Internationale Ballett- und Tanzgala im Martinipark
Seit Jahren bietet die Sparte Ballett des Augsburger Theaters den Freunden des Tanztheaters eine hochkarätige Gala mit Tänzerinnen und Tänzern aus aller Welt. Auch die Ballettgala 2025 erfreute das Publikum mit einer grandiosen Mischung aus Bewährtem und Innovativem.
Von Halrun Reinholz
Riva & Repele Dance Company: »Old Land«
„Nach der Ballettgala ist vor der Ballettgala“ – darauf weist Ballettdirektor Ricardo Fernando gleich zu Beginn seiner Moderation unmissverständlich hin. Ein solches Ereignis muss logistisch minuziös und mit langem Vorlauf geplant werden, denn die Terminkalender der Künstler sind oft Jahre im Voraus gefüllt. Alles nicht neu für das Augsburger Ballettpublikum, denn die Ballettgala ist bereits eine eingeführte Institution. Der frühere Ballettdirektor Robert Conn hatte damit begonnen. Zunächst war es als spielerisches Treffen von Tänzern gedacht: „Dance Among Friends“. Doch der Zuspruch war groß und irgendwann wurden es zwei Vorstellungen, die jeweils im Nu ausverkauft waren. Conns Nachfolger Ricardo Fernando dockte sofort an und setzte der Ballettgala seinen eigenen Stempel auf. Die Grundidee blieb: Tänzerinnen und Tänzer aus aller Welt sollten dem Augsburger Ballett-Publikum gemeinsam mit dem hauseigenen Ensemble die Vielfalt des Tanztheaters zeigen.
Karina Moreira & Norton Fantinel (Arles Youth Ballet Company), »Under my Skin«
Vielleicht liegt es auch daran, dass die Augsburger Theaterbesucher keine Berührungsängste mit dem Ballett haben. Ganz im Gegenteil, die Aufführungen des Tanztheaters sind oft schon vor der Premiere ausverkauft. Und die beiden Vorstellungen der Ballettgala im Martinipark waren es diesmal natürlich auch wieder – am Ostersonntag und Ostermontag, also zu nicht unbedingt familienfreundlichen Terminen.
Gleich zu Beginn stellte Ricardo Fernando die Gästegruppen (zumeist Paare) aus allen Himmelsrichtungen vor. Dass „Ballett und Unfälle nah beieinanderliegen“ musste er auch verkünden, denn vom Londoner Royal Ballet war nur Reece Clarke angereist, ein Vollblut-Tänzer, Jüngster von vier Brüdern, die alle Tänzer wurden, wie der Moderator mit Hochachtung zum Besten gab. Seine Partnerin fiel wegen einer Verletzung aus, doch Reece zeigte mit vollem Einsatz sein solistisches Können in „Dance oft he Blessed Spirits“ nach Musik von Gluck und im zweiten Teil in „La Bayadère“ von Ludwig Minkus. Ein Combi-Pack der Wiener und Pariser Oper bildete das großartige Paar Sae Yun Park und Denys Cherevychko, die im ersten Teil nach Musik von Ravel und im zweiten Teil hoch klassisch „Le Corsaire“ nach Petipa tanzten. Mackenzie Brown und Adhonai Soares da Silva vom Stuttgarter Ballett erfreuten das Publikum mit dem Tanz des Schwarzen Schwans aus Tschaikowskys Schwanensee mit bewährter Petipa-Choreografie, zeigten sich im zweiten Teil aber modern mit „A Dialog“ in der Choreografie von Roman Novitzky zu Musik von Nina Simone. Bianca Teixera und Lorenzo Alberti vom Ballett der Semperoper Dresden glänzten im ersten Teil mit PATH, einer Choreografie zu Musik von Antonio Vivaldi, um im zweiten Teil den „Black Swan“ aus Tschaikowskys Schwanensee in einer ganz ungewöhnlichen Choreografie von Marco Goecke zu präsentieren. Das junge Tänzerpaar Karina Moreira und Norton Fantinel war von der Arles Youth Ballet Company gekommen und zeigte zwei moderne Choreografien: „Love Fear Loss“ nach der Musik von Charles Dumont und „Under my Skin“ auf die Musik von Frank Sinatra. Ein außergewöhnliches Ensemble ist die „Riva & Repele Dance Company“: Sasha Riva aus Virginia und Simone Repele aus Turin studierten beide an der Ballettschule von John Neumeier in Hamburg und gründeten vor einigen Jahren ihre eigene Kompanie für außergewöhnliche kreative Produktionen. In Augsburg zeigten drei auf alt geschminkte und sich teilweise entsprechend bewegende Tanzpaare die Choreografie „Old Land“.
Schlussapplaus im Martinipark mit allen Beteiligten (Fotos: Jan-Pieter Fuhr)
Den Rahmen für die Darbietungen der Gäste bildete das komplette hauseigene Ensemble mit Kostproben aus aktuellen Produktionen. Dass sich Fernandos Tänzerinnen und Tänzer auf dem internationalen Parkett nicht verstecken müssen, wird auch bei dieser Gala-Vorstellung mehr als deutlich. Der Ballettdirektor wies aus diesem Anlass auch darauf hin, wie wichtig es ihm ist, den Tänzerinnen und Tänzern Perspektiven für die Zeit nach der (vergleichweise kurzen) aktiven Tanzlaufbahn zu eröffnen. Das Format „New Comer“ bietet in jeder Spielzeit drei Mitgliedern des Ensembles die Möglichkeit, selbst zu choreografieren. Von der aktuellen Produktion, die Ende März Premiere hatte, wurde je eine Kostprobe präsentiert. Aus der eigenen „Küche“ stammte auch der Pas de deux „State of Mind“ , Teil des Kammertanzabends „Made for Two. Reloaded“. Lucie Horna und Mateo Mirdita zeigten da eine Choreografie von Ricardo Fernando auf Musik von Max Richter. Bemerkenswert auch der solistische Auftritt von Fatima Lopez Garcia, ebenfalls Ensemblemitglied des Tanztheaters. Als Andalusierin beherrscht sie den Flamenco und führte mit „Raices“ eine Choreografie nach Musik von Santiago Lara vor, die Modern Dance und Flamenco kongenial verknüpfte. Zum Abschluss der Gala tanzte das Augsburger Ensemble „Bonds“, eine Choreografie von Andonis Foniadakis nach Musik von Ludovico Einaudi, die Teil eines weiteren bewährten Formats des Tanztheaters ist: „Dimensions of Dance“, mittlerweile bereits als „Nr. 5“ vorhanden, holt regelmäßig bekannte Choreografen mit kreativen Ideen auf die Augsburger Ballettbühne.
Der Applaus des Publikums zeigte: Es war wieder ein grandioses Tanzfest für alle Sinne. Fernando bedankte sich bei allen Mitwirkenden vor und hinter der Bühne, die für so eine Gala Unglaubliches leisten müssen. Und, ja, er konnte bereits den Termin für die Ballettgala 2026 verkünden, denn seine Assistentin Carla Silva und er sind längst wieder am Planen. Nach der Ballettgala ist eben vor der Ballettgala.