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Freitag, 22.11.2024 - Jahrgang 16 - www.daz-augsburg.de

FCA: Man schämt sich fast dafür, nicht abgestiegen zu sein

Der FCA hat sich am letzten Spieltag nicht selbst gerettet, wie eine Schlagzeile der Augsburger Allgemeinen suggeriert, sondern sich wie eine fadenlose Puppe retten lassen.

Von Siegfried Zagler

Klub-Ikone Helmut Haller – Foto: FCA

Hätten die Stuttgarter gegen Hoffenheim nur noch eine ihrer zahlreichen Torchancen verwertet, wäre der FCA angemessen für sein beschämendes Saisonfinale bestraft worden.

In Gladbach spielte der FCA nicht zum ersten Mal so, als gäbe es keinen Trainer, kein Ziel und keine Freude am Spiel. Nur eines der letzten elf Bundesligaspiele hat der FCA gewonnen. Auswärts agierte der Klub im letzten Saisondrittel ohne Leidenschaft und ohne Verstand, als befände man sich auf einer Kaffeefahrt mit Kollegen. Man schämt sich als Augsburger fast dafür, nicht abgestiegen zu sein, wenn man die Emotionalität und die kraftvolle Leidenschaft der Schalker, der Stuttgarter und der Bochumer mitbekam: Mannschaften mit Spielern, die sich mit allem, was sie hatten, gegen den Abstieg stemmten, während der FCA halbwegs aufgeräumt vor sich hinkickte und Leistungen ablieferte, als wäre der Abstieg weiter entfernt als Lummerland.

In den ersten beiden Bundesligajahren war der FC Augsburg wie heuer Bochum, Schalke oder Stuttgart. Der FCA ging in jedem Spiel ans Limit und beeindruckte damit ganz Fußballdeutschland.

Man muss sich nicht besonders anstrengen, um sich als Augsburger für einen Klub zu zu schämen, der mit der kulturell längst untergegangen Puppenkiste Marketing betreibt, und dabei auf das altbackene Image setzt, das alten Kinderbüchern und Märchen naturgemäß anhaftet.

Würde jedoch der FCA den Scheinriesen Tur Tur in sein Wappen aufnehmen, dann könnte man ihm immerhin eine ironische Erkenntnis-Distanz anrechnen. Je näher man dem FCA nämlich kommt, desto kleiner wird der Augsburger Klub, der es in zwölf Jahren Bundesliga nicht viel weiter gebracht hat, als eben am Ende der Saison darauf stolz zu sein, dass man im nächsten Jahr wieder dabei sein darf. So gesehen macht es sogar Sinn, sich mit der Augsburger Puppenkiste zu identifizieren: Sie gehört zur Stadt, ohne jedoch heute noch vermitteln zu können, zu welchem Zweck.

Junge Spieler entwickeln, dem Klub eine neue Spielkultur einhauchen, sollte die Perspektive sein, sollte der neue Weg sein, den der FCA mit seinem neuen, jungen und unbekannten  Trainer Enrico Maaßen gehen wollte. Maaßen bekam einen Vertrag bis 2025 und das volle Vertrauen von Reuter und dem ebenfalls neuen FCA-Präsidenten Markus Krapf. Aufbruchsstimmung war angesagt. Neun neue Spieler sollten neuen Schwung bringen, doch das funktionierte kaum. Langwierige Verletzungen von Leistungsträgern darf man als Erklärung nur bedingt gelten lassen. Dem FCA fehlte es oft an Teamspirit, an Kampfkraft über die gesamte Spieldauer und an einer der Mannschaft angepassten Struktur, an taktischer Raffinesse und an Tiefe in der Bewegung nach vorne. In fast allen wichtigen statistischen Werten gehört der FCA zu den Absteigern.

FCA-Trainer Enrico Maaßen hat nicht erkennen lassen, warum der FCA auf ihn setzt(e). In den Partien gegen gleichwertige Gegner enttäuschten die Augsburger ihren Anhang. Disziplinlosigkeiten auf dem Spielfeld, selten dumme Rote Karten und Provokationen Richtung gegnerische Fans wechselten einander ab. Für zahlreiche Fans ist Sportmanager Stefan Reuter der Sündenbock.

Reuter hat wohl die Pseudo-Granaten Pepi und Koubek zu verantworten – und stellt sich offenbar in eine Reihe mit Maaßen, wenn es um die Bewertung von Veiga geht, der jeden Nachweis von Bundesligatauglichkeit vermissen ließ, nun aber wohl verpflichtet werden soll. Doch mit Reuter hat der FCA einen Manager, der auch vieles richtig gemacht hat in den vergangenen zehn Jahren. Des Pudels Kern ist nicht Stefan Reuter, sondern der Mangel an einer Klub-Identität, womit wir wieder bei der Puppenkiste wären. Die Erzählungen des FCA korrespondieren selten mit der Realität. Der Bundesligaklub weiß nicht mehr, wohin die Reise gehen soll. Der FCA ist ein Schiff ohne Navigation geworden, ein Geisterschiff. Das Kasperle bräuchte dringend einen Kompass.