Ein Fotobuch, das man lesen kann
Begleitbuch zur Interessenbekundung der Stadt Augsburg als UNESCO-Welterbe
Von Siegfried Zagler
Es ist eines von diesen unlesbaren Büchern mit einem unhandlichen Format und insgesamt zu schwer – gewichtsmäßig. Ein Fotobuch mit schönen Hochglanzfotos zum Blättern und den üblichen Designtexten um einen Hauch von Überbau vorzugeben. Es handelt sich also um ein Geschenkbuch. Ein Geschenkbuch für Technikfreaks und Heimatfreunde. Es ist gut, dass es diese Bücher gibt. Sie sind die besseren Pralinenschachteln, die besseren Blumensträuße. Schon allein der Titel und die Gestaltung des Covers verweisen darauf, dass man mit einem Geschenk dieses Kalibers eine hervorragende Chance nutzen kann, seine ganze Verachtung für den Beschenkten zum Ausdruck zu bringen. Der Titel: „Historische Wasserwirtschaft und Wasserkunst in Augsburg, Kanallandschaft, Wassertürme, Brunnenkunst und Wasserkraft“.
Die Ingenieurskunst ist der Beginn der Kunst
Herausgeber ist die Stadt Augsburg. Allerdings ist das so genau nicht herauszufinden. Auch der Verleger scheint irgendwie als Herausgeber dabei zu sein. Martin Kluger (context verlag Augsburg) ist offensichtlich der Mann mit der Idee, dass man sich mit einer Struktur bei der UNESCO um den Titel Weltkulturerbe bewerben könne; eine nette Idee. Eine Schnapsidee womöglich, könnte man meinen.
Wenn man das Vorwort Karls Gansers gelesen hat, sieht es anders aus. Dieses Fotobuch birgt nämlich eine kleine Sensation: Es ist interessant, es überrascht und plausibilisiert in der Tat die Idee, die in dem gesamten Projekt steckt: Die Ingenieurskunst ist der Beginn der Kunst. „Eine Hängematte, die am Anfang, dem Hochablass und die am Ende, der Wolfzahnau gebündelt ist. Die Fäden fächern aus – und in der Mitte liegt die stolze Reichsstadt mit ihren Brunnenwerken und Prachtbrunnen.“ Im Wasser liegt der Beginn von allem; die Kraft und die Geschichte seiner Wertschöpfung kann man in diesem Buch exemplarisch am Aufstieg und Niedergang der Stadt Augsburg erfahren. Verschenken Sie es und zeigen Sie dem Beschenkten somit ihre Wertschätzung. Es ist ein Fotobuch, das sich zu lesen lohnt.