Bundesliga: Eine Saison mit vielen Fragezeichen geht zu Ende
Mit Pep Guardiola und Markus Weinzierl verlassen zwei Trainer mit hohem Ansehen ihre Klubs, obwohl die Vereine die beiden Trainer gerne weiter beschäftigt hätten. Dass der FCA Markus Weinzierl gerne gehalten hätte, kann man irgendwie sogar verstehen – bei Pep Guardiola sieht es anders aus.
Von Siegfried Zagler
Nach dem vierten unangefochtenen Titelgewinn des FC Bayern in Folge muss man die Frage stellen, ob der Fußballbundesliga nicht ein gravierendes sportliches Problem ins Haus steht, wenn der Nummer eins mehr als doppelt soviel Geld für den Spielerkader zu Verfügung steht wie der Nummer zwei. Dortmund darf dieses Jahr mit wohl 80 Punkten nur den Vizemeister geben. Das neue Prinzip der Münchner hat sich noch unter der Vor-Landsberger Zeit von Uli Hoeneß entwickelt: Man holt sich einen Welttrainer und unterwirft sich ihm in allen Belangen. Pep Guardiola stellte sich einen einen Kader zusammen, mit dem auch Erich Ribbeck oder Jürgen Klinsmann, hätten sie den gleichen Überhang an Qualität verwenden dürfen, drei Mal in Folge Meister geworden wären. Drei Jahre Guardiola haben weder die Münchner im Besonderen noch die Liga im Allgemeinen weiter gebracht, da Guardiola nicht nur mit seinem Ballbesitz-Credo gescheitert ist. Hätten die Münchner nur Meister und Pokalsieger werden wollen, hätten sie sich nicht nach Jürgen Klinsmann auf einen zweiten Berufsanfänger einlassen müssen. Endstation Halbfinale: Einmal von Carlo Ancelotti taktisch gekillt, einmal von der Offensivwucht Barcelonas überrollt und dieses Jahr vom Siegeswillen einer feinen Maschine ausgebremst. Mit dem besten Kader aller Zeiten haben die Bayern „top-top-top-Ergebnisse“ in der Liga eingefahren, waren aber in der Königsklasse durchgehend mit Problemen geschlagen. Immer wenn die Münchner einen richtig guten Trainer benötigten, hatten sie keinen.
Der FC Augsburg hat in seinen fünf Bundesligajahren immerhin zwei Deutsche Meister erlebt. Im ersten FCA-Jahr holten die Dortmunder die Schale mit 81 Punkten an den Borsigplatz. Lewandowski spielte noch in Dortmund, die Münchner waren weit abgeschlagen. Damals spielte der FCA am letzten Spieltag noch gegen den Abstieg, übrigens auch gegen den HSV und ebenfalls gab es damals ein Schmierentheater um einen in der Rückrunde erfolgreichen Trainer (Jos Luhukay).
Wenn also heute gegen 17.18 Uhr für den FCA im Heimspiel gegen den Hamburger Sportverein die Saison zu Ende geht, dann bleibt nur das Fazit, dass man diese FCA-Spielzeit schwer erklären kann: Katastrophal gestartet und in der Europa League so gut wie ausgeschieden, kam der FCA in Form und legte neben dem Wunder von Belgrad auch zweimal eine Siegesserie in der Liga aufs Parkett. Die Augsburger Erfolge waren sehr eng mit dem Namen Raul Bobadilla verbunden, der angeschlagen spielen musste, um schließlich endgültig verletzt mitten in der Rückrunde in ein tiefes Formloch zu stürzen.
Vielleicht lässt sich als Mahnung festhalten, dass der FCA in diesem Jahr dem Abstieg gefühlt näher war als in seinem ersten Bundesligajahr. Die Mannschaft funktionierte die meiste Zeit der Saison nicht. Einige Spieler spielten nach einer Führung zu verhalten, manchmal gar pomadig. Die Neuzugänge konnten nicht überzeugen. Weder Max noch Stafylidis sind eine starke Option für die Zukunft, über Opare braucht man kein Wort verlieren und Finnbogason hat in einer Bundesligamannschaft, die mehr will als nur nicht absteigen, nichts verloren. Koo ist ein klasse Spieler, wird aber immer wieder von Verletzungen zurück geworfen, das Gleiche gilt für Moravek. Gouweleeuw ist ein niederländischer Innenverteidiger, der offensiv denkt und Hong wird phasenweise von Konzentrationsschwächen heimgesucht. Kohr ist für einen Sechser nach vorne zu unbeständig und Klavan, der in seinen starken Phasen zu den besten Innenverteidigern Europas zählt, hat zu viele schwache Phasen. Der Rest der Truppe befindet sich jenseits der 30er Marke (oder nahe dran), was nicht zwangsläufig als Nachteil verbucht werden muss, aber im Grunde die Sparsamkeit der spielerischen wie kämpferischen Mittel erklärt, mit der der FCA in der Rückrunde zu haushalten hatte.
Der nächste wunde Punkt ist, dass der FCA mit seinem bisherigen „Überlebenskonzept“, also mit einem hölzernen Angriff, ohne zukunftsfähige Spieler im Rückraum und ohne wirklich starke Verteidigung für Trainer, die etwas auf sich halten und somit einen Ruf zu verlieren haben, keine wirkliche Versuchung darstellt. Womit wir beim letzten Thema sind: Das Trauerspiel um Trainer Markus Weinzierl hat durch die lange Dauer kabarettistische Züge angenommen. Seit Monaten Floskeln und keine Gestaltungserklärung des Managements, wie es in der Ära nach Weinzierl weiter gehen soll. Ist ein Konzept erkennbar? Eher nicht: Man wolle den aktuellen Kader punktuell verstärken. Das klingt weder nach aufregendem Aktionismus noch nach einem Plan. Mit Leipzig und Freiburg kommen in der nächsten Saison zwei Mannschaften dazu, die keine typischen Aufsteiger sind, wie zum Beispiel die beiden letztjährigen „top-top-top-Aufsteiger“ Ingolstadt und Darmstadt waren, die sich beide überraschend halten konnten und mit ihrer Art Fußball zu spielen, Markus Weinzierl gezeigt haben, dass er seinen Kader in dieser Saison falsch einschätzte. – Mit Hannover, Frankfurt, Bremen und Stuttgart sind am Ende noch Vereine in den Sinkflug geraten, die zu den Urgesteinen der Liga zählen. Von den 11 Punkten, die der FCA aus den letzten fünf Spielen erstolperte, darf man sieben Punkte als Geschenke der Gegner verbuchen. Wäre der FCA am Ende der Saison auf ein Bremen, Stuttgart, Wolfsburg oder Schalke in Normalverfassung gestoßen, stünde er längst als Absteiger fest.
Am heutigen Samstag geht für den FC Augsburg die aufregendste Saison aller Zeiten zu Ende. Dass der Hamburger SV im letzten FCA-Spiel unter Trainer Weinzierl geschlagen werden sollte, weil man sich somit um 3,5 Millionen Euro verbessern könnte, darüber wird am Vorabend des 34. Spieltag kaum gesprochen. Nach der Saison ist vor der Saison. Und wenn der Weinzierl-Ablösepoker zwischen Schalke und dem FCA sein Ende gefunden hat, dann steht der neue FCA-Trainer umgehend fest. Wetten?
Falls es der unerfahrene “Fernsehtrainer” Mehmet Scholl sein sollte, dann wären nicht nur die Augsburger Pressekonferenzen ein wenig kurzweiliger, sondern von Beginn bis zum Schluss das Abstiegsgespenst ein allgegenwärtiger Begleiter.