FCA vor dem Spiel gegen Köln auf der Suche nach der verlorenen Abwehrstärke
Am kommenden Samstag ist in der SGL Arena (15.30) der 1. FC Köln zu Gast. Die Kölner sind Meister im Beton anrühren, also unter Trainer Peter Stöger zu Abwehrkünstlern geworden, deren Bollwerk zu den berühmtesten der Liga zählt. Der FCA könnte im Schneckenrennen um die Europa League Plätze noch von einer Handvoll Mannschaften überholt werden, wenn er im Schlussspurt seine beiden Heimspiele verlieren sollte. Zuletzt haben die Augsburger auf den Außenpositionen große Abwehrschwächen erkennen lassen, weshalb damit zu rechnen ist, dass die Kölner das Flügelspiel entdecken.
Von Siegfried Zagler
Augsburgs Cheftrainer Markus Weinzierl hat sich und seinen Spielern keinen Gefallen getan, indem er die Negativserie des FCA (2 Siege in 11 Spielen) mit der Liste der Verletzten zu plausibilisieren versuchte: Torhüter Marwin Hitz musste mit einem Teilriss des hinteren Kreuzbands rund drei Monate lang pausieren. Muskelbündelrisse zogen Kapitän Paul Verhaegh und Alexander Esswein aus dem Verkehr. Halil Altintop fehlte einige Spiele wegen Problemen mit dem Rücken. Callsen-Bracker zog sich einen Innenbandriss am Sprunggelenk zu. Baba spielt nach einer Zehenblessur immer noch mit Schmerzen, außerdem fehlt dem Augsburger Jungstar nach dem Afrika-Cup geistige und körperliche Frische. Tim Matavz und Sascha Mölders waren monatelang im Krankenstand und haben Trainingsrückstand, das Gleiche gilt für Shawn Parker und Jan Moravek.
„Es ist ein generelles Problem, dass wir viele angeschlagene Spieler haben, viele, die trotz Trainingsrückstand auf dem Platz stehen“, so Weinzierl. „Und diejenigen, die immer gesund waren, haben viele Minuten in den Knochen, wodurch es jetzt am Ende der Saison vielleicht zu einem Substanzverlust kommt.“ Wenn die Säulen ausfallen, würde dem FCA auch die klare Struktur im Spiel fehlen, so Weinzierl kürzlich. Das klingt nicht nach Ausrede, sondern nach einer Bestandsaufnahme hinsichtlich des Leistungsvermögens der aktuellen Stammelf, in der viele spielen, die „nicht bei 100 Prozent sind“, so Weinzierl, der mit dieser These sicher nicht falsch liegt, aber seinen Coaching-Anteil an der FCA-Krise natürlich nicht berücksichtigt.
Das soll an dieser Stelle nachgereicht werden: Erstens haben die Augsburger mit Ji und Höjbjerg in der Winterpause erstmalig zwei Spieler verpflichtet, die dem FCA (noch) nicht deutlich weiterhelfen konnten. Für Höjbjerg gilt das mit großen Abstrichen, da der Däne nach vorne zwischendurch sein großes Talent aufblitzen lässt, aber nach hinten all zu oft zu schlampig verteidigt. Was Reuter und Weinzierl sich dabei dachten, einen Spieler wie Dong Won Ji als Stoßstürmer an den Lech zu holen, bleibt bis heute ihr Geheimnis. Ji spielte fünf Spiele in Folge ohne jede Bande zur Mannschaft, was im Spiel nach vorne beim FCA zu einem Standard-Problem gehört. Mit Mölders, Matavz, Djurdic und Parker standen neben Ji in dieser Saison bereits vier andere Zentrumsstürmer auf verlorenem Posten. Das kann man in der Tat mit der fehlenden Klasse oder Formschwäche der Akteure erklären. Schwerer wiegt allerdings das Strukturproblem der immer deutlicher zu Tage tretenden Abwehrschwächen, womit wir nach den Personalsorgen bei einem Thema sind, das der Trainer in hohem Maße mit zu verantworten hat.
Die Stärke des FCA bestand in den ersten 19 Spielen dieser Saison darin, dass die gesamte Mannschaft verteidigte, sobald der Gegner in Ballbesitz war. In den Spielen mit Ji bot sich das Bild, dass der Koreaner zwar den ersten ballführenden Spieler sehr schnell, aber oft ohne Unterstützung, anlief. Ji konnte leicht überspielt werden und fehlte dann in der Folge beim Pressing, das seit geraumer Zeit beim FCA nur noch verhalten stattfindet. In den Spielen ohne Ji wurde zwar im Spiel gegen den Ball kompakter gestört, aber nicht mehr so intensiv wie noch in der Vorrunde, als die hochstehenden Verteidigungsspieler auf den Außen (und Halbaußen) Werner, Altintop, Baba (links) und Kohr, Feulner, Verhaegh (rechts), die Räume dergestalt eng zu machen verstanden, dass die ballführenden Gegner oft den Weg über die Mitte suchten, wo mit Baier, Callsen-Bracker und Klavan sehr gut verteidigt wurde.
Das fein abgestimmte Räderwerk im Spiel gegen den Ball ist bei den Augsburgern komplett verloren gegangen. Bei langen Bällen standen die einst sicheren Abfangjäger in Hamburg zu hoch oder zu tief. Auf den Flügeln wurde dergestalt schlecht verteidigt, dass man bei den ersten beiden Toren der Hamburger kurz annehmen musste, dass der Schiedsrichter abgepfiffen hatte, so unbeweglich und falsch stand die komplette FCA-Abwehr. Die Flügel der Augsburger waren das Einfalltor der Hamburger. Auf der linken Seite gibt Baba nach seiner Rückkehr vom Afrika-Cup einen „Außenverteidiger“, der selbst in der Bayernliga eine schlechte Figur abgeben würde: Im Spiel nach vorne vollkommen wirkungslos und gegen den Ball ohne Antizipation und somit selten in den Zweikämpfen. Ein Spieler in dieser Form hat in einer Bundesligamannschaft nichts verloren. Baba spielt in einem Tunnel außerhalb des Platzes und nimmt dabei nach vorne nicht selten die einst wirkungsvollen Werner und Altintop aus dem Spiel.
Alexander Esswein ist im Spiel nach vorne zwar der einzige Augsburger, der eine gewisse Dribbelstärke mitbringt, im Spiel gegen den Ball ist Esswein jedoch eine Katastrophe. Ihm fehlt die gedankliche Grundausstattung für das Verteidigen. Er setzt wie ein Stürmer aus den Neunzigern nur nach, wenn er einen Ball vertändelt hat, was oft geschieht (der Ballverlust, nicht das Nachsetzen) oder der ballführende Gegenspieler mit vier bis fünf Schritten und einer Grätsche zu erreichen ist. Räume zustellen ist Essweins Sache nicht, weshalb es immer wieder (wie auf der Baba-Seite) vorkommt, dass die Gegner in Überzahl (oder eins zu eins) über die Flügel in den Augsburger Strafraum einbrechen oder eben bis zur Grundlinie laufen, um eine Flanke in den Rücken der Abwehr zu schlagen. Die Bildzeitung gab Esswein die Einzelnote 5 und drei Spielern der Abwehrreihe ebenfalls eine 5 (Verhaegh, Hong, Klavan). Der überschätzte “Linksverteidiger” Baba bekam die unerklärliche Note 4, wo eine glatte 6 angebracht gewesen wäre. Die Kölner sind nicht unbedingt bekannt für schnelles Flügelspiel. Gut möglich, dass sich das am Samstag ändert.