MEINUNG
Kommentar zur Kommunalwahl: Der Niedergang der Augsburger SPD hat konkret mit den hiesigen Akteuren zu tun
Warum die SPD in Augsburg stärker verlor als in anderen bayerischen Großstädten
Kommentar von Siegfried Zagler
Die Augsburger SPD-Fraktion ist von rund 26 Stadtratssitzen in den siebziger Jahren auf 9 Sitze im heutigen Stadtrat in die Bedeutungslosigkeit gestürzt. Die Analysen zum allgemeinen Niedergang der SPD haben mit dem gesellschaftlichen Wandel, der bundesweiten politischen Großwetterlage und der allgemeinen personellen Not der SPD zu tun. Die Krise der Bundes-SPD bildete sich auch bei den Kommunalwahlen in Bayern ab, weshalb es nicht in Ordnung wäre, den beispiellosen Niedergang der Augsburger SPD allein mit dem schwachen Wirken der Augsburger SPD-Akteure zu erklären.
Aber es darf kein Zweifel daran bestehen, dass es Personen sind, die sich für die schlechten Wahlergebnisse in Augsburg zu verantworten haben.
In den acht bayerischen Großstädten München, Nürnberg, Augsburg, Regensburg, Ingolstadt, Würzburg, Fürth, Erlangen geht die SPD nur in Augsburg und Würzburg am Stock. Im studentisch geprägten Würzburg liegt die SPD nur bei 9 Prozent, während Grüne und Linke in der fränkischen Residenzstadt zusammen auf fast 38 Prozent kommen.
In München, Regensburg, Ingolstadt, Fürth und Erlangen stellt die SPD den Oberbürgermeister. Wenn man Nürnberg hinzuzählt und Würzburg wegen der besonderen Wählerstruktur nicht zählt, dann lässt sich feststellen, dass in Bayerns Großstädten das Herz der Sozialdemokratie weiterhin schlägt. Dies wäre auch in Augsburg der Fall, hätte die Augsburger SPD auch nur einen Mann, eine Frau in ihren Reihen, die überzeugen könnte.
Die Stadt Augsburg war und ist nämlich (wie fast alle bayerischen Großstädte) eine SPD-Stadt, was zum Beispiel das Zwischenhoch mit 23 Sitzen bei der Kommunalwahl 2002 belegt. OB-Kandidat der Augsburger SPD war damals Paul Wengert, der den Markenkern der SPD freizulegen verstand, nämlich die Hoffnung auf soziale Gerechtigkeit.
Dass es bei der Augsburger SPD nach den Abgängen von Paul Wengert und Karl-Heinz Schneider an Führungsqualität mangelte und mangelt, ist kein Geheimnis. Weder Stefan Kiefer noch Dirk Wurm, weder Ulrike Bahr noch Margarete Heinrich besitzen inhaltliche Überzeugungskraft und eben jene sozialdemokratische Authentizität, die eine SPD-Führungsperson braucht, um jene Menschen zu erreichen, deren Herz für eine gerechtere Gesellschaft schlägt.
Und Florian Freund, der neue starke SPD-Mann in Augsburg? Dr. Freund arbeitet als Regierungsdirektor bei der Regierung von Schwaben, ist ein hoher Beamter und somit ein Teil jener Obrigkeit, von der sich das SPD-Klientiel gerne distanziert.
Soll sich die Augsburger SPD von den Tiefschlägen der zurückliegenden drei Kommunalwahlen erholen, muss sie ihr Führungspersonal austauschen. Allein schon wegen der Tradition der demokratischen Hygiene hätte Parteichefin Bahr bereits 2014 ihren Rücktritt erklären müssen. Hätten Stefan Kiefer, hätten Margarete Heinrich in die zweite Reihe verschwinden müssen. Doch Heinrich wurde Fraktionschefin, Kiefer Sozialreferent und Bürgermeister und aus dem Nichts der SPD-Verwaltung kommend wurde Dirk Wurm Ordnungsreferent.
Mit den aktuellen Führungsfiguren, die sich in einer Art Krankenstation zu einer solidarischen Überlebensgemeinschaft zusammengeschlossen haben, würde der Untergang einer ehemals die Stadt prägende politischen Kultur fortgesetzt werden. Der Niedergang der Augsburger SPD sollte nun jedoch seinen Tiefpunkt erreicht haben, was allerdings nur gewährleistet ist, wenn sich die SPD an der Spitze personell erneuert. So lautet der Wählerauftrag an die SPD, die dafür allem Anschein nach immer noch nicht bereit ist.