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Freitag, 22.11.2024 - Jahrgang 16 - www.daz-augsburg.de

Staatstheater

Fairy Queen: Rap und Hiphop im barocken Zauberwald

Wenn Ricardo Fernando seine Finger im Spiel hat, kann man sich auf einen vergnüglichen Abend gefasst machen. Zumindest da, wo es was zu lachen gibt, im „Sommernachtstraum“.

Von Halrun Reinholz

Semi-Oper aus dem Shakespeare-Cosmos: The Fairy Queen © Jan-Pieter Fuhr

Die „Semi-Oper“ von Henry Purcell nach dem bekannten Shakespeare-Stück heißt „The Fairy Queen“, weil sie den Fokus auf die Figur der Titania, der Königin im Zauberwald, richtet. Sie hatte bereits in der letzten Spielzeit Premiere, wurde aber jetzt vor gut besuchtem Haus im Martini-Park wieder aufgenommen.

Was soll man sich unter einer „Semi-Oper“ vorstellen? Dramaturgin Sophie Waltz erläutert dem Publikum im Vorfeld die Zusammenhänge. Im Gegensatz zu anderen Ländern sei Oper in England im 17. Jahrhundert nicht so beliebt gewesen, deshalb wurde sie reichlich mit Ballett-Einlagen versehen. In der Augsburger Inszenierung steht das Ballett sogar im Vordergrund. Mit vollem Recht hat Ballettdirektor Ricardo Fernando die komplette Inszenierung übernommen.

Und die kann sich sehen lassen. Das märchenhafte Spiel um die Liebe, die bei allen Verwechslungen und Verwicklungen am Ende glücklich dasteht – denn schließlich war alles nur ein Traum, was passiert ist –  ist eines der bekanntesten Stücke Shakespeares. Bei Purcell erhält es eine frühe Aufwertung mit Musik und auch mit Tanz.

„Spartenübergreifend“ und „opulent“, sagt Sophie Waltz, seien für das Inszenierungsteam die Stichworte gewesen. Gesang und Tanz ergänzen sich kongenial im knallig farbenfrohen Bühnenbild von Pascal Seibicke und den vielseitigen Kostümvariationen von Helena de Medeiros. Die Hauptrollen sind mit Sängern besetzt – Oberon (Avtendil Kasperli) und Titania (Olena Sloia) allen voraus. Die verwirrten Liebenden Hermia (Jihyun Cecilia Lee), Helena (Ekaterina Aleksandrova), Demetrius (Roman Poboinyi) und Lysander (Wiard Witholt) ebenso.

Sie irren in barockem Look durch den nächtlichen Zauberwald und kommen noch in den Rollen der Vier Jahreszeiten zum Einsatz, hier wiederum flankiert von Tanzeinlagen. Die zentrale Figur des Puck, der mit seiner Zauberblume die Handlung überhaupt erst in Fahr bringt, ist in der Augsburger Inszenierung doppelt besetzt: Einerseits mit dem hervorragenden Gast-Countertenor Constantin Zimmermann, andererseits mit den Tänzern Cosmo Sancilio im Wechsel mit Goncalo Martins da Silva. Wie bei Shakespeare konterkarieren die grob-proletischen Handwerker mit hochkarätigem Pantomime-Tanz bis hin zu Rap und Hiphop-Anklängen die romantische Liebeshandlung. Die Liebesszene zwischen Titania und dem in einen Esel verwandelten Zettel (Afonso Pereira) ist eine kongeniale Verschmelzung von Gesang und Tanz. Die zierliche Olena Sloia, die im zweiten Teil überzeugender singt als zu Beginn, beeindruckt durch atemberaubende akrobatische Figuren mit dem Ballett-Kollegen.

Zum Gesamtbild tragen die Kobolde im Zauberwald bei, sei es als Ballettensemble oder als weiß gewandeter Chor, der zuweilen auch im Zuschauerraum seinen Schabernack treibt. Wer hätte gedacht, dass Barock so viel Spaß machen kann? Und dann noch in einer spritzigen Inszenierung von gerade mal zwei Stunden. Da haben die Programmplaner des Theaters eine gute Wahl getroffen, die mit Ricardo Fernandos Handschrift erstklassig umgesetzt wurde. Das vergnügte Publikum quittierte die Wiederaufnahme mit begeistertem Applaus.