Bischof Mixas Tricks und Taktik
Gastkommentar zum Weltfrauentag
von Ingo-Wolf Kittel
Bischof Mixa hat am Rande der eben beendeten Frühjahrsvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz bekräftigt, dass er seine umstrittene Aschermittwoch-Rede bei der CSU in Dinkelsbühl über „Ethik und Moral in der Politik“ exakt „wieder so halten“ würde. Wessen Kenner sich sicher sind, wird so bestätigt: auch diese Rede des Oberhirten der Katholiken der Augsburger Diözese war ebenso wohlüberlegt wie in ihrem Effekt kalkuliert; denn auch damit scheint er zufrieden gewesen zu sein.
Sie ist ein beredtes Zeugnis perfider Könnerschaft. Seine wohlfeile Mahnung, das „entsetzliche und absolut singuläre“ Verbrechen der Ermordung von sechs Millionen Juden durch Deutsche für alle Zeiten als Mahnung anzusehen, „Leben und Menschenwürde jedes Einzelnen zu achten“ nutzt er dort, um ein in seinen Augen anscheinend unvergleichlich schlimmeres „Verbrechen gegen das Leben“ zu beklagen, ein Verbrechen von „unvorstellbarem Ausmaß“, dessen Opfer er allerdings bei gleicher Gelegenheit auf neun Millionen in dreißig Jahren bezifferte: die seit drei Jahrzehnten bei uns in Deutschland mögliche legale Abtreibungspraxis mit ihren „Massenabtreibungen“ (Plural!), die der Chefredakteur der Augsburger Allgemeinen Zeitung Rainer Bonhorst als serviler Sekundant umgehend aus dem Hut seiner eigenen Sprachkunst zauberte.
Die Provokation saß. Feministinnen und Frauenverbände erstarrten in Schockschweigen. Protest kam von der falschen Seite. Ihn konnte der Pressesprecher des Bistums Augsburg Christoph Goldt leicht empört zurückweisen, was ihm billig Gelegenheit bot, nachzusetzen und als selbstverständlich einzufordern, es „müsse einem katholischen Bischof zugestanden werden, dass er das Unrecht der Abtreibung in aller Deutlichkeit anspreche.“
Trick und Taktik seines Bischofs sind in der Tat mehr als deutlich: wieder und immer wieder mit Unterstützung einflußreicher Meinungsmacher als „massenhaft“ hingestellte Abtreibung so oft wie möglich und tunlichst unter unausgesprochenen Verweis auf wirklichen Massenmord wie den Holocaust als einen ebensolchen und wenn möglich noch schlimmeren erscheinen zu lassen, und Frauen, gegen deren Degradierung zu „Gebärmaschinen“ er wetterte, als ihm dies opportun schien, und die genau das nicht sein wollen, ein schlechtes Gewissen als (Massen…)Mörderinnen einzureden.
Der erfahrene Prediger kennt seine Sprache! Wenn jede absichtliche Beendigung menschliches Lebens „Mord“ genannt werden darf (nur Soldaten nicht Mörder, die mit dem Segen der Kirchen ausgebildet werden, gezielt, effektiv und massiv zu töten), selbst gewählter Freitod wie selbstverständlich deswegen als „Selbstmord“ tituliert werden kann, und der Holocaust danach ohne jede Einschränkung als „Massenmord“ bezeichnet werden muss, dann braucht die logisch zwingende Folgerung nicht noch eigens ausformuliert zu werden, dass nach derartiger Sprachregelung millionenfache Schwangerschaftsabbrüche selbstredend auch massenhafter Mord (…zu nennen!) „sind“.
„Mord ist Mord“! Jedermann versteht diese simple Botschaft – und derart undifferenziertes Gerede.
Dass die jüdischen Verbände lediglich gegen den „Vergleich“ statt die tatsächliche Gleichsetzung von Abtreibung und Massenmord an Juden durch den katholischen Bischof von Augsburg protestiert haben, beweist nur, dass auch hier der von Eigeninteressen bestimmte Blick nicht über den Rand des eigenen Tellers hinaus reicht. Dasselbe bei der Katholischen Kirche! Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch hat seine in der ersten Aufregung erhobene Forderung an seinen Mitbruder im Geiste nach „Klarstellung“ seiner Aussagen stillschweigend kassiert. Wer die Haltung der katholischen Kirche derart deutlich vertritt, kann sie selbst mit Gottes Hilfe nicht noch klarer formulieren.
» Ingo-Wolf Kittel im Augsburg-Wiki