Festival der Kulturen: Festival-Feeling auf der Freilichtbühne
Tim Allhoff und Karolina Cicha machen Musik gegen die Trägheit der Pandemie
Von Halrun Reinholz
Die Freilichtbühne erweist sich in diesen restriktiven Zeiten als echter Segen für das auf Sparflamme köchelnde Augsburger Kulturleben. Das Festival der Kulturen fiel offiziell zwar aus, doch im Rahmen des Friedensfestes und des mit heißer Nadel gestrickten „Augsburger Stadtsommers“ konnte Girisha Fernando dem Augsburger Publikum doch ein bisschen Festival-Feeling vermitteln. Der laue Sommerabend tat sein übriges, die Stimmung in der übersichtlich und abstandsgerecht besetzten Freilichtbühne in gesittetem Rahmen anzuheizen.
Der in Augsburg wohlbekannte mehrfache Echo-Preisträger Tim Allhoff ließ seiner Rührung freien Lauf und wurde nicht müde, seine Freude über das Zustandekommen des Konzerts Ausdruck zu verleihen. In solchen Zeiten ist nichts selbstverständlich, weshalb er auch auf die streng begrenzte Zeit hinwies, die ihm für die vier eigenen Piano-Stücke zur Verfügung standen und die er dem begeisterten Publikum mit der gewohnten routinierten Hingabe präsentierte. Im Sinne der Multikulturalität des Konzepts begleitete er im Anschluss noch die Sängerin Aylin Yildirim, die mit warmem Timbre zwei kurdisch-alevitische Lieder aus Anatolien sang.
Im zweiten Teil des Konzerts war die als Multi-Instrumentalistin angekündigte (und den Augsburgern bereits vom letzten Jahr bekannte) Karolina Cicha mit ihrer Band zu Gast. Ihre Kompositionen verarbeiten die Musik ihrer multiethnischen Heimat in Ostpolen, einst Galizien, wo Polnisches mit Jiddischem, Ukrainischem, Weißrussischem und vielem anderen zusammenkommt. Von Multi-Instrumentalismus war bei charismatischen der Band-Leaderin zwar nicht viel zu sehen – das dekorativ aufgestellte Akkordeon wurde nur gelegentlich mit der linken Hand genutzt, während die rechte das Keyboard bearbeitete – doch das machten die zwei weiteren (weiblichen!) Band-Mitglieder mehr als wett, die am E-Cello und am Schlagzeug den Gesang intensiv begleiteten.
Zum explosiven Klangerlebnis trug auch das Streicherensemble der Augsburger Philharmoniker bei, das von Tom Jahn präzise und schwungvoll geleitet wurde. Der „Riesenapplaus“, den die Moderatorin mehrfach einforderte, kam auch unaufgefordert von Herzen, auch wenn er nicht durch eine Zugabe belohnt werden konnte. Wieder mal ein bisschen Normalität im Kulturgenuss. Oder wenigstens ein Schritt in die Richtung.