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Freitag, 22.11.2024 - Jahrgang 16 - www.daz-augsburg.de

Corona-Krise: IHK Schwaben schlägt Alarm

Die Corona-Krise lässt den IHK-Konjunkturindex für Bayerisch-Schwaben so stark fallen wie seit zwei Jahrzehnten nicht mehr

Marc Lucassen und Andreas-Kopton (v.l.) präsentieren die IHK-Konjunkturumfrage – Bildquelle: IHK Schwaben

Dreimal jährlich befragt die IHK Schwaben – im Netzwerk der bayerischen und deutschen Industrie- und Handelskammern – ihre Mitgliedsunternehmen zur aktuellen Lage und den künftigen Erwartungen. Von Anfang bis Mitte Mai hat eine über 1.000 Unternehmen umfassenden Stichprobe aus Produktion, Handel und Dienstleistungen die Fragen der aktuellen IHK-Konjunkturumfrage beantwortet. Neben der wirtschaftlichen Lage standen dabei ebenfalls die Auswirkungen der Corona-Krise im Vordergrund. Der IHK-Konjunkturindex ist seit dem letzten Herbst um 34 auf nunmehr 84 Punkte gefallen.

„Die aktuelle Geschäftslage und die Erwartungen fürs kommende Jahr sind im Keller. Und das mit Ausnahme der Bauwirtschaft quer über alle Branchen hinweg“, so kommentiert Dr. Marc Lucassen, Hauptgeschäftsführer der IHK Schwaben die IHK-Konjunkturumfrage. Die wirtschaftlichen Folgen des Lockdowns hätten tiefrote Zahlen in den Kassen der IHK-Mitgliedsunternehmen hinterlassen. Man stünde nun vor der riesigen Herausforderung die Stimmung wieder zu drehen, sagt dazu IHK-Präsident Dr. Andreas Kopton.

Konjunkturindex im freien Fall

Im Durchschnitt der Jahre 2010 bis 2019 lag der IHK-Konjunkturindex bei 127 Punkten. Bereits im letzten Jahr bewegte sich dieser Index aus Geschäftslage und Erwartungen nach unten. Im Herbst 2019 auf 118 Punkte. „Während im letzten Jahr fast ausschließlich die Industrie mit Umsatzrückgängen zu kämpfen hatte, haben die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Krise nun die gesamte regionale Wirtschaft erfasst. Nur im Höhepunkt der Finanz- und Wirtschaftskrise war der IHK-Konjunkturindex niedriger als heute“, kommentiert Dr. Lucassen den aktuellen Wert von 84 Punkten.

Die schlechte Auftragslage macht der Wirtschaft zu schaffen

Vor Ausbruch der Corona-Pandemie in Deutschland waren es unterbrochene Lieferketten, die hauptsächlich die exportorientierte und global vernetzte Industrie belasteten. Doch spätestens seit Inkrafttreten der bayerischen Ausgangsbeschränkungen, verbunden mit Geschäftsschließungen, ist der Nachfragerückgang zu einem branchenübergreifenden Problem geworden. Dr. Lucassen: „Knapp die Hälfte unserer Mitgliedsunternehmen berichtet uns von wegbrechendem Neugeschäft und von stornierten Altaufträgen. Hinzu kommt, dass ganze Absatzwege unterbrochen sind, weil beispielsweise Kunden selbst nicht mehr produzieren und die Grenzen für Güter und Menschen geschlossen sind.“

Umsätze sinken, die Auslastung fehlt und das Geld wird knapp

63 Prozent der Unternehmen erwarten im Vorjahresvergleich einen geringeren Umsatz. Sieben von 100 sogar in einem Umfang von über 50 Prozent. „Das Geld fehlt in der Kasse um Rechnungen und Gehälter zu bezahlen. Die Corona-Soforthilfe oder das Kurzarbeitergeld helfen zwar die eigenen Kosten zu senken, doch nur kurzfristig und teilweise“, stellt Dr. Lucassen beispielsweise mit Blick auf die besonders betroffene Tourismus- und Gastronomiebranche fest. Die Folge ist, dass dort neun von zehn Betrieben mit künftig weniger Personal planen müssen. Und auch über die ganze Wirtschaft hinweg plant fast jedes zweite Unternehmen mit verringerten Personalkapazitäten.

Der Re-Start muss schnell gelingen

Bislang wurden in Bayerisch-Schwaben 267 Millionen Euro Corona-Soforthilfe ausbezahlt. Fast 17.000 Unternehmen haben für insgesamt 240.000 Beschäftigte Kurzarbeit bei einer der drei regionalen Arbeitsagenturen beantragt. Dr. Kopton: „Uns muss klar sein, dass diese richtigen Maßnahmen nur ein Tropfen auf den heißen Stein sein können. Und ebenfalls klar ist, dass die regionale Wirtschaft einen zweiten Lockdown nicht überstehen kann. Daher brauchen wir jetzt ein Paket zukunftsorientierter und branchenübergreifender Maßnahmen, die der Stimmung der Kunden und der Wirtschaft wieder auf die Beine helfen. An erster Stelle steht für die Unternehmen dabei ein zeitgemäßes Steuerrecht, beginnend von international wettbewerbsfähigen Steuersätzen über die Abschreibung getätigter Investitionen bis hin zur Verrechnung des aktuellen Verlustes mit den Gewinnen der Vorjahre. In diesem Zusammenhang wünschen sich die Unternehmen auch bezahlbare Strompreise sowie Investitionen des Staates, beispielsweise in die digitale Infrastruktur oder die praxisnahe Aus- und Weiterbildung.

Dr. Kopton abschließend: „Angesichts dieser Zahlen ist es nicht einfach, positiv in die Zukunft zu blicken. Der globale Lockdown hat uns in die wirtschaftliche Krise geführt, er muss nun auch der Startpunkt für ein neues Jahrzehnt wirtschaftlichen Wachstums sein. Unternehmertum ist die Mischung aus Know-how, guten Ideen und Vertrauen in die Zukunft. Dieses Vertrauen müssen wir wiedergewinnen und die richtigen Weichenstellungen des Staates einfordern. Die Unternehmen haben in der Krise Verantwortung übernommen und aus der Krise gelernt. Nun ist es an der Politik mutige Reformen zu beschließen und Augenmaß bei den Ausgaben zu beweisen.“