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Samstag, 23.11.2024 - Jahrgang 16 - www.daz-augsburg.de

Das Spiel ist die Botschaft, nicht das Ergebnis

Brasilien: Am heutigen Donnerstag findet ab 18 Uhr die Abschlussrunde der Gruppe D statt. Deutschland spielt gegen die USA und Ghana gegen Portugal.

Von Siegfried Zagler



Die Möglichkeiten für skurrile Endtabellen sind gegeben. Die deutsche Mannschaft könnte sich problemlos selbst aus dem Turnier kegeln, indem sie zum Beispiel gegen die USA mit 4:0 verlöre und Ghana gegen Portugal mit 3:2 gewinnen würde. Dann müssten sich beide Mannschaften dem Losentscheid unterwerfen. Würde aber Portugal gegen Ghana mit 4:0 gewinnen und die Deutschen gegen die USA mit 0:4 verlieren, dann hätten zwar beide Mannschaften exakt das gleiche Punkt- und Torverhältnis, Deutschland wäre aber dennoch wegen des direkten Vergleichs als Gruppenzweiter weiter. Kurzum: Auch bei einer Niederlage (in normaler Höhe) gegen die USA bleibt ein Ausscheiden der Deutschen im Bereich des Unwahrscheinlichen. Wahrscheinlicher ist dagegen das Ausscheiden der USA. Bei einem Sieg der Ghanaer gegen Portugal mit zwei Toren Unterschied, wäre die Klinsmann-Truppe mit jeder Niederlage gegen Deutschland aus dem Turnier. Nicht plausibel? Bei gleicher Punktzahl zählt die Tordifferenz, ist diese gleich, dann gibt die Anzahl der geschossenen Tore den Ausschlag. Falls immer noch Gleichstand herrscht, entscheidet das Los. Selbst ein oberflächliches Lesen der Tabelle lässt nur einen vernünftigen Schluss zu: Deutschland ist im Achtelfinale. Ein Unentschieden würde sogar zum Gruppensieg ausreichen. Mit diesem Ergebnis wären allerdings auch die US-Boys weiter. Dass die letzten Paarungen der Gruppen zeitgleich stattfinden, hat mit einem Vorfall aus dem Jahre 1982 zu tun.

Ein Unentschieden wäre keine Katastrophe

Und endlich sind wir dort, wo ein Vorbericht über ein Fußballspiel hingehört: im Feuilleton. Eberhard Stanjeks Wort von der „Schande von Gijón“ hat sich tiefer in das deutsche Bewertungsschema gegraben als der Sachverhalt, dass die „hässlichen Deutschen“ um Schuhmacher, Breitner und Häuptling Silberlocke bei der Weltmeisterschaft 1982 in Spanien bis ins Finale vordrangen, um dort glücklicherweise gegen Italien sang- und klanglos die Segel zu streichen. Die Schande von Gijón: Die deutsche und die österreichische Mannschaft schlossen nach zehn Minuten einen Nichtangriffspakt und erreichten mit dem dafür nötigen Ergebnis die Zwischenrunde. Ein weiterer Vorfall, den die FIFA im Nachgang hätte verfolgen müssen: Im Halbfinale beförderte Harald Schuhmacher mit einem brutalen Bodycheck den französischen Mittelfeldspieler Patrick Battiston in die Ohnmacht. Die Erkenntnis, die uns diese Weltmeisterschaft vor 34 Jahren so nachhaltig ins Bewusstsein hievte, besteht darin, dass das Spiel die Botschaft ist, nicht das Ergebnis. Ein Unentschieden wäre am heutigen Abend keine  Katastrophe, wenn es sich um ein aus dem Spiel heraus entstandenes Ergebnis handeln sollte.