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Mittwoch, 05.02.2025 - Jahrgang 17 - www.daz-augsburg.de

FCA: Ach ja, das Spiel

Nach einem ansehnlichen Bundesligaspiel trennten sich der FC Augsburg und der Hamburger SV in der 34. Runde der Fußballbundesliga mit 1:0. Vor 30.660 Zuschauern in der ausverkauften SGL Arena ging der FCA verdient als Sieger vom Feld und konnte sich somit als Tabellenvierzehnter in die Sommerpause verabschieden.

Von Ekkehard Schmölz



Super! Da hat sich ja der Gastautor den spannendsten Spieltag ausgesucht! FCA gegen Hamburg – diesen Termin haben wir uns schon an Weihnachten freigehalten mit den Wünschen ans Christkind, dass wir bei diesem Krimi noch um den Klassenerhalt fighten dürfen. Es kam anders, und ganz ehrlich: Ich schreibe gerne über den FCA, denn es war das erste Spiel seit gefühlten Jahrzehnten, bei dem man ganz gemütlich einen wunderbaren Fußballnachmittag im Stadion verbringen konnte, ohne Angst haben zu müssen, dass man irgendwann doch in eine Nervenklinik eingeliefert werden muss. Die Erste Fußball-Bundesliga: kein – aber auch wirklich gar kein Spiel war zur Halbzeit schon mal abgehakt, so dass man mit seinem Nachbarn nur noch darüber hätte diskutieren können, wer als nächstes den Weg zum Bierstand antritt. Zuschauen, feiern und einfach nur Fan sein. Gegen Hamburg ging das!

Wohnwagenprofi und Aufstiegsgott: Jos Luhukay

Und die jüngste Vergangenheit Revue passieren lassen: die wunderbare Hörgl-Ära, ein looses Gastspiel einer Schlaftablette, ein Fachmann, der es immerhin schaffte gegen Jena am letzten Spieltag die Klasse zu halten und mit einem Wohnwagenprofi ein zweiter Aufstiegsgott nach Hörgl: Jos Luhukay.

Eine Zeit, in der sich immer mehr Augsburger mit ihrem Verein identifizieren konnten. Wo man plötzlich nach einem 3:0-Erfolg gegen die Münchner Löwen wildfremde Leute in Kneipen umarmte, eine Zeit die süchtig auf Fußball machte und uns vorbereitet hat auf das Abenteuer in Liga 1. Es hat Stil, die Frage, wo man seinen Samstag verbringen werde, nicht mehr antworten zu müssen: In Nöttingen, wo hinter einem Tor eine Betonmauer steht, sondern einfach mal sagen zu können: „Ach, da fahren wir nach Dortmund und gucken Bundesliga-Fußball, wie die anderen 81 Tausend im Signal Iduna Park auch.“

Eine ungetrübte Feier wollte uns der Präsident nicht gönnen

Doch eine ungetrübte Feier wollte uns der Präsident nicht gönnen. Und so war es durchaus symbolisch, dass ausgerechnet am „Feiertag“ nach zahlreichen sonnigen Frühlingstagen der Himmel am Vormittag weinte. Augsburg spielt in Sachen Trainerentlassung bei den ganz Großen mit. Real Madrid hatte einst seinen Trainer Jupp Heynckes nach dem Gewinn der Champions-League rausgeworfen, der FCA vergrault Jos Luhukay nach dem Klassenerhalt, den ja der Verein selbst als „Wunder“ tituliert hat. „Es tut verdammt weh“ – so der 48jährige Holländer bei seiner Abtrittsrede. Das Vertrauen des Vereins konnte er nicht mehr spüren, die bis zuletzt ausstehende Vertragsverlängerung mit seinem Trainerteam verstärkte die Zweifel.

Augsburg gilt als ein Phänomen. Auf der Torjägertabelle der Bundesliga erscheint der FC Augsburg zum ersten Mal auf Rang 49. Ja-Cheol Koo und Sascha Mölders brachten es immerhin auf fünf Treffer – der Verein hatte es geschafft, ohne richtigen Stürmer die Liga zu halten. Vielleicht ja auch die bessere Variante als Köln, wo Lukas Podolski auf Platz 4 der Torschützenliste dafür sorgte, dass eine Mannschaft mit einem Nationalmannschafts-Stürmer absteigt. Den Abstieg haben alle „Experten“ den Augsburgern prognostiziert. Kostspielige Neuverpflichtungen gab es keine, hinzu kamen zum Start Verletzungssorgen und was man geahnt hatte: Acht Spieltage folgten ohne Sieg und die Presse (allen voran die DAZ) begann mit den unsäglichen Tasmania-Berlin-Vergleichen. Die gegnerischen Stürmer waren zu versiert, die eigenen überfordert. Trotz aller Steigerungen: Die Abschlussschwäche ist dem FCA bis zum Schluss erhalten geblieben.

Die Mannschaft wurde abgeklärter und mutiger

Jetzt muss die Nummer mit dem Kollektiv kommen. Bitte: Individuell ist die Mannschaft bis auf wenige Winterneuzugänge wohl kaum erstklassig besetzt, aber man wurde abgeklärter und mutiger. Und so schaffte man die Dreier in der Rückrunde gegen Hertha, Mainz, Köln Wolfsburg sowie den HSV und ist Meister der Unentschieden (gibt’s dafür keine Schale?), darunter im Heimspiel gegen Dortmund das schönste Null zu Null aller Zeiten.

Das eigentliche Wunder: der zwölfte Mann

Abschlusstabelle Saison 2011/12

Abschlusstabelle Saison 2011/12


Die deutsche Presse hat noch ein anderes Wunder ausgemacht. Den zwölften Mann. Der Augsburger beschreibt sich ja gerne selbst als zurückhaltend und leicht grantelnd. Und jetzt kommen diese Journalisten und Stars daher und zerstören innerhalb eines Jahres unser langgehegtes Image: Ein Reporter der FAZ fühlt sich an die Anfield Road versetzt und berichtet von einer „Atmosphäre wie in Liverpool“, die tz stellt fest: „Der geilste Tabellenletzte aller Zeiten!“. Und Mats Hummels vom deutschen Meister gibt auf die Frage, in welchem gegnerischen Stadion ihn die Stimmung am meisten beeindruckt hat, die Antwort: „Was geil war, war das Spiel in Augsburg!“ Da muss ja das Stadtmarketing-Herz höher schlagen, denn die Augsburger kann man mögen, der FCA und damit auch die Stadt haben ein Image bekommen, das positiv besetzt ist. Dafür auch einmal ein Dankeschön!

Ach ja, das Spiel. Nach anfänglichem Abtasten waren die Augsburger das klar spielbestimmende Team, Hamburg hatte offensichtlich keine Lust zu fighten und war vorne ungefährlich. Doch unverhofft kam sie, die Flanke von Paul Verheagh auf den, in der Mitte völlig frei stehenden Koo, der zum 1:0 einköpfte (34.). Der FCA spielte durchgehend mutig und entschlossen nach vorne und erarbeitete sich eine Torchance nach der anderen. Nach dem Seitenwechsel wollte man sich nicht einmal über ein reguläres – aber Abseits gepfiffenes – Tor von Hosogai (51.) aufregen und freute sich letztendlich über einen hochverdienten weiteren Dreier.

Wäre da jetzt nur nicht die Geschichte mit Luhukay, aber was dieser unrühmliche Abgang für die nächste Saison bedeutet, das dürfen dann andere erzählen.

Zum Autor

Ekkehard Schmölz

Ekkehard Schmölz


Die Fans des Augsburger Lokalrundfunks kennen ihn unter anderem von seiner langjährigen Tätigkeit als Moderator, Chefredakteur und Programmchef bei Radio Fantasy. Auch für hitradio rt.1 hat Schmölz einige Jahre als Moderator und Nachrichtenredakteur gearbeitet. Im Juli 2010 ging er zur Stadt Augsburg als Leiter des Medien- und Kommunikationsamtes.

Seit vielen Jahren ist Ekke Schmölz ein bekennender FCA-Fan und war in seiner Radiozeit als Field-Reporter immer im Kabinengang der Rosenau anzutreffen. 2006 erhielt er zusammen mit Armin Groh von der Bayerischen Landeszentrale für Neue Medien den Hörfunkpreis in der Kategorie „Information“ für den Beitrag „Nie mehr 3. Liga! – Die Entscheidung am letzten Spieltag“ verliehen.