Brecht-Fest: Kulturausschuss einstimmig für das Konzept
Eine überraschende Wende nahm die Diskussion im Kulturausschuss am gestrigen Mittwoch um die erste Nachfolgeveranstaltung der umstrittenen abc-Festivals. Nach langer und emotional geführter Diskussion stimmte der Ausschuss einstimmig der Beschlussvorlage zu.
Allerdings fand zuvor eine unnötige Debatte statt. „Knochendürr“ nannte Karl-Heinz Schneider (SPD) den Finanzierungsplan: „Was machen wir, wenn die 80 000 Euro vom Freistaat nicht kommen? Was machen wir, wenn die Sponsoren nicht kommen?“ Außerdem bemängelte Schneider, dass der Finanzierungsplan als Tischvorlage erst während der laufenden Sitzung verteilt worden ist und somit von ihm und seiner Fraktion nicht überprüfbar sei. Auch inhaltlich äußerte Schneider schwere Bedenken: Das Programm „Brecht 111“ werde dem Brecht´schen Alleinstellungsmerkmal nicht gerecht. Das Entscheidende, Brecht und Augsburg sowie Brechts Haltung zu den Banken, werde zu wenig beleuchtet. Die Schulen werden zu wenig einbezogen. Immerhin begrüßte Schneider die intensive Einbeziehung des Augsburger Theaters und der Augsburger Brechtszene. Im Zusammenhang mit der Zahlendiskussion um das abc-Festival kritisierte Schneider, dass sich die Kosten für das neue Brechtfest nicht besonders von den Kosten des abc-Festivals unterscheiden. Da das Zahlenwerk nicht verifizierbar sei, werde die SPD den Finanzierungsplan ablehnen, so Schneider.
„Ein schlichtes Konzept“
Die junge Stadträtin der Grünen, Verena von Mutius blies ins gleiche Horn und setzte noch einen Spruch obendrauf: „Ein inhaltlich sehr schlichtes Konzept“. Kulturreferent Peter Grab räumte ein, dass es nicht üblich sei, den Finanzierungsplan als Tischvorlage zu präsentieren, erklärte aber, dass bis zuletzt „gefeilt werden musste“. Grab bestand auf die im Paket vorgestellte Beschlussvorlage, da hinsichtlich der Beantragung der 80 000 Euro beim Freistaat Eile geboten sei. Andreas Jäckel (CSU) nahm Grab in Schutz und Schneider aufs Korn: “ Nachtarocken bis zum Erbrechen wegen Ostermaier ist nicht glaubwürdig, außerdem sind die Zahlen leicht und schnell überschaubar.“ Skepsis sei nicht angebracht, da sich an den Zahlen nichts mehr ändern lasse.
„Ich wünsche, dass ich mich täusche“
Einer der versiertesten Brechtkenner aus der Augsburger Szene, Kurt Idrizovic, äußerte im Vorfeld der Sitzung, dass mit der Verpflichtung von Dr. Joachim Lang ein Volltreffer gelungen sei. Lang sei außerordentlich kompetent, sein Konzept gehe in die Breite wie in die Tiefe. Das Programm von „Brecht 111“ sei unangreifbar, da die moderne Brechtrezeption, der „neue Brecht“ im Zentrum der Betrachtung stehe. Lang bestätigte im Kulturausschuss die Vorschusslorbeeren souverän und uneitel: „Das Gute vom alten Konzept wurde übernommen. Die Jugend- und Popkultur spiele im „Brecht 111“ eine große Rolle. Er habe zwar Verständnis für die Befürchtungen, aber genau, was bemängelt worden sei, sei ein zentraler Bestandteil seines Konzeptes. „B-Side“ stelle Brecht als „Anreger“ für die Popkultur heraus. Die Schulen werden mit einbezogen. Brechts Universalgenie stehe im Vordergrund. Seine Dichtung, sein Verhältnis zur Politik und das populistische Wirken seiner musikalischen Gassenhauer seien die wichtigsten thematischen Ansätze in den kommenden drei Jahren unter seiner Ägide. „Brecht ist Augsburger“, so Lang, „die Einflüsse seiner Heimatstadt auf sein Werk und sein Wirken werden eine große Rolle spielen“. Für Lang ist Brecht nicht veraltet, aus diesem Grund müsse das neue Brechtfest traditionelle Pfade verlassen und solle eine nationale wie internationale Bedeutung bekommen. Für nationale Medienpräsens sei jedenfalls beim Eröffnungsabend gesorgt.
Langs Vortrag schien die Reihen der Kritiker zu überzeugen. „Ich wünsche mir, dass ich mich täusche“, lenkte Schneider ein und auch Verena von Mutius, die sich am stärksten von allen Ausschussmitgliedern dem abc-Festival verbunden fühlte, bemühte sich am Ende der Debatte um konziliante Töne.