wurden. Erst als die Medien darüber berichteten, wurde nach Lösungen gesucht.
Die städtische Heimaufsicht habe “offensichtlich nicht richtig funktioniert”, so Stadtrat Roland Wegner (V-Partei) in einem Eilantrag, mit dem er durchsetzen möchte, dass Erben die Zuständigkeit für die Heimaufsicht entzogen wird. Die erfolgte Schließung sei nur unter öffentlichem Druck erfolgt, dabei hätten Angehörige in der Vergangenheit immer wieder über Missstände geklagt.