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Donnerstag, 10.10.2024 - Jahrgang 16 - www.daz-augsburg.de

Eine Liebeserklärung an Europa – das Erasmus-Projekt der Werkstatt Solidarische Welt

Die Werkstatt Solidarische Welt, die im nächsten Frühjahr bereits ihr 45. Jubiläum feiert, begab sich auf neues, internationales Terrain und stellte sich einer neuen Herausforderung. Erstmals koordinierte sie ein sogenanntes Small Scale Erasmus Project mit Partnern in Frankreich (Rodez), Rumänien (Suceava) und Spanien (Murcia) sowie für die Augsburger Waldorfschule. Ambitionierter Titel dieses zweijährigen Kooperationsprojekts: Solidarisch für eine bessere Welt.

Von Udo Legner

Ökologischer Händedruck

Die Website “Erasmus – Weltladen Augsburg und Werkstatt Solidarische Welt” gibt Aufschluss über die vielfältigen Aktivitäten dieses Projekts – vom Auftakttreffen in Augsburg (März 2023) sowie den weiteren Stationen in Rodez (Oktober 2023), Suceava (März 2024) und Murcia (Oktober 2024). Die Vorteile dieser Kleinen Erasmus-Partnerschaften liegen auf der Hand:

Im Unterschied zu der inzwischen von vielen Schulen favorisierten Erasmus-Akkreditierung – in Augsburg haben sich die beiden städtischen Gymnasien (JFG und MTG) für dieses Format entschieden – nehmen bei den Small Scale Partnerships bei sämtlichen Erasmus-Treffen Lehrkräfte UND Schülerinnen und Schüler teil. Ein weiterer Vorteil dieses Projekttyps: Mit sämtlichen Partner­organisationen kann über einen längeren Zeitraum – sowohl während als auch zwischen den einzelnen Mobilitäten – kreative und nachhaltige Projektarbeit realisiert werden.

Partner dieses von der Werkstatt Solidarische Welt koordinierten und auf zwei Jahre angelegten Projektes sind die Freie Waldorf­schule Augsburg, das Lycée François d‘Estaing in Rodez/Südfrankreich, die Schule IES ALJADA in Murcia/Spanien sowie das Colegiul National „Petru Rares“ in Suceava in der Bukovina im Nordosten Rumäniens. Nähere Infos zu den Partnerschulen gibt es hier.

Augsburg und Rodez: Welternährung und Biodiversität

Beim Auftakttreffen in Augsburg und beim Auswärtsspiel in Rodez lag der Fokus auf den Themen Welternährung und Biodiversität. In Augsburg führten die Kooperationspartner der Koordinatoren, die Universität Augsburg, die Solidarische Landwirtschaft der Schloss Blumenthal GmbH und das Kinodreieck Augsburg die Gäste mittels Vorträgen, Führungen, Workshops und Filmen in das weite Feld der Welternährung ein. Weitere Highlights waren der Empfang der Erasmus-Teams im Goldenen Saal durch die 2. Bürgermeisterin und Bildunsgreferentin Martina Wild sowie das abschließende DJing mit Songs gegen Rassismus im Grandhotel im Rahmen des Just Kids Festivals. Nachhaltige Ergebnisse des Auftakttreffens in Augsburg: Ein Insektenhotel und ein Hochbeet, die beide in Workshops an der Freien Waldorfschule angefertigt wurden!

Beim Treffen in Frankreich standen Ausflüge zu den Weiden der Aubrac Rinder, zur Winzer-Kooperative Valady und zur Käserei-Kooperative Jeune Montagne auf dem Programm. Ein Besuch im Musée Soulages de Rodez, eine Diskussion mit einem Abgeordneten und die Präsentationen der Erasmus-Teams über die Grünen Oasen in ihren Städten sowie die Filmvorführung Where is Anne Frank als Einstieg in das Thema Migration, rundeten das Rodez-Programm ab.

Suceava und Murcia: Migration und Solidarität

Die Situation von ukrainischen Flüchtlingen in Suceava und der Bukowina wurde von Experten in Vorträgen und Workshops eindrucksvoll dargestellt. Besuche in der NGO EDNAE und der Kultureinrichtung Alliance Française de Suceava verschafften intensive Einblicke in das Leben der Flüchtlinge. Durch die Präsentation der Videos, die die Schülergruppen zur Situation von Flüchtlingen in ihren Heimatländern angefertigt hatten, wurden Gemeinsamkeiten und Unterschiede bezüglich der Integrationsbemühungen deutlich. Bei einer Waldführung wurden die EU-Biodiversitätsziele bis zum Jahr 2030 erläutert. Ein Besuch des Klosters Dragomina war der letzte Programmpunkt dieses äußerst bereichernden Erasmus-Treffens.

Für das Abschlusstreffen in Murcia hatten die Schülerinnen und Schüler sich im Vorfeld als Volunteers solidarisch engagiert und berichteten über ihre Erfahrungen: So vielfältig die Felder solidarischen Handelns auch waren (Altenheim, Kinderwohngruppe, Anlaufstelle für Obdachlose und Arme, Camphill, Kohl-und Kartoffelkombinat) so einig waren sich alle darin, dass diese Erfahrungen überaus bereichernd waren. Die meisten wollen sich auch weiterhin in der jeweiligen Institution einbringen!

Ein Dauerbrenner im Programm war eine Überprüfung des täglichen Einkaufsverhaltens anhand der Produkte Lebensmittel und Kleidung unter den Gesichtspunkten Erschwinglichkeit, Verfügbarkeit, Transportwege und ökologische Auswirkungen. Dazu wurden sowohl lokale Märkte, als auch der Stadtmarkt sowie Supermärkte und kleine Läden besucht. In einem Workshop zum Ökologischen Handabdruck erörterten die SuS in internationalen Forschungsteams individuelle Handlungsmöglichkeiten in den Feldern Energie, Mobilität, Ernährung und Konsum und stellten die Ergebnisse dann grafisch dar.

Die Erasmus-Teams aus Augsburg, Rodez, Suceava und Murcia mit Europaflagge – Fotos: Udo Legner

Andere Aktivitäten vermittelten die Geschichte Murcias: der Besuch von steinzeitlichen Höhlen mit Höhlenmalereien, die Führung durch die Ausgrabungsstätte der maurischen Stadt Syasa, eine Wanderung zu den Wasserrädern römischer Bewässerungsanlagen und der Besuch des Museums und Klosters Las Casas, das über dem maurischen Palast Alcazar Seguin gebaut wurde.

Positive Begleiterscheinung all dieser Unternehmungen: Schülerinnen und Schüler kamen im Lauf der Woche in einen sehr guten Kontakt, der sich sehr positiv auf die projektbezogenen Aktivitäten auswirkte. Jeweils mit ihrem rumänischen Partnern führten sie ein Travel Sketch Book Diary, in dem die einzelnen Tage kreativ festgehalten wurden. Auch mit den Familien wurde viel unternommen, Höhepunkt war natürlich der gemeinsame Abend in La Nave mit Musik, Tanz und leckerem Essen!

Zukunftsmusik

Was noch aussteht, ist eine abschließende Zoom-Konferenz, in der der Verlauf des gesamten Erasmus-Projekts noch einmal evaluiert wird. Da sich die Werkstatt Solidarische mit ihrem Projekt „Solidarisch für eine bessere Welt“ für den Zukunftspreis der Stadt Augsburg beworben hat, richtet sich der Blick auch auf den 14. November, den Tag, an dem die Preisträger bekanntgegeben werden.