Medienpädagogik, Integration – und viele tolle Kinderfilme
In gut zwei Wochen beginnt wieder das Augsburger Kinderfilmfest
Von Frank Heindl
Lange genug hat’s gedauert. Vom März ist es auf den Oktober verschoben worden – doch nun ist’s demnächst endlich so weit: Fans von Kinderfilmen mit hohem Niveau kommen ab 14. Oktober beim Augsburger Kinderfilmfest wieder auf ihre Kosten. Und gleich beim Eröffnungsfilm können die jungen Zuschauer lernen, wie man eine Bank ausraubt.
Das ist natürlich sehr zugespitzt formuliert. In der österreichisch-lettischen Koproduktion geht es nicht um die Anleitung für eine Verbrecherlaufbahn, sondern um An- und Einsichten, die die jugendlichen Protagonisten bei dem Versuch gewinnen, dem arbeitslosen Vater zu einem besseren Auskommen zu verhelfen. Das führt zu abenteuerlichen Verwicklungen, und Hauptdarsteller Gustav Vilsons muss gute Nerven bewahren. Besonders spannend für die jugendlichen Zuschauer: Vilsons wird beim Eröffnungsabend (Donnerstag, 14. Oktober, 19 Uhr im Mephisto-Kino) selbst anwesend sein und – wie beim Kinderfilmfest üblich – auch die Fragen des Publikums beantworten. Womöglich auch die alte brechtsche Frage, ob es nicht gemeiner wäre, eine Bank zu gründen, anstatt sie zu überfallen.
Natürlich präsentiert das Kinderfilmfest – es ist mittlerweile das 28. in Augsburg – nicht nur Abenteuerfilme mit familiärem Hintergrund. Es werde „aus allen Genres“ etwas geboten, verspricht Veranstalterin Ellen Gratza vom Filmbüro, die sich selbst als „die Kinderfilmtante in Augsburg“ bezeichnet. Das Festival werde Fantasy, Literaturverfilmungen, Dokumentarfilme, tolle Landschaftsaufnahmen und bewegende Love-Stories zeigen. Es wird viel zu lachen geben, möglicherweise werden auch Tränen fließen – vor allem aber sollen die Filme natürlich zum Nachdenken anregen. Dabei hilft dem Cineastennachwuchs (die Hauptadressaten sind 5- bis 14jährige Kinder und Jugendliche) das medienpädagogisch ausgebildete Personal: „Kein Film wird einfach nur gezeigt“, sagt Ellen Gratza, immer werde es im Anschluss an die Vorführungen die Möglichkeit zu betreuten Gesprächen geben, immer werden auch Gäste da sein, die die Eindrücke aus den vielen Filmbildern mit eigenen Erfahrungen bereichern. Und auch die Lehrer, die mit ihren Schulklassen Vorstellungen besuchen, werden nicht allein gelassen: Das Festival stellt Unterrichtsmaterialien zur Verfügung.
Ein weiterer wichtiger Schritt, den das Festival hin zu den Zuschauern tut, ist die Zusammenarbeit mit der „Stadtteilmütter“-Initiative des Kinderschutzbundes. 650 Mütter, nicht alle, aber die meisten mit Migrationshintergrund, nehmen mittlerweile an dem Projekt teil – „gelebte Integration“ werde hier praktiziert, schwärmt die Leiterin Hamdiye Çakmak. Viele der teilnehmenden Migrantenfamilien kommen mithilfe des Projekts zum ersten Mal intensiv in Berührung mit deutscher Kultur und der Augsburger Kulturszene – und zeigen großes Interesse. Interesse, das sich schnell auch in aktive Teilnahme umsetzen lässt – was sich beispielsweise daran zeigt, dass die Stadtteilmütter eine eigene Jury zum Festival entsenden, die ihren Lieblingsfilm prämieren wird. Eine zusätzliche Schüler-Jury entsendet das Justus-Liebig-Gymnasium: Die Klasse 7a wird das Programm zusammen mit Lehrer Winfried Weiser begutachten. Und schließlich gibt es auch noch eine Elternjury, die unter Leitung der Lehrerin Dr. Angela Nüsseler ihr Urteil fällen wird. Ellen Gratza geht allerdings davon aus, „dass den Jurys die Entscheidung schwerfallen wird“ –das Programm bestehe schließlich aus lauter tollen Filmen.
„Ich schwör’s, ich war’s nicht!“ heißt etwa ein kanadischer Film, den Ellen Gratza als „durchaus hart“ beschreibt. Das fast zweistündige Werk setzt sich mit der Lebenswelt des zehnjährigen Leon auseinander, der seine Probleme nach mehreren Selbstmordversuchen mit scheinbar blinder Zerstörungswut zu „lösen“ versucht. In „Wie durch dunkles Glas“ (empfohlen ab 12 Jahren) geht es um die 13jährige Cecilie – sie ist krebskrank und erträumt sich einen Engel als Gesellschaft. Der dänische Film „Time Trip“ erzählt von einer Zeitreise in die Zeit der Wikinger: in „Der Balkon“ bahnt sich eine wunderbare Freundschaft in luftiger Höhe an, die dann aber doch auf festem Boden fortgesetzt werden muss – die streitenden Eltern machen den Kindern das Leben schwer.
Besonders empfiehlt Ellen Gratza auch einen Dokumentarfilm für Kinder: „Chandani und der Elefant“ zeigt die emanzipatorischen Bemühungen eines Mädchens aus Sri Lanka. Diesen Film können Lehrer in einer Sondervorführung (20. Oktober, 13.30 Uhr) schon vor seinem offiziellen Kinostart auf seine Unterrichtstauglichkeit testen. Ein weiteres Highlight ist der einzige deutsch Film des Festivals: Er kommt aus Großaitingen, nimmt nicht am Wettbewerb teil, hat aber einen enormen lokalen Bezug: Der Filmemacher Helmut Seehuber hat die Geschichte um den sprechenden Kieselstein Plumps mit der Klasse 3a der Großaitinger Grundschule realisiert. Der Film wurde bisher nur in Großaitingen gezeigt, am Sonntag, 17. Oktober kommt er um 11 Uhr ins Thalia-Kino – in Anwesenheit der Darsteller und des Regisseurs.
Für Kinder, Eltern und Pädagogen, die nicht nur Filme sehen, sondern sich intensiver mit dem Medium beschäftigen wollen, gibt es ein weiteres Begleitprogramm im der Augsburger Stadtbücherei: „Bluebox“ nennt sich der Workshop, der während der Festivalzeit von Montag bis Freitag jeden Vormittag angeboten wird. In jeweils 90 Minuten machen die Teilnehmer unter fachmännischer Anleitung einen eigenen Film, den sie anschließend auf DVD mit nach Hause nehmen können.
Das Augsburger Kinderfilmfest dauert vom 14. bis zum 24. Oktober. Eintrittspreise: Kinder und Erwachsene zahlen 4 €, angemeldete Gruppen 3,50 € pro Person. Bis zum 1. Oktober gilt ein Frühbucherrabatt für Gruppenanmeldungen: Hier muss nur jedes zweite Kind bezahlen. Die Teilnahme am „Bluebox“-Workshop in der Stadtbücherei kostet ebenfalls 3,50 € pro Person.
» Die Homepage des Kinderfilmfests
» Das Programmheft zum Download (pdf)
» Die Kino-Zeittafel zum Download (pdf)