Tempo 30, Boulevard und Fußgänger-Kö für Augsburgs Innenstadt
Der Ideenwettbewerb Innenstadt ist entschieden. Ein Jury, besetzt mit dem Who is Who des deutschen Städtebaues, war zwei Tage lang in Klausur, bis am Donnerstag um 14:30 Uhr die Sieger feststanden.
“Augsburg hat sich mit dem Wettbewerb getraut, was sich bisher keine deutsche Stadt getraut hat”, so Prof. Dr. Hartmut Topp, Verkehrsplaner aus Kaiserslautern und Vorsitzender des Preisgerichts. Getraut hatte man sich die Entwicklung eines Mobilitätskonzepts, das den gesamten Stadtraum qualifiziert. 68 Teilnehmer hatten im Juli 2008 die Unterlagen angefordert, abgegeben haben am Ende 12 Teams aus Architekten, Stadt-, Grün- und Verkehrsplanern. Die Aufgabenstellung: In welcher Form lässt sich Mobilität in der Augsburger Innenstadt stadtverträglich organisieren?
Ausgangspunkte für die Überlegungen zum Verkehrsnetz waren u.a. die bereits bestehenden Planungen für die Mobilitätsdrehscheibe und die Empfehlungen der Planungswerkstatt “Innenstadt und Mobilität”. Den Wettbewerbern wurden aber keine zwingenden Vorgaben gemacht. Die bestehenden Planungen und Konzepte durften verändert und weiterentwickelt werden.
“Lokomotive des ersten Preises”
OB Dr. Gribl zeigte sich “beeindruckt von der fachlichen Durchdringung der Jury-Arbeit”. Alle seien “einige cm kürzer” geworden, weil man den ganzen Tag vor den Arbeiten gestanden und diese bis ins Detail diskutiert habe. Er gab sich überzeugt, auf Basis der Ideen Augsburgs Zukunft gestalten zu können, ohne etwas zu verbauen. Keine der Arbeiten könne einzeln alles lösen, “aber die Dinge lassen sich zusammenfinden”. Mit der “Lokomotive des ersten Preises” könne man die Aufgaben angehen. Prof. Topp bestätigte, dass auch die zweiten und dritten Preise wertvolle Ideen enthalten. Aufgabe sei es, diese mit dem Siegerentwurf zusammenzuführen.
Der erste Preisträger, Architekt Eberhard Wunderle aus Neusäß, erläuterte anschließend seinen Entwurf: Ziel ist, den Durchgangsverkehr durch die Innenstadt mittels eines lückenlosen Tangentensystems zu entlasten. Der verbleibende Ziel- und Quellverkehr soll in einer flächendeckenden Tempo-30-Zone abgewickelt werden. Separate Radwege könnten so komplett entfallen. Durch neue Straßenbahnlinien im Oberen Graben / Forsterstraße und über die Karlstraße und Frölichstraße zum Hauptbahnhof wird die derzeitige Konzentration am Königsplatz aufgelöst und auf insgesamt drei Umsteigehalte verteilt. Dadurch ist kein Großausbau des Kö-Haltestellendreiecks nötig. Das Dreieck selbst verschiebt sich nach Südosten. Die Fuggerstraße wird zum “Augsburg Boulevard”, einer reinen Anlieger- und Radfahrstraße, zu einer Art Ramblas mit 4-reihiger Allee. Der Individualverkehr in Nordrichtung wird auf die Schießgraben- und Schaezlerstraße verlegt.
“Eine ganz einfache Aufgabe”
Für Verkehrsplaner Hans Billinger, mit im Siegerteam, war der Wettbewerb eine “ganz einfache Aufgabe”. Er habe eigentlich nur das übernehmen müssen, was die Planungswerkstatt “Innenstadt und Mobilität” bereits vorgeschlagen hatte. Am Bahnhof hätte er gerne “ein bissel mehr gemacht”. “Aber das darf man nicht”, so sein Resumee aus dem Königsplatzwettbewerb im vergangenen Jahr: “Da haben wir mehr gemacht und sind rausgeflogen”. So blieb es für den Bahnhof bei Detailverbesserungen der alten Mitteltunnel-Lösung.
Für OB Dr. Gribl war der Wettbewerb ein enormer Erkenntnisgewinn: “Wir sind jetzt sicher, dass wir uns die Zukunft nicht verbauen”. Die unterschiedlichen Verkehre würden Rücksicht aufeinander nehmen, diese Rücksichtnahme sei in der alten Planung nicht möglich gewesen. Der Ideenwettbewerb sei jedoch mit dem alten Kö-Konzept kompatibel, eine Zusammenführung sei möglich.
Die Preisträger:
1. Preis
Architekten: Eberhard Wunderle, Neusäß-Steppach und
Klaus Stumpf, Augsburg
Landschaftsarchitektin: Julia Zimmer, Augsburg
Verkehrsplaner: Hans Billinger, Stuttgart
2. Preis
Stadtplaner: Wolfgang Schreiber, Nürtingen
Landschaftsarchitekt: Büro Prechter, Nürtingen
Bauingenieurwesen: Planungsgruppe Kölz, Ludwigsburg
3. Preis
Architekt/ Stadtplaner: Jörg Schröder, München
Landschaftsarchitekt: Keller Landschaftsarchitekten, München
Verkehrsplaner: Gebhard Wulfhorst, München