Brechtfestival: Mit Lampion und Klampfe durch das nächtliche Augsburg
Große Gefolgschaft für Jochen Schneider bei der Spurensicherung in Sachen B.B.
Von Halrun Reinholz
Nicht alle wussten, dass der Treffpunkt „Türmerstube“ 258 Stufen über dem Straßenniveau liegt, sonst hätten sie die Karte für die „interaktive Stadtführung“ auf den Spuren Bertolt Brechts vielleicht nicht gekauft. Aber nun war es zu spät und man musste durch, das heißt hoch hinauf auf den Perlachturm. Auf der zugigen und vollkommen unbeleuchteten Aussichtsplattform drängten sich zirka 50 Personen und mussten zunächst das donnernde 8-Uhr-Läuten unmittelbar über ihren Köpfen aushalten. Jochen Schneider, der im Brecht-Look (Lederjacke, Schirm-Mütze, Zigarre im Mundwinkel) in einer Ecke stand und mit Augenzwinkern aus dem Leben des jungen Augsburger Schülers „Eugen“ Berthold Brecht erzählte, war von dem Lärm unbeeindruckt. Eine „Klampfe“ hatte er auch dabei, so konnte er außer Texten des Dichters auch das eine oder andere bekannte Brecht-Lied singen.
Großes Interesse der Augsburger an Führungen dieser Art
Nach diesem Auftakt zog die Gruppe mit Brecht-typischen Lampions versehen durch die Straßen der Altstadt. Jochen Schneider erzählte und sang und schaffte es tatsächlich, den jungen Bertolt Brecht, der schon mit 15 „ein großer Dichter“ werden wollte und dieses Ziel ehrgeizig verfolgte, von seiner menschlichen Seite zu zeichnen – seine Familie, seinen Freundeskreis, die Beschäftigung mit Religion, mit Politik, mit Frauen. Zwischendurch Augsburger Stadtgeschichte, die zuweilen doch sehr vom Thema (bis in die Römerzeit!) abschweifte und auch nicht immer ganz korrekt war. Aber die Stimmung in den abendlichen Straßen war – dem milden Wetter sei`s gedankt – bestens und der fröhliche Lampion-Tross zog nach einem längeren Aufenthalt in der dunklen Barfüßerkirche (dieses Erlebnis hat man auch nicht alle Tage!) am Brechthaus vorbei „ans Wasser“ des Stadtgrabens. Der Endpunkt der Führung war nur als „brechtiger Überraschungsort“ beschrieben, viele tippten auf die Kahnfahrt. Aber der wärmende Umtrunk wartete schon kurz davor, im kleinen Wasserturm am Jakobertor, wo der Brecht-affine Hausherr Kurt Idrizovic (der auch die Führung veranlasst hatte) außer Glühwein und Knabberzeug auch noch ein bisschen Stadtgeschichte (die historische Wasserversorgung) und noch einiges zu Brecht beitragen konnte. Auch hier zeigte sich, wie groß das Interesse der Augsburger an solchen Führungen ist, zumal dieser Stadtspaziergang im Rahmen des Brechtfestivals gleich zweimal mit gutem Zuspruch angeboten wurde.