Modular: Kulturbeirat von der Rolle – Stadt in Not
Warum die Stadt Augsburg zu fahrlässig mit der Nutzung des öffentlichen Raums umgeht
Kommentar von Siegfried Zagler
Der Kulturbeirat der Stadt Augsburg, ein städisches Gremium, das von der Stadt ernannt wurde, hat sich in Sachen Modular für den Standort Wittelsbacherpark positioniert – ohne ein Abwägungsmuster vorzunehmen und somit Klientelpolitik von Stadtjugendring und SPD unterstützt. Damit hat sich der Kulturbeirat als ernstzunehmendes und unabhängiges Beratungsgremium pulverisiert. Das ist auch deshalb zu bedauern, weil in der Modular-Standortfrage die Präferenzen der Veranstalter und der vergnügungsorientierten Festivalgänger schwerer zu wiegen scheinen als das Recht auf körperliche Unversehrtheit, Landschaftsschutz, Naturschutz und Tierschutz.
Allein die Begrifflichkeit des “Anwohnerschutzes” (Kulturbeirat) lässt tief blicken. Erstens handelte es sich bei den Betroffenen der Lärmemmissionen des zurückliegenden Festivals nicht nur um Anwohner, sondern um Bewohner verschiedener Stadtteile und zweitens sind Anwohner keine seltenen Wesen, die man mit städtischen Verordnungen (wie etwa Fledermäuse) schützen muss, sondern Bürger mit Rechten, die beim 2017er Festival offenbar mit Füßen getreten wurden, wenn es stimmt, dass 20 Prozent der Lärmpegel-Messungen deutlich über den zulässigen Grenzwerten lagen.
Will man sich mit der Frage, wo das Jugendfestival Modular in Zukunft stattfinden soll, differenziert auseinandersetzen, sollte man nicht die Argumente der Veranstalter nachbeten, sondern einen politischen Abwägungsprozess zulassen, der die zivilrechtlichen Ansprüche betroffener Bürger priorisiert oder zumindest einen höheren Stellenwert einräumt, als das bisher der Fall war.
Beim städtischen Bürgertalk wurde seitens der Politik angedeutet, dass man mangels Standortalternative über ein weiteres Jahr im Wittelsbacherpark nachdenkt. Das Umbauprozedere im Gaswerk lasse 2018 ein Festival auf dem Gaswerk nicht zu – hieß es überraschend, nachdem die Stadtwerke im Vorfeld Grünes Licht bereits für 2018 gaben.
Wenn man öffentlichen Raum für kulturelle Nutzung freigibt, ohne differenzierte politische Abwägungsarbeit vorzunehmen, wie das zum Beispiel bei der Maximilianstraße bei den Maxfesten (Sommernächten) geschehen ist und geschieht, wie das zum Beispiel durch das temporäre Auslöschen der Parkanlage am Roten Tor geschehen ist, wie das beinahe im 14tägigen Rhythmus bei der kulturellen Nutzung des Rathausplatzes geschieht und wie das offensichtlich derzeit beim Wittelsbacher Park geschieht, dann muss man sich nicht wundern, wenn sich zunehmend Bürger als “kulturell abgehängt” vorkommen und sich diese Form der politischen Missachtung in Protest-Wahlergebnissen widerspiegelt.
Die Stadt Augsburg hat sich bei der temporären Vergabe von öffentlichem Raum viel zu lange von Partikularinteressen leiten lassen: Wer sich laut und elaboriert positionierte, war im Vorteil. Das ist keine Kulturpolitik, sondern ein klassischer Fall von kultureller Armut und konzeptioneller Not.