Der Tanz der Orgel
Prof. Karl Maureen entlockt der Steinmeier-Orgel in der Kongresshalle ungewöhnliche Klangnuancen
Von Halrun Reinholz
Unter dem Slogan „Orgelmusik – tänzerisch inspiriert“ wurde ein Solo-Orgelkonzert im Kongress am Park angekündigt. Der emeritierte Orgel-Professor und Leiter des Fachbereichs Kirchenmusik an der Hochschule für Musik Augsburg hatte sich als Gestalter dieses Abends vorgenommen, ganz andere Facetten der Königin der Instrumente aufzuzeigen, als es die Zuhörer gemeinhin gewohnt sind. Weder Altmeister Bach noch die sinfonischen Orgelwerke des 19. Jahrhunderts sollten an diesem Abend zum Zug kommen, verkündete Karl Maureen in seiner Anmoderation. Er zeigte sich höchst erfreut, dass die Steinmeier-Orgel, eine der wenigen Konzertsaal-Großorgeln in Süddeutschland, dem Musikbetrieb wieder zur Verfügung steht. Er kenne sie gut, bekannte er, und es sei ihm eine Ehre, ihren neu erworbenen Glanz wieder vorführen zu dürfen. Die Renovierung der Orgel war vom Allgäuer Orgelbaumeister Siegfried Schmid unter großer Anteilnahme der Augsburger Musikfreunde und vor allem dem Engagement der Philharmonischen Gesellschaft zustande gekommen.
Die Kosten von rund 360.000 Euro wurden etwa zur Hälfte über 46 Benefizkonzerte, 350 Pfeifenpatenschaften und einige Großspenden finanziert, die die Philharmonische Gesellschaft initiiert bzw. akquiriert hatte.
Der vitale 83jährige Orgelvirtuose stellte kurz das Programm vor, das er zu spielen beabsichtigte, danach schwang er sich auf die lange Spielbank und bediente geschickt und wahrhaft tänzerisch die Manuale und Pedale. Seiner Ankündigung gemäß stand kaum Monumentales an, das den Klangraum der Orgel zum Vibrieren bringen und den gesamten Konzertsaal mit Klang füllen konnte. Doch darum ging es auch nicht. Den Anfang machte der „Festive March“ von Henry Smart, es folgten Stücke wie die Toccata „Happy hour“ von Matthias Nagel oder der „Bishops Blues“ von Betty Roe. Der zweite Teil setzte mit einer Fanfare von Nicolas Lemmens ein, brachte eine Fantasie zu „Go tell it on the mountain“ von John A. Behnke, ein Spiritual von Gilbert Martin „Let us break bread together“ , ein „Evensong“ von Easthope Martin auf der unverkennbaren Melodie von „Der Mond ist aufgegangen“ und endete schließlich mit einem sehr tänzerischen „Capriccio in Jazz“ von Margaretha Christina de Jong. Angesichts des eher geringen Bekanntheitsgrads der Werke wäre ein Programmzettel für das Publikum sehr hilfreich gewesen.
Naturgemäß war der Saal in der Kongresshalle zu groß für ein so „kammermusikalisch“ konzipiertes Programm und deshalb auch nicht wirklich gefüllt, doch er ist nun mal der Standort der Orgel, die man in dieser Konzertsaison übrigens auch noch anderweitig und in größerem Rahmen erleben konnte und noch können wird. Das an diesem Abend anwesende Publikum, darunter etliche ehemalige Studenten von Prof. Maureen oder auch Musikfreunde, die sich an frühere Konzerte mit ihm erinnern, bekam mit den präsentierten Orgel-Petitessen eine ebenso sachkundig wie liebevoll getätigte Auswahl geboten, die geeignet war, zur Abwechslung mal die „andere Seite“ des Monumentalinstruments Orgel in den Focus zu rücken.