FCA: Können die Schwaben die Bayern schlagen?
Der FC Augsburg trifft am 29. Spieltag der Fußballbundesliga heute in der heimischen WWK Arena auf den 27-maligen Rekordmeister FC Bayern München. Interessant ist im Zusammenhang der kulturellen und identitären Selbstzusprechungen, dass die Münchner auf der Bayern-Home dieses Spiel als “Bayernderby” bezeichnen (auch die FCA-Home geht in diese Richtung), wo doch vor Kurzem noch von einem “Schwabenderby” gegen den VfB Stuttgart die Rede war. Wie verzwickt dieser offenbar unauflösbare Augsburger Identitätskonflikt ist, wurde gegen den VfB deutlich, als die FCA-Ultras die Stadt Augsburg als “Glanz Schwabens” klassifizierten – unter dem Geraune des Gesamtpublikums. Festzuhalten ist nämlich, dass die meisten Augsburger vor zehn Jahren noch Bayern-Fans waren und auch heute der FCA bei vielen Augsburger Fußballfans nicht die Herzensangelegenheit Nr.1 ist. Zurück zum Sport:
Die 14. Bundesligabegegnung zwischen den Bayern und den “Bayerischen Schwaben” (Der “Regierungsbezirk Schwaben” ist seit Beginn der Zeit die einzige geopolitische Bezeichnung, in der der volkskundliche Begriff “Schwaben” als lokale und politische Verortung definiert wird) ist in erster Linie von zwei Fakten gezeichnet: Der FC Bayern könnte in dieser Partie faktisch die 28. Deutsche Meisterschaft feiern und zweitens hat der FCA Siegchancen! Letzteres mag ein wenig verwegen klingen, da die Bayern kaum noch zu schlagen sind und in dieser Saison zu den besten drei Mannschaften in Europa gehören, seit Jupp Heynckes nach dem glück- und kopflosen Ancelotti an der Säbenerstraße das Zepter schwingt.
Doch die steile These, dass der FCA heute die Bayern schlagen kann, lässt sich nicht nur mit den üblichen Phrasen begründen (“Fußball ist Fußball und beide Mannschaften spielen in der gleichen Liga, und da im Fußball alles möglich ist … undsoweiterundsoweiter”), sondern auch mit einem Sachverhalt, der sich bereits öfters ergab und eben zu zwei Bundesliga-Siegen der Augsburger gegen den FC Bayern führte: Die Münchner befinden sich zwischen zwei Champions League Spielen, weshalb es gut möglich ist, dass Heynckes wegen Belastungssteuerung zum Beispiel T. Müller und Lewandowski auf die Bank setzt, ebenso ist denkbar, dass für Hummels oder Boateng der offensiv schwächere Süle in die Startformation rückt. Wenn die Bayern schlagbar sind, dann auswärts – die letzten fünf Bundesliga-Niederlagen gab es allesamt außerhalb Münchens.
Für beide Mannschaften geht es sportlich um wenig: Der FCA führt mit 36 Punkten das Mittelfeld an und hat mit dem Abstieg nichts mehr zu tun und die Bayern würden ihre 6. Deutsche Meisterschaft in Folge ohnehin lieber zu Hause mit den in München üblichen Weißbierduschen feiern, als mit einem Gläschen Sekt in der Kabine, wie es Bayern-Trainer Jupp Heynckes unter der Woche angekündigt hat, falls die Münchner “völlig überraschend” in Augsburg drei Punkte holen sollten.
Der FCA kann und wird wieder mit Zentrumsstürmer Finnbogason spielen. Und auch Jeffrey Gouweleeuw, der nach überstandener Verletzung in Leverkusen sein Comeback gab, wird wieder die Augsburger Abwehr stabilisieren. Ohne sein Mitwirken stand in den vorherigen 6 Partien hinten nie die Null. Es ist gut möglich, dass auch der technisch grandiose Jan Moravek zusammen mit Koo ein offensives und spielstarkes Mittelfeld bildet und der FCA sich mit aller Macht, Härte, mannschaftlicher Geschlossenheit und einem Finnbogason in Torlaune in das Match wirft. Die Münchner sind nämlich vor einem Champions League Spiel mit Kampfkraft und Härte leicht zu beeindrucken.
Mit Mut und ein wenig Spielglück sind auch “die Unschlagbaren” zu beugen – auch und gerade vom FCA. Anlass zu einem Hauch Optimismus sollte auch die schlechte Heimbilanz der Augsburger geben. Die letzten drei Heimspiele wurden nämlich allesamt sang- und klanglos verloren, weshalb es für die Rückgewinnung des Augsburger Publikums, das zuletzt eher fern blieb und sich bedeckt hielt, für den Klub wichtig wäre, einen Paukenschlag zu setzen. Ein Sieg gegen den FC Bayern und eine Niederlage der Hoffenheimer könnte auch für den FCA den Kampf um Platz 7, der diese Saison wohl für die Qualifikation zur Europa League ausreichen würde, neu eröffnen.
Niemand ist unschlagbar und die Verwundbarkeit des FC Bayern besteht darin, dass auch die Bayern-Trikots nicht von Göttern, sondern nur von Menschen getragen werden, die nicht jeden Tag ihre Klasse auf den Platz bringen. Mit einer Maßnahme, die sich natürlich nicht mittels Manndeckung realisieren lässt, wäre der FCA gegen die Bayern auf dem richtigen Weg: Robert Lewandowski aus dem Spiel nehmen und die halbe Miete wäre eingebracht.
“Schwaben schlagen Bayern” wäre jedenfalls eine Überschrift, die in Augsburg zur Selbstvergewisserung einer schwäbischen Identität beitragen würde. Dass das möglich ist, davon zeugen nicht nur die beiden Bundesligapaarungen, sondern auch ein historischer Sieg in einer Zeit, als es in Augsburg noch zwei Erstligaklubs gab, den BCA und eben Schwaben Augsburg, das vor mehr als einem halben Jahrhundert den FC Bayern deklassierte. Held dieser Begegnung war Kurt Haseneder, der mit vier Toren für Schwaben Augsburg den FC Bayern (u.a. mit Franz Beckenbauer und Sepp Meier) aus dem Süddeutschen Pokal geworfen hatte.
Das Spiel endete 7:4 für den TSV Schwaben Augsburg. Der erste von drei Augsburger Siegen gegen den FC Bayern wurde von einem “Schwaben-Klub” erzielt, der nach der Fusion mit dem damaligen BCA zum FC Augsburg aus der Landkarte des Spitzensports verschwand.