Ikonographie der Belanglosigkeit
Die Geschichte der Augsburger FDP ist eine Geschichte der Verwahrlosung
Kommentar von Siegfried Zagler
Da die Jamaika-Sondierungsgespräche, wenn man Christian Lindner Glauben schenken will, am heutigen Sonntag um 18 Uhr zu Ende gehen, sollte es sich langsam bis zur Augsburger FDP herumgesprochen haben, dass die Bundestagswahl vorbei ist – seit acht Wochen, um genau zu sein. Weshalb nicht wenige Bewohner des Bismarckviertels davon ausgehen, dass bald die letzte Stunde für ein Plakat schlägt, das an dieser Stelle seit drei Monaten hängt und mit dem lustigen Nerdgesicht und dem nicht weniger lustigen Toiletten-Spruch einen gewissen Kultstatus erreicht hat.
Gemessen an den üblichen Einheiten für Haltbarkeit steht diese Plakatkunst einsam an der Spitze, steht dieses Plakat als erstklassiger Beleg für eine verwahrloste Augsburger FDP, deren Kandidaten als Botschafter für politische Unverbindlichkeit eine bisher unbekannte Qualität an den Tag legten. Ex-FDP-Stadtrat Markus Arnold zum Beispiel hatte die FDP bereits (im Geiste) verlassen, als die Wahlplakate der Kommunalwahl 2014 noch nicht abgehängt waren. – Arnold schloss sich als ewiger Hospitant der CSU-Fraktion an. Vor wenigen Tagen hat er seinen großen Abstand zu den Grundsätzen der FDP auch formal vollzogen und ist aus der Partei ausgetreten. Markus Arnold ist aktuell parteilos und wird sich wohl bald der CSU anschließen.
Die Augsburger Stadtregierung hat in Zeiten sprudelnder Steuereinnahmen Schulden aufgenommen, Gebühren erhöht und die Gewerbesteuer sowie die Grundsteuer erhöht, ohne dass Markus Arnold dazu einen kritischen FDP-Satz gesagt hätte. Hätte es auch nur einen FDP-Stadtrat im Rathaus gegeben, er hätte der Augsburger Stadtregierung für diese Steuer- und Finanzpolitik die Haut abgezogen.
Auch von dem jungen Mann auf dem Wahlplakat war in dieser Angelegenheit wenig bis nichts zu vernehmen. Maximilian Funke–Kaiser hat sich mit seiner Ikonographie der Belanglosigkeit, von der dieses Plakat erzählt, ein nachhaltiges Denkmal gesetzt. Ein Denkmal, das für Unwählbarkeit steht: Als einziger Direktkandidat im Wahlkreis Augsburg lag Funke-Kaiser deutlich unter dem Ergebnis der Partei.
Die Zukunft der Augsburger FDP sieht dennoch besser aus, als ihr Ruf ist, was zum einen mit dem Austritt von Markus Arnold zu tun hat, zum anderen damit, dass sich mit Thorsten Große und Rainer Schaal zwei fähige Stadträte auf dem Sprung zur FDP befinden. Jede Bewegung, die die Opposition stärkt, wäre ein Gewinn für die Stadt.