DAZ - Unabhängige Internetzeitung für Politik und Kultur
Samstag, 23.11.2024 - Jahrgang 16 - www.daz-augsburg.de

Purim – eine Geschichte von Mut und Chuzpe

Ausstellungseröffnung im Jüdischen Kulturmuseum

Von Frank Heindl

Es gehört zu den „kleineren jüdischen Jahresfesten“ und ist doch ein typisches Beispiel für die Feiern der Juden: Im Purimfest, das in diesem Jahr auf den 24./25. Februar fällt, wird das Leben und Überleben der Juden in der oftmals feindlich gesinnten Diaspora gefeiert, wo das Volk seit je Übergriffen und Verfolgungen ausgesetzt war. Am Montag wurde im Jüdischen Kulturmuseum eine kleine Ausstellung zu diesem Thema eröffnet.

Purimgebäck – süßen Teig mit Mohnfüllung gab\'s am Dienstagabend zur Ausstellungseröffnung im Jüdischen Kulturmuseum (Foto: Jüdisches Kulturmuseum Augsburg).

Purimgebäck – süßen Teig mit Mohnfüllung gab\'s am Dienstagabend zur Ausstellungseröffnung im Jüdischen Kulturmuseum (Foto: Jüdisches Kulturmuseum Augsburg).


Im Buch Ester des Alten Testaments kann man die Geschichte nachlesen: Haman, ein hoher Beamter des persischen Königs Ahasver, will alle Juden des Reiches töten lassen, weil einer von ihnen, Mordechai mit Namen, ihm den Kniefall verweigerte. Doch Mordechai ist der Adoptivvater von Ester, der zweiten Frau Ahasvers, die sich daraufhin über die Hofetikette hinwegsetzt und direkt beim König für ihr Volk bittet. Mit Erfolg: Die Juden werden verschont, stattdessen zeigen noch heute die Darstellungen zum Purimfest, wie der Beamte Mordechai zum Galgen abgeführt wird. Esters Geschichte, so Museumsleiterin Benigna Schönhagen, sei „eine Geschichte von Mut und Chuzpe“ – Chuzpe meint hier die Frechheit und Dreistigkeit, mit der die Frau sich über Sitte und Vorschriften am Königshof hinwegsetzt und sich „zum Faustpfand für die Geschicke ihres Volkes“ mache.

„Kummer verwandelt sich in Freude, Trauer in Glück“ – auch das sei Inhalt des Purimfestes, erklärte anschließend Museumspädagogin Monika Müller bei einer kleinen Einführung in die Ausstellung. Dabei assistierten ihr Viertklässler der katholischen Franz-von Assisi-Schule, die sich im Rahmen eines Workshops mit den Exponaten beschäftigt hatten und einige davon vorstellten. Gezeigt werden zum Beispiel „Ester-Rollen“ – um einen Stab gewickelte Papyrusstreifen, von denen bei der Purimfeier die Ester-Geschichte abgelesen wird. Oder Purimrasseln: Mit diesen Rasseln oder Rätschen lärmt die Gemeinde während der Lesung. Jedes Mal, wenn der Name des Übeltäters Haman vorkommt, wird dieser von den Rasseln lautstark übertönt – ein Brauch, der seit dem Mittelalter als das „Hamanschlagen“ überliefert ist. Monika Müller weiß aber auch noch von einer anderen, weniger jugendfreien Tradition zu berichten, mit deren Hilfe die Erinnerung an Haman geschmäht werden soll: An Purim, hieß es früher, müsse man so viel trinken, bis man nicht mehr zwischen „verflucht sei Haman“ und „gesegnet sei Mordechai“ unterscheiden könne.

Dass die Purimfeiern oftmals eng mit den Bräuchen der christlichen Deutschen verbunden waren, zeigt ein anderer Aspekt: Zu Purim, das meist in zeitlicher Nähe zum Fasching stattfindet, verkleideten sich jüdische Kinder gerne in Masken der Hauptakteure der Ester-Geschichte. Assimilierte Juden aus der Vorkriegszeit berichten daher oft, sie hätten als Kinder in Deutschland „immer zweimal Fasching gefeiert“ – zumindest, was den Aspekt des ausgelassenen Feierns in phantasievoller Verkleidung anbelangt. Auch Purimmasken kann man in der Ausstellung sehen, an der „Kinderstation“ können die Kinder solche Masken sogar selbst aufsetzen.

Fotos aus der Vor- und Nachkriegszeit zeigen, wie selbstverständlich solche jüdischen Traditionen einst auch im bayerischen Schwaben ausgeübt wurden und wie sie nach Kriegsende sehr langsam wieder aufgenommen wurden. Von dem, was dazwischen geschah, war bei der Ausstellungs-Eröffnung kaum die Rede – mit Rücksicht auf die zehnjährigen Gäste, aber wohl auch in Hinblick auf das Purimfest selbst: Es sei ein Fest der unerwarteten Rettung und damit eines der großen Freude, hatte Benigna Schönhagen zu Anfang betont – und auch gleich angekündigt, womit die Eröffnungsfeier enden würde: Mit Wein und süßem Purimgebäck, das „notwendig zu diesem Fest gehört.“ Daran fanden Kinder und erwachsene Gäste gleichermaßen Gefallen.

Öffnungszeiten des Jüdischen Kulturmuseums Augsburg-Schwaben

(Halderstraße 6-8):

Di, Mi, Do: 9 – 18 Uhr, Fr 9 – 16 Uhr

Sonn- u. Feiertage 10 – 17 Uhr

Jeden 1. Mittwoch bis 20 Uhr

Öffentliche Führungen

Jeden 1. Mittwoch 18 Uhr

Jeden 3. Sonntag 15 Uhr


Weitere Info unter www.jkmas.de