Erlebnismuseum eröffnet: Fugger und Welser im Wieselhaus
Das fachmännisch restaurierte Wieselhaus wurde am Wochenende als Museum eröffnet. Die Resonanz war riesig. Das neue städtebauliche Juwel im Augsburger Domviertel zeigt in seinen Renaissance-Arkaden die Geschichte der Augsburger Kaufmannsfamilien Fugger und Welser.
Von Halrun Reinholz
Noch ein Museum in Augsburg? Skepsis scheint angebracht. Andererseits: Nicht wenige Besucher monieren, dass die große Zeit der Fugger und anderer Kaufmannsfamilien, die Zeit des „goldenen Augsburg“, nirgends einen museal aufbereiteten Niederschlag findet. Da war es für Regio-Chef Götz Beck nur naheliegend, einen sanierungsbedürftigen Renaissancebau im Domviertel für dieses Thema tauglich zu machen. Stilistisch passt der Bau in die Zeit, möglicherweise war er sogar zeitweise Eigentum von Markus Welser. Zumindest für den großen Garten steht dies zweifelsfrei fest. Seinen Namen hat das Haus jedoch nach dem Eigentümer aus dem 17. Jahrhundert, dem Optiker Johann Wiesel, der außer Sehhilfen auch Fernrohre baute.
Meisterhaft saniert
Wem das unscheinbare ockergelbe Haus am Ende des Äußeren Pfaffengässchens jemals aufgefallen ist, der hat bislang sicher keinen zweiten Blick darauf verschwendet. Auf der Gartenseite wären sonst vielleicht seltsam zugemauerte Arkaden aufgefallen. Diese sind jetzt, nach der Sanierung, in ihrer ganzen Renaissance-Pracht zu erkennen und zeugen von einer Zeit, als Italien das Maß aller Dinge für die Kaufleute war. Auch die großen Gärten entstanden nach italienischem Vorbild. Eigentümer des Hauses ist heute die „Katholische Studienstiftung“, die ihrerseits vom städtischen Wohnungs- und Stiftungsamt verwaltet wird. Mit Hilfe verschiedener Fördermittel örtlicher und überregionaler Stiftungen hat man das Gebäude seit 2006 mit über 3 Millionen Euro saniert. Nun konnte der Bau mit seinem Museumsinhalt am vergangenen Samstag feierlich eröffnet werden.
Fugger und Welser im Gespräch
Exponate im herkömmlichen Sinn gibt es im Museum allerdings kaum. Gezeigt wird vor allem Zeitgeschichte – und da haben sich die Kuratoren (unter Einsatz moderner Medientechnologie) einiges einfallen lassen: Bilder – wie das berühmte Gemälde vom Augsburger Geschlechtertanz – werden lebendig, „echte“ Tänzerinnen und Tänzer drehen sich im gemessenen Schritt der Renaissance-Tänze. Zwei weitere Gemälde zeigen ein Patrizierpaar, das über die Bilderrahmen hinweg den neuesten Klatsch austauscht und sich schließlich auch zur Tanzrunde zusammenfindet. Der Clou ist sicherlich die lebensecht gebeamte 3-D-Unterhaltung des bereits älteren Jakob Fugger mit Bartholomäus V. Welser. Es geht natürlich um Geschäfte, speziell um die Kredite an den Kaiser und um weitere Planungen und Strategien der jeweiligen Handelshäuser. Diese lockere und anschauliche Darstellung von Geschichte wird sicher nicht jeden Historiker begeistern, doch die Regio legt Wert auf historisch korrekte Darstellung: Neben den Bildschirmen und Hörstationen geben Texttafeln Auskunft über historische Fakten und Hintergründe.
Bergwerke und Kinderarbeit
Besonders lebensecht ist das Bergwerk im Kellergewölbe des Wieselhauses. Beide Handelshäuser waren in der Montanindustrie aktiv und verdankten vor allem dem Abbau von Silber und Kupfer ein gutes Stück ihres Reichtums. An der Darstellung der Bergwerksarbeit soll sich ein Konflikt mit den ursprünglichen Kuratorinnen des Museums, Stefanie von Welser und Angelika Westermann, entzündet haben. Denn als Bergwerksbesitzer hatten die Fugger und Welser durchaus Anteil an sozialen Konflikten, Ausbeutung und Kinderarbeit. Dies wird in der aktuellen Ausstellung nicht nur thematisiert, sondern auch medienpädagogisch gezielt aufbereitet. Kurz vor Eröffnung der Ausstellung hatte ein neues Kuratorenteam das Ruder übernommen – neben dem Hausautor der Regio Martin Kluger (Autor mehrerer Bücher über die Fugger) kam Welser-Spezialist Dr. Peter Geffken zum Einsatz.
Zielgruppe Augsburger
Die Geschichte der Augsburger Handelshäuser ist zweifellos auch für den einen oder anderen kundigen Touristen von Interesse und bildet eine wunderbare Ergänzung zur Fuggerei. Hauptzielgruppe sollten bei dem speziellen Thema jedoch die Augsburger sein, die mehr über die Vergangenheit ihrer Stadt erfahren wollen. Vor allem für Kinder und Jugendliche bietet die Ausstellung attraktive Themen und Fragestellungen an. So ist es nur konsequent, die Medienpädagogik gezielt auf Kinder auszurichten. Auf der Webseite des Museums werden neben Führungen für Erwachsene deshalb auch gezielt Themen für Kinder aufbereitet: Wo ist das Land, wo der Pfeffer wächst? Wie hat man um 1500 gemessen oder bezahlt? – Alltagsgeschichte, die sich in der interaktiv ausgelegten Ausstellung gut vermitteln lässt. Die Regio hofft nun, dass ortskundige Besucher und vor allem Schulklassen ins Domviertel strömen. Allein das Renaissance-Ambiente und der erstaunlich großzügige ehemalige Stephansgarten sind jedenfalls schon einen Besuch wert.
Fotos: Martin Kluger