Gewaltakt am Königsplatz: Der Prozess beginnt
Das Verfahren gegen die Verdächtigen bezüglich der Gewaltakte am 6. Dezember 2019 am Augsburger Königsplatz beginnt morgen.
Von Siegfried Zagler
Am morgigen Dienstag beginnt der Prozess gegen drei junge Männer, von denen zwei zur Tatzeit Jugendliche waren. Ein 17-Jähriger soll am 6. Dezember 2019 einen 49-jährigen Passanten mit einem Schlag dergestalt verletzt haben, sodass der Mann durch eine eingerissene Schlagader zu Tode kam. Die Staatsanwaltschaft wirft dem mutmaßlichen Haupttäter Körperverletzung mit Todesfolge vor. Die beiden anderen Angeklagten sind 18 und 20 Jahre alt. Sie stehen unter Anklage, weil sie den Freund des 49-Jährigen geschlagen haben sollen.
Die Jugendkammer des Landgerichtes verhandelt die Fälle, da zwei Angeklagte zur Tatzeit erst 17 Jahre alt waren. Vorsitzender Richter ist Lenart Hoesch. Michael Nißl vertritt die Staatsanwaltschaft. Die Kammer hat acht Verhandlungstage angesetzt und 45 Zeugen geladen. Angehörige des verstorbenen Opfers werden als Nebenkläger am Prozess teilnehmen. Den Hauptverdächtigen verteidigt Rechtsanwalt Marco Müller. Der 18-jährige Angeklagte wird von Felix Hägele vertreten, der 20-Jährige von Moritz Bode und Ulrich Swoboda.
Neben der Tragöde, dass ein Mensch auf tragische und gewalttätige Weise zu Tode kam, birgt der Fall einen Justizskandal, wie ihn die jüngere bayerische Rechtsgeschichte noch nicht erlebt hat. Eine verbale Pöbelei, ein Schubser des 49-Jährigen, ein tödlicher Schlag des Hauptverdächtigen: Daraus folgte der Tatvorwurf der Staatsanwaltschaft „Körperverletzung mit Todesfolge“. Das gilt allerdings für die heutige Aktenlage. Im Winter 2019/20 wurde von Ermittlern wie Staatsanwaltschaft der nicht nachvollziehbar der Tathergang des Totschlags angenommen.
Das ist Geschichte, doch geklärt werden sollte nun auch, wie es zu diesem Vorwurf kommen konnte, denn schließlich wurde der Tathergang von zwei voneinander unabhängigen Kamera-Systemen aufgenommen. Angeklagt sind nicht mehr alle sieben Verdächtigen, sondern (wie gesagt) nur noch drei. Vier der sieben Männer saßen monatelang unschuldig in Untersuchungshaft. Zwei saßen viel zu lange in Untersuchungshaft.
„Vom ursprünglich geschilderten Tathergang in einer viel beachteten Pressekonferenz ist in der Anklageschrift vieles nicht mehr zu finden“, wie die Augsburger Allgemeine schreibt. Dass es dazu eines Beschlusses aus Karlsruhe brauchte, ist der Skandal. Hätte einer der Anwälte nicht beim Bundesverfassungsgericht Beschwerde eingelegt, würden möglicherweise alle sieben Männer heute noch im Gefängnis sitzen. Der erste Verhandlungstag startet corona-bedingt um 9 Uhr im Gerichtsgebäude am Alten Einlass.