Die Erfindung der Teilbarkeit
Warum man Brechtfestivalleiter Joachim Lang mit Danksagungen verabschieden sollte
Kommentar von Siegfried Zagler
Brechtfestivalleiter Dr. Joachim Lang würde gerne weiter machen. Der neue Kulturreferent Thomas Weitzel hat andere Pläne. Dieser spannende Sachverhalt steht derzeit unausgesprochen im kulturpolitischen Raum. Spannend ist die Angelegenheit deshalb, weil die Verbindungen, die Lang auf parteipolitischer Ebene zu knüpfen verstand, nicht zu unterschätzen sind. Die Granden der beiden großen Parteien wollen offensichtlich Lang als Festivalleiter verlängern. Aktuell geistert sogar das Gerücht durch die Stadt, dass Langs Vertragsverlängerung auf zwei weitere Jahre im Ferienausschuss des Stadtrates beschlossen werden soll. Das wäre im kommenden Ferienmonat August. Dann wäre Langs Forderung, man solle seinen Vertrag noch vor der Sommerpause verlängern, zumindest halb erfüllt worden.
Langs Fähigkeiten als Festivalleiter waren von Beginn an umstritten, seine Verdienste um die Brechtstadt Augsburg sind nach sechs Jahren Brechtfestival dagegen nicht von der Hand zu weisen. Joachim Lang hat es zwar nicht verstanden, mit „seinem“ Brechtbüro (immerhin 1,5 städtische Stellen) ein funktionierendes Netzwerk zu entwickeln und hat es somit insgesamt nicht verstanden, ein erkennbares Brecht-Muster in die Stadt zu legen, aber er hat sechs Jahre durchgehalten. Hat intensive innerstädtische Debatten zu Brecht ausgelöst und quasi dafür gesorgt, dass Kulturreferent Peter Grab noch während seiner Amtszeit von den beiden Parteipolitikern Bernd Kränzle (CSU) und Karl-Heinz Schneider (SPD) abgelöst wurde. Joachim Lang und sein wissenschaftlicher Berater Jan Knopf haben im Duett dafür gesorgt, dass vom Theater, der DAZ und von Teilen der freien Szene Brecht verteidigt wurde. Verteidigt gegen eine romantische Verklärung und die vollmundigen Ankündigungen einer „neuen Brechtrezeption“. Lang hat mit seiner Festivalreihe die kulturelle Stadt an einer Stelle gespalten, wo vorher nichts zum Spalten da war. Lang hat, wenn man so will, mit der Teilbarkeit eines Beinahe-Nichts eine neue Kraft entfaltet. Es mag von hier aus sarkastisch klingen, ist aber nicht so gemeint: Lang hat in Sachen “Augsburg vs. Brecht” sehr große Verdienste zu verzeichnen.
Würde die Personalie Lang tatsächlich auf der Tagesordnung des Ferienstadtrates erscheinen, wäre dieser Vorgang als Affront gegen Weitzel zu bewerten. Weitzel wäre schwer beschädigt, gelänge es Bernd Kränzle (CSU) und Karl-Heinz Schneider (für die SPD aus dem Off) hinter dem Rücken des Kulturreferenten Joachim Lang für weitere Festivals zu verpflichten. Lang hat noch einen Vertrag bis 2015. Danach sollte er mit Blumen und Danksagungen verabschiedet werden.