Hauptbahnhof: Stadtrat lehnt Bürgerbegehren ab
Das Bürgerbegehren “Straßenbahnhaltestelle Hauptbahnhof” ist nicht zulässig. Dies entschied der Stadtrat am gestrigen Mittwoch nach zweistündiger Debatte.
Fast 12.500 Unterschriften haben Bürger gegen die Untertunnelung des Hauptbahnhofs gesammelt und vor vier Wochen eingereicht (DAZ berichtete). Die im Tunnel geplante Straßenbahnhaltestelle sollte nach den Vorstellungen der Unterzeichner nicht unter dem Hauptbahnhof, sondern im Bereich der Viktoriastraße gebaut werden.
Stadtwerke-Geschäftsführer Walter Casazza berichtete im Stadtrat zum aktuellen Stand der Bauarbeiten und erläuterte die Bedenken gegen den Bürgervorschlag aus Stadtwerkesicht: Dessen Förderungswürdigkeit sei nicht gegeben, die Finanzierung sei damit äußerst kritisch. Zudem sei eine Zustimmung der Bahn zu Änderungen nahezu aussichtslos. Neben einem immensen Zeitverlust stünde auch ein verlorener Aufwand von über 20 Millionen Euro zu Buche.
Proteste kommen zehn Jahre zu spät
Ebenso wie Stadtwerkechef Casazza lehnten die Fraktionen von CSU und Grünen den Bürgervorschlag aus fachlichen Gründen ab. Die SPD kritisierte darüber hinaus den Zeitpunkt des Begehrens als zweifelhaft und wies den Vorwurf der Bürgerinitiative, man sei nicht ausreichend informiert und eingebunden worden, zurück: Schon 2004, spätestens jedoch 2006 sei den Bürgern der westliche Tunnelmund und die Verlegung der Straßenbahn klar gewesen. Das jetzige Vorgehen der Bürger erinnere an Stuttgart 21, wo Proteste auch erst nach Auffahren der Bagger aufgekommen seien, so SPD-Fraktionschefin Margarete Heinrich.
Christian Pettinger (ÖDP) stellte klar, dass es in dieser Stadtratssitzung nicht um die inhaltliche Goutierung des Projekts gehe, sondern um die rechtliche Zulässigkeit des Begehrens. Im Fall einer Klage bei Ablehnung des Begehrens befürchte er die gerichtliche Verfügung eines Baustopps und einen anschließenden jahrelangen Rechtsstreit. “Warum treten wir also nicht die Flucht nach vorne an und lassen die Bürger entscheiden?”
CSM, Pro Augsburg und AfD für Ratsbegehren
Ihr Unbehagen äußerte Beate Schabert-Zeidler (Pro Augsburg): 12.000 Unterschriften seien eine Niederlage für die Politik. Man habe es offensichtlich nicht geschafft, das Vorhaben an den Bürger zu bringen. Ein Ratsbegehren zum Bahnhofstunnel – ein zwei Wochen alter Vorschlag der CSM unter Aufgreifen des Bürgeranliegens – sei “eine Chance, die 12.000 mitzunehmen”. Stefan Quarg (SPD) lehnte hingegen ein solches Vorgehen ab: “Ein Ratsbegehren würde ein unzulässiges Bürgerbegehren legalisieren”.
Hin- und hergerissen zeigte sich Thomas Lis (AfD): Jeder habe aus seinem Blickwinkel recht. Die AfD sei nicht grundsätzlich gegen das Tunnelprojekt, andererseits aber für mehr Bürgerbeteiligung. “Wir würden deshalb die Bürger gerne einbinden”, so Lis, im Fall der Unzulässigkeit des Bürgerbegehrens dann über das von der CSM vorgeschlagene Ratsbegehren.
Bürgerplanung nicht umsetzbar
Zum Abschluss der Debatte warnte Baureferent Gerd Merkle vor der Nichtumsetzbarkeit des Bürgervorschlags, der eine unterirdische Haltestelle in der Viktoriastraße und einen Fußgängertunnel von dort unter den Bahnhof vorsieht: “Der Bahnhofsvorplatz gehört nicht uns, sondern der DB. Sie können gerne Verträge zu Lasten Dritter machen”, so Merkle in Richtung Volker Schafitel (Freie Wähler), mitverantwortlich für die Bürgerplanung, “aber Sie können sie nicht durchsetzen”.
Gegen die 10 Stimmen von AfD, Freien Wählern, Linken, ÖDP und Polit-WG lehnte der Stadtrat den Antrag auf Bürgerentscheid ab und folgte damit den Ausführungen des Gutachtens der Stabsstelle Recht im Direktorium 1 der Stadt. Die Initiatoren haben bereits im Vorfeld der Entscheidung angekündigt, gegen eine ablehnende Stadtratsentscheidung Klage beim Verwaltungsgericht erheben zu wollen.
Das Gutachten der Stabsstelle Recht
Das Direktorium 1 der Stadt führt in seinem Gutachten vorrangig zwei Gründe für die Unzulässigkeit des Begehrens an:
Um dem Begehren zu entsprechen, wäre ein neues Planfeststellungsverfahren notwendig. Solche Verfahren müssen ergebnisoffen sein. Durch die eindeutige Formulierung “zielt das Begehren aber konkret und zwingend auf ein Planungsergebnis ab und somit auf das Ergebnis des Abwägungsvorgangs”.
Weiter hätten sich die Stadtwerke vertraglich verpflichtet, zum einen gegenüber der Bahn, zum anderen mit Bau- und Projektierungsverträgen mit einem Umfang von 34 Millionen Euro. Das Prinzip der Vertragstreue stelle “einen der elementarsten Rechtsgrundsätze überhaupt” dar. Bürgerentscheide trotz anderslautender vertraglicher Verpflichtungen seien deshalb unzulässig.
Das Direktorium kommt deshalb zu folgendem Gesamtergebnis:
Das Direktorium 1 der Stadt führt in seinem Gutachten vorrangig zwei Gründe für die Unzulässigkeit des Begehrens an:
Um dem Begehren zu entsprechen, wäre ein neues Planfeststellungsverfahren notwendig. Solche Verfahren müssen ergebnisoffen sein. Durch die eindeutige Formulierung “zielt das Begehren aber konkret und zwingend auf ein Planungsergebnis ab und somit auf das Ergebnis des Abwägungsvorgangs”.
Weiter hätten sich die Stadtwerke vertraglich verpflichtet, zum einen gegenüber der Bahn, zum anderen mit Bau- und Projektierungsverträgen mit einem Umfang von 34 Millionen Euro. Das Prinzip der Vertragstreue stelle “einen der elementarsten Rechtsgrundsätze überhaupt” dar. Bürgerentscheide trotz anderslautender vertraglicher Verpflichtungen seien deshalb unzulässig.
Das Direktorium kommt deshalb zu folgendem Gesamtergebnis:
- “Das Bürgerbegehren ist sowohl wegen Verstoßes gegen das Abwägungsgebot als auch den Grundsatz der Vertragstreue materiell rechtswidrig und daher unzulässig.
- Gegenwärtig kann nicht beurteilt werden, welche wirtschaftlichen/ finanziellen Auswirkungen ein erfolgreicher Bürgerentscheid konkret hätte. Bei einem Abbruch des Projekts wären neben den finanziellen Einbußen der Kommune, (insbesondere durch gegen sie gerichtete Schadensersatzansprüche) der mögliche Verlust von Fördermitteln zu beachten.
- Eine Neuprojektierung bedeutet die Einleitung eines neuen Planfeststellungsverfahrens durch die Stadtwerke Augsburg Verkehrs-GmbH und eine deutliche Verzögerung in der Umsetzung des Vorhabens “Umbau Hauptbahnhof”.
- Ein weiterer Zeitverlust würde sich im Hinblick auf das Auslaufen des GVFG-Bundesprogramms zum 31.12.2019 sehr negativ auswirken, da die Fördermittel hierdurch erheblich gefährdet wären.”