Der seltsame Fall des Daniel Baier
Warum Daniel Baier dem FCA schwer geschadet hat
Kommentar von Siegfried Zagler
„Der seltsame Fall des Benjamin Button“ ist der Titel einer Kurzgeschichte von F. Scott Fitzgerald, die 2008 kongenial von David Fincher verfilmt wurde. Brad Pitt spielt einen Mann, der als Greis auf die Welt kommt und als Kleinkind stirbt. Nur in einer kurzen Phase seines Lebens entspricht Buttons biologisches Alter dem Denken und dem Erfahrungsvermögen seines Verstandes. In dieser Phase findet Benjamin Button zu sich selbst, entdeckt die Liebe und findet sein Lebensglück.
Die Fußballer-Karriere des Daniel Baier steht zu dieser Fantasy-Erzählung auf rätselhafte Weise in Verbindung. Es ist zwar nicht so, dass Baier als Greis zum FCA kam, aber zu Beginn wirkte seine Spielweise altbacken und statisch, was auch damit zu tun hatte, dass er für Jos Luhukay ein gereifter Techniker war, den man überall brauchen konnte – wie zum Beispiel auf der rechten Außenbahn. Damit kam Baier nicht zurecht und spielte Schablonenfußball, womit er selbst in der Zweiten Liga nicht richtig zum Zug kam. Erst als Luhukay ein Einsehen hatte und Baier als spielende Sechs entwickelte, wurde aus dem „talentierten Fußballgreis“ eine wertvolle Stammkraft: ein Zerstörer mit Kreativpotential. Ein Mann, der mit dem FCA die Fußballbundesliga bereicherte und eine grundsolide Saison nach der anderen hinlegte, als gäbe es nichts Einfacheres.
Langsam und somit kaum bemerkbar wurde Baiers Fußballstil mit zunehmenden biologischen Alter immer stylischer. Ein eleganter Heber dort, ein Außenriss-Pass hier, an anderer Stelle ein unpassender Übersteiger und allzu oft gab er eine schwere Verletzung vor, wo keine war. Als Baiers Lebensalter die magische 30er-Grenze überschritt, schien er seine Grundschnelligkeit wie seine Zweikampfhärte erhöht zu haben. Seine Performance schien von Jahr zu Jahr juveniler zu werden.
Als Baiers biologisches Fußballalter sich der Rentnerzone näherte, ließ er sich den Unterarm tätowieren, haderte ständig mit dem Schiedsrichter und gab auf dem Platz ein Tempo vor, als müsste er sich erst noch in die Mannschaft spielen. Baier schien nicht älter, sondern jünger zu werden. Gestern zeigte sein Verhalten gar die Qualität eines Teenagers. Damit ist nicht nur die peinliche obszöne Geste gemeint, die selbst in Schulhöfen von den älteren Schülern als Kinderkram belacht wird, sondern auch Baiers Erklärungsversuch nach dem Spiel.
Glücklicherweise kam das milde DFB-Urteil schnell genug, um das FCA-Management vor weiteren Beschwichtigungsversuchen zu schützen. Daniel Baier hat nicht nur dem FCA geschadet, sondern auch sich selbst. Damit ist nicht seine Sperre gegen den VfB Stuttgart gemeint, sondern die Verletzung des höchsten Prinzips im Sport.
Es mag ein wenig altmodisch klingen, aber in Augsburg wollen wir auf anständige Weise verlieren und selbstverständlich auch anständig und fair gewinnen. Es ist absurd, wenn dieser absolute und unverhandelbare Wert dem Kapitän des FC Augsburg abhandengekommen scheint.