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Donnerstag, 16.01.2025 - Jahrgang 17 - www.daz-augsburg.de

Panther in Schwierigkeiten

Kommentar zu den Panthern: Der AEV-Spirit geht gerade den Bach runter

Die Augsburger Panther haben neun Spiele in Serie verloren. In Augsburg geht Abstiegsgespenst um. Wie ist das möglich? Was ist zu tun?

Von Peter Hummel 

Die alten Panther-Ikonen sind keine Impulsgeber mehr: Brady Lamb – Foto: S. Kerpf

Wer je auf einem NHL-Spiel war, weiß, was sportliche Gelassenheit ist. Das Match ist mehr oder weniger Nebensache, man kommt als Zuschauer ein bisschen zu spät und geht vor dem Ende, dazwischen gibt’s Cola, Burger, Chips und Käsesauce aus Styropor-Behältnissen. Sieg oder Niederlage? Ist mehr oder weniger egal, denn die richtige Saison beginnt erst mit den Playoffs. Man könnte sich also auch im Curt-Frenzel-Stadion auf sein Riegele Urhell konzentrieren, auf die Debreziner mit Senf und darauf, die leeren Plastikbecher ordnungsgemäß in den dafür vorgesehen Plastikbecher-Spenden-Röhren zu entsorgen. Ines in der zehnten Stehplatz-Reihe erzählt von gestern Abend, als es gegrillten Schweinenacken gab. Gerald in Reihe zwölf träumt von der warmen Sonne, die ihn in zwei Wochen in Las Vegas erwartet. Alles ganz entspannt. Wobei – nicht ganz, denn Augsburg ist nicht in der NHL und der vermeintliche Saisonstart zu den Playoffs muss mangels ausreichender Punktezahl womöglich abgesagt werden.

Kennen wir aus der Vergangenheit, könnte man meinen, ginge da nicht neuerdings das Abstiegsgespenst umher. Jene demütigende Option, die insbesondere von den Augsburger Fans immer wieder gefordert wurde. Offensichtlich nicht ahnend, dass nach nunmehr neun Niederlagen in Folge der älteste Eislaufverein Deutschlands und DEL-Gründungsmitglied Augsburger Panther tatsächlich das Schicksal der Zweitklassigkeit ereilen könnte. Nicht wenige wollen sich dieses Szenario dadurch schönreden, dass man dann Derbys gegen Kaufbeuren und Landshut erleben könne. Das stimmt schon, aber halt auch Spiele in Selb, Bad Nauheim und Crimmitschau. Für das traditionelle „Scheiß Kölner Haie“ beim Torjubel müssten die Fans für „Scheiß Ravensburg Towerstars“ ob der zusätzlichen Silben wohl erstmal Gesangsunterricht nehmen.

Um es ganz deutlich zu sagen: Die zweite Liga wäre für den Eishockey-Standort Augsburg eine Katastrophe. Nicht nur, dass bei extrem hohen Fixkosten weniger Einnahmen generiert werden, allein die Vorstellung, am letzten Spieltag der Hauptrunde am 6. März in Ingolstadt dem vergifteten Winken der Schanzer beizuwohnen, muss jedem AEV-Fan das Herz brechen. 

20 Spieltage sind inzwischen gespielt, die letzten neun Spiele gingen verloren, zuletzt beim Tabellendritten in Mannheim in der Verlängerung. Immerhin. Das klingt bitter, möglicherweise sogar dramatisch, aber Niederlagen-Serien gab es bislang in jeder Saison. Meistens in den Wochen vor Weihnachten, denn würden die Panther konstant punkten, hätten sie mehr als einmal in all den Jahren an den Meistertitel hingeschnuppert. Aber woran liegt es, dass es in diesen Wochen und Monaten so gar nicht läuft am Schleifgraben?

Ist der Trainer schuld?

„Der Trainer ist schuld“, rufen die einen. Aber was kann der Trainer dafür, dass unser Sturm zwar wirbelt, aber keine Tore schießt: Keine Durchschlagskraft und zu wenig Kreativität. Wie soll man auch mit einer Mannschaft Erfolg haben, die wie der Gnadenhof der Deutschen Eishockeyliga anmutet? Natürlich sind Brady Lamb und Drew LeBlanc Ikonen, aber anzunehmen, dass ein 34 und ein 33 Jahre alter Spieler mit einer plötzlich aufsteigenden Formkurve überraschen könnte, bedarf schon eines tiefen Glaubens an die Auferstehungs-Fähigkeiten von Sportlern am Abend ihrer Karriere.

Klar ist es schön, dass eine Torhüter-Legende wie Dennis Endras nach vielen erfolgreichen Jahren in der Kurpfalz zurück an den Lech kommt, um hier mit 37 Jahren seine Karriere auslaufen zu lassen. Endras war bis zu seiner Verletzung hervorragend, aber konnte man ernsthaft erwarten, dass er dauerhaft seine einstigen Top-Leistungen abrufen kann? Kurzum: So manche Überlegungen bei der Kaderplanung scheinen eher auf eine Art Legendenbildung ausgerichtet gewesen zu sein, denn auf das Erreichen der Playoffs. Das ist auch gegenüber diesen Spielern unfair, die es nicht verdient haben, womöglich als Absteiger ihr Panthertrikot unters Dach im Curt-Frenzel-Stadion zu nageln.

Weder die Ikonen noch die neuen Spieler setzen Akzente 

Wobei auch die deutlich jüngeren Neuzugänge nicht mehr zählbare Akzente setzen als die betagten Herren – und dazu noch eine Null-Bock-Mentalität an den Tag legen, als wären sie mitten in einer Valium-Kur. Sowas muss ein Trainer erkennen und daran muss er arbeiten, denn auf dem Papier haben wir sicherlich eine Mannschaft, die mindestens Platz 10 erreichen müsste. Aber was macht der AEV? Der beklagt abwechselnd das Scheiben-Pech und die Verletztenliste und kapselt sich ansonsten mit seinem Selbstmitleid in der Kabine ein. Der AEV-Spirit scheint gerade den Bach runter zu gehen. Früher hat man die Panther-Spieler noch ab und zu in der Berghütte am Predigerberg oder anderswo getroffen, freute sich, wenn die Jungs aus Übersee über unsere schöne Stadt schwärmten und Videos von den großartigsten Fans der Welt in die Heimat schickten. Längst vorbei.

Dass ein gemeinsames Bier manchmal die beste und günstigste Teambuilding-Maßnahme ist, sollte doch gerade ein schottischer Trainer wissen. Dass sich die Spieler mit ihren Familien in einer Stadt wohlfühlen müssen, um erfolgreich zu sein, lernt man im Grundkurs Sportwissenschaften. Hier scheint der FC Augsburg aktuell die Nase vorn zu haben. Neulich kamen mit Berisha, Demirovic und Vargas gleich drei Stürmer beim Schlendern im Altstadtcafé am Judenberg vorbei, grüßten, gaben den Kindern Autogramme und freuten sich, als das Trainerteam ebenfalls gerade des Weges kam.

Die Spieler scheinen nicht zu realisieren, welch ein Glück es ist, in Augsburg zu spielen

Nicht zuletzt ist Max Krapf, der neue FCA-Präsident, das beste Beispiel dafür, was es bedeutet, nah bei den Fans zu sein, ihnen zuzuhören, die Freude am Sport in der Stadtgesellschaft zu repräsentieren. Nicht, dass die Spieler des AEV unsympathisch erscheinen würden, nein, viel schlimmer: sie kommen einem wie zufällig hier gestrandet vor. Gestrandet in einer wunderschönen Stadt mit einem eishockeyverrückten Anhang. Sie scheinen gar nicht zu erkennen, was für ein Glück es ist, in Augsburg spielen zu dürfen und nicht zum Beispiel im langweiligen Wolfsburg rumhängen zu müssen. Es ist doch völlig unverständlich, dass es auf dem Eis während Corona, als keine Fans im Stadion waren, oft emotionaler zuging, als wenn 6000 Kehlen ein Team nach vorne brüllen. 

Jetzt ist erstmal Pause und noch nie hat man sich so sehr auf eine eishockeyfreie Zeit gefreut wie in diesen Tagen in Augsburg. Man will dieses Elend nicht mehr mit ansehen und kann es auch nicht. Die Verantwortlichen haben jetzt zwei Möglichkeiten: 

1. Personelle Veränderungen. Der Trainer kennt die Gesetze des Sports. Dass er nicht den Mut hatte, lustlose Führungsspieler wie Kapitän Brady Lamb einfach mal für zwei Spiele auf die Tribüne zu setzten, könnte nun jener Tropfen sein. Sie wissen schon. Hier sollen keine Phrasen bemüht werden, das tun die Panther-Spieler in jeder Drittelpause bei Magenta Sport zur Genüge. Übrigens auch so ein Phänomen, dass es im Team keinen gibt, der mal auf den Putz haut. Unter ihren Helmen sind die Burschen alle so schnörkellos wie die jungen Fußballspieler, die in den Fußballinternaten zu Super-Schwiegersöhnen gedrillt werden.

2. Möglichkeit: die NHL kopieren. Das heißt, erstmal die Hauptrunde so weiterwursteln, denn die Saison fängt ja erst mit den Playoffs so richtig an. Oder endet mit dem Abstieg. 

Das kann eine Strategie sein. Ob sie mit den Fans kompatibel ist, die einfach nur engagiertes Eishockey sehen wollen? Noch kommen sie in Scharen – und wähnen sich in der Hölle des Südens als einen wichtigen Baustein in Sachen Motivation. Wer ihnen die Freude daran nimmt, versündigt sich am Augsburger Eishockey.

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Peter Hummel ist gelernter Journalist und Edelfan der Augsburger Panther. Für die Freien Wähler sitzt Peter Hummel im Augsburger Stadtrat.