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Freitag, 22.11.2024 - Jahrgang 16 - www.daz-augsburg.de

Meinung

Kommentar: Eine Brandmauer für Aiwanger!

Das “Aiwanger-Flugblatt” beinhaltet einen der widerlichsten Texte, die je in deutscher Sprache nach 1945 verfasst wurden. Hubert Aiwangers älterer Bruder hat sich gestern als Autor geoutet und somit Bayerns Wirtschaftsminister entlastet. Hubert Aiwanger ist demnach nicht der Autor. Sollte das zutreffen, bleibt aber immer noch die Frage offen, warum Hubert Aiwanger diese ekelhaften Pamphlete in der Schultasche mit sich trug. Doch wohl nicht, um die Texte verschwinden zu lassen.

Kommentar von Siegfried Zagler

Bei einem Text mit diesem abscheulichen Ausmaß ist es nicht mehr möglich, die Begrifflichkeit “Jugendsünde” zu bemühen. Mag bisher die Frage nach der Autorenschaft dieser Ungeheuerlichkeit im Vordergrund gestanden haben, sollte nun in der politischen Wertung eine Rolle spielen, dass die Leistung der SZ-Reportage nicht darin bestand, dass sie Hubert Aiwanger dieses Pamphlet zuordnete, sondern darin, dass sie ein politisches Psychogramm erstellt hat, das den Nachweis liefert, dass Aiwanger rechtsradikale und verschwörungstheoretische Wurzeln hat. Mit dieser Irrläufer-Vita ist Hubert Aiwanger selbst im rechtskonservativen Lager nicht mehr haltbar. Die CSU und der Bayerische Ministerpräsident Markus Söder sollten schnell reagieren und eine erneute Koalition mit der Aiwanger-Partei kategorisch ausschließen. Auch eine Entlassung als Wirtschaftsminister sollte auf Söders Agenda stehen.

Vermutlich würde die CSU mit einer glaubwürdigen Aiwanger-Distanzierung bei der Wahl im Oktober verlorene Wähler aus der bürgerlichen Mitte zurück gewinnen und könnte sich wohl auch weitere Prozentpunkte in den Großstädten erarbeiten. Hubert Aiwanger ist nicht mehr nur die verspätete Rache der Stammtische und ein begnadeter Bierzelt-Rhetoriker, Aiwanger wurde mit der SZ-Veröffentlichung zu einem gefährlichen Rechtspopulisten decodiert. Die Freien Wähler sind als Partei noch nicht genug gefestigt, um eine Wertematrix hinterlegt zu haben, die Personen wie Aiwanger nicht zulässt. Die Freien Wähler haben einen gefährlichen Rechtspopulisten als Frontmann. Gefährlich auch deshalb, weil man befürchten muss, dass er Überflieger bleibt und nicht zur lame duck wird.

Wer das immer noch nicht wahrhaben will, schaut weg, hört weg, verharmlost und ist genau dafür unsensibel, wo höchste Sensibilität vonnöten wäre. Dass diese Sensibilität dem Klientel der Freien Wähler abgeht ist, zu befürchten. Umso wichtiger ist es, dass die bürgerlichen Parteien eine Brandmauer für Aiwanger hochziehen.