Hanau ist überall: Gedenken und Denkstätte
Ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis, der „Zusammenschluss Augsburger Migranten(selbst)organisationen“ (ZAM), hatte zum Gedenken an den rassistisch motivierten Anschlag von Hanau vor vier Jahren zu einer Kundgebung und Demonstration aufgerufen. Darüberhinaus kooperiert der Verein mit der Stadt Augsburg bei der ebenfalls am Montag gestarteten „Denkstätte“ im Pop-Up-Store „Zwischenzeit“ in der Annastraße.
Von Udo Legner
Am Ulrichsplatz versammelten sich etwa 500 Teilnehmende zum Gedenken des 4. Jahrestags der rassistischen Mordserie im hessischen Hanau. In den beiden Eröffnungsreden wurde darauf hingewiesen, dass es um ein würdevolles Gedenken ginge und auf Partei- oder Organisationsfahnen verzichtet werden sollte. Über die Maximilianstraße und die Hallstraße ging der Demonstrationszug zum Königsplatz und von da aus weiter zum Rathausplatz.
“#sayTheirNames“ und „#hanauIstÜberall“
Mit dem Slogan “#sayTheirNames” der bundesweit stattfindenden Kundgebungen sollen die Todesopfer in den Fokus des Gedenkens gerückt werden, und damit dem nach rechtsextremen Anschlägen weit verbreitendem Phänomen entgegenwirken, dass mehr über den Täter als über die Opfer gesprochen wird.
Ferhat Unvar, Mercedes Kierpacz, Sedat Gürbüz, Gökhan Gültekin, Hamza Kurtović, Kaloyan Velkov, Vili Viorel Păun, Said Nesar Hashemi und Fatih Saraçoğlu wurden am 19. Februar 2020 in der hessischen Stadt Hanau ermordet und weitere Menschen wurden hierbei zum Teil lebensgefährlich verletzt.
Der Anschlag richtete sich gezielt auf migrantisch markierte Menschen und ist der schwerste rechtsterroristischen Anschlag in jüngster Zeit. Er steht auf der langen Liste der rechtsradikal motivierten Gewalttaten in Deutschland, die seit der Wende unter anderem in Halle, Kassel, München, Mölln, Solingen und Rostock-Lichtenhagen verübt wurden.
Um weiteren Gewalttaten gegenüber Mitbürgerinnen und Mitbürgern mit Migrationshintergrund vorzubeugen sind alle Kommunen aufgefordert, Gegenstrategien zu entwickeln.
O-Töne zur Kundgebung : Stadtrat Serdar Akin und IB Vorsitzende Didem Karabulut
Didem Karabulut: „Die Botschaften der Angehörigen der Opfer waren sehr bewegend und z.T. berechtigt anklagend. Das gemeinsames Marschieren hat das Solidaritätsgefühl verstärkt und die Pausen dazwischen haben Raum für Reflexion geboten. Besonders erfreulich war der hohe Anteil Jugendlicher und besonders auffällig war für mich das große Polizeiaufgebot.“
Serdar Akin: “Es ist ein wichtiges Zeichen, dass so viele Menschen im Herzen Augsburgs zusammengekommen sind, um der Opfer der rassistischen Morde in Hanau zu gedenken. Wir alle müssen dafür sorgen, dass die Erinnerung wachbleibt. Sie mahnt uns dazu an, politisch und gesellschaftlich entschlossen gegen Rassismus und Rechtsextremismus zu handeln.”
Von der Kundgebung zur „Denkstätte: Erinnern, Lernen, Verändern“
Anlässlich der Wochen gegen Rassismus (11. – 24. März) bespielt das Büro für gesellschaftliche Integration den Pop-Up-Store und Experimentierraum „Zwischenzeit 2.0“ in der Annastraße 16 mit dem neuen Format „Denkstätte: Erinnern, Lernen, Verändern“. Eröffnet wurde der Ort zur Erinnerung und Aufklärung am 19. Februar mit einem stillen Gedenken an die Opfer des rassistisch motivierten Anschlags in Hanau.
Bürgermeisterin Wild: Ort zum Umdenken
„Mit der Denkstätte wollen wir über gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit und vor allem ihre Folgen aufklären. Das vielfältige Programm lädt Augsburger Bürgerinnen und Bürger zum gleichzeitigen Erinnern und Lernen ein. Wir schaffen einen temporären Gedenk- und Lernort, um die Menschen zu berühren und zum Umdenken zu bewegen“, so die Bürgermeisterin.
Bleibt zu wünschen, dass auch möglichst viele Schulklassen diese Denkstätte aufsuchen und zudem von den vielfältigen Angeboten der sich anschließenden Internationalen Wochen gegen Rassismus sowie des partizipativen Just Kids Festivals profitieren.
Weitere Infos: www.augsburg.de/gegen-rassismus und https://www.pop-poetry.de/programm.html