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Sonntag, 23.02.2025 - Jahrgang 17 - www.daz-augsburg.de

Verwaltungsgericht Augsburg bestätigt Ausstellungsverbot für „Schwebenden Akt“

In einer Eilentscheidung vom 4. September 2009 hat das VG Augsburg das für sofort vollziehbar erklärte und mit einer Zwangsgeldandrohung versehene Verbot der Stadt Augsburg vom 27. August bestätigt, das Exponat „Schwebender Akt“ in der Ausstellung Körperwelten öffentlich zu zeigen.

Ebenso wurde die Untersagung der Stadt, der Ausstellung weitere Exponate hinzuzufügen, die offen den Geschlechtsverkehr zeigen, im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes nicht beanstandet.

Unbeanstandete Verformung: "Der Torwart", dem seine Organe hinterherfliegen

Unbeanstandete Verformung: "Der Torwart", dem seine Organe hinterherfliegen


Die Entscheidung erging nach Durchführung eines Ortstermins am 2. September. Das Gericht bestätigte nochmals als Rechtsgrundlage die Bestimmungen des Bayerischen Bestattungsgesetzes und befand, dass auch bei verfassungskonformer Auslegung dieser Bestimmungen eine Verletzung der Würde der Verstorbenen bzw. des sittlichen Empfindens der Allgemeinheit anzunehmen sei. Zwar könne sich der Aussteller auf das Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit berufen, doch sei diese durch das Grundrecht der Menschenwürde nach Art. 1 Grundgesetz beschränkt. Das Exponat „Schwebender Akt“ verletze die grundgesetzlich garantierte Menschenwürde, die über den Tod hinaus wirke und zur Folge habe, dass auch der Leichnam einer Person nicht wie beliebige Materie behandelt werden könne.

„Verfremdet und verformt“

Beanstandet: zum Flügel verformter Rückenmuskel am "Schwebenden Akt"

Beanstandet: zum Flügel verformter Rückenmuskel am "Schwebenden Akt"


Das Gericht führte zur Begründung aus, es habe sich beim Ortstermin einen Eindruck darüber verschafft, dass u.a. durch die Ausformung der Ganzkörperplastinate, der Körperhaltung und des Gesichtsausdrucks Ausdrucksformen verwendet worden seien, die zu einer Erfassung der anatomischen Vorgänge beim Geschlechtsverkehr in keiner Weise beitragen, sondern an freie, künstlerische Ausdrucksweisen anknüpften. Insbesondere entstehe beim weiblichen Plastinat durch die nach hinten gespreizte Rückenmuskulatur der Eindruck, es habe Flügel. In dieser Ausgestaltung sei jedoch kein didaktisches Anliegen erkennbar, dass genau diese Darstellung für ein besseres Verständnis des Geschlechtsverkehrs erforderlich sei; deshalb sei die Menschenwürde verletzt. Körper verstorbener Menschen könnten nicht beliebig verfremdet oder verformt werden, da es sich bei ihnen unter Berücksichtigung der Menschenwürde trotz eines wissenschaftlichen Anliegens nicht um beliebige Materie handele und ihr Achtungsanspruch nicht durch freie Formbarkeit verletzt werden dürfe.

» Der Kommentar: Flügel tragen das Verbot