Bescheidener Anfang
Ein Kommentar von Frank Heindl
Als eine Premiere “von zentraler Bedeutung für unsere Kulturlandschaft” hat ku.spo-Bürgermeister Peter Grab in seinem Grußwort das Gastspiel eines türkischen Theaterensembles gewertet – man darf das getrost tiefer hängen. Mag schon sein, dass zum ersten Mal das Stück eines türkischen Autors in türkischer Sprache im Stadttheater aufgeführt wurde. Mag auch sein, dass hinter der Veranstaltung ein gutes Stück stadtbürgerlichen Engagements der türkischen Gemeinde steht, dass vor allem türkische Sponsoren die Veranstaltung möglich gemacht haben. Doch ob die Veranstaltung eine über den Tag hinaus reichende Bedeutung erlangen kann, darf dahingestellt bleiben. Grabs kulturpolitisches Ziel, “alle Kultureinrichtungen für interkulturelle Fragen zu sensibilisieren und zu öffnen” ist bescheiden genug – doch selbst solche Ziele erfordern mehr hartnäckige Arbeit, als ein singulärer Theaterevent und ein sonntägliches Grußwort vermuten lassen. Da geschieht auf niedrigerer Ebene vieles, was im Endeffekt wohl wichtiger ist für den Integrationsalltag.
Immerhin – ein bescheidener Anfang ist nun auch im Theater gemacht. Dass im zu zwei Dritteln gefüllten Parkett des Stadttheaters geschätzte 95 Prozent der Besucher türkischstämmige Mitbürger waren, während sich kaum ein nicht des Türkischen mächtiger Deutscher ohne Migrationshintergrund eingefunden hatte, muss gar nichts Schlechtes bedeuten. Zum gedeihlichen Miteinander gehört zunächst, dass auch die Volkgruppe der Minderheit selbstbewusst agiert und ihre Kultur in die gemeinsame Waagschale wirft. Dass Kultur am Bosporus mehr ist als Volkstanz und Döner, müssen hierzulande noch viele lernen. Bloß war von denen auch mal wieder keiner im Stadttheater.