Meinung
Brechtfestival 2024: No Future – Format mit Zukunft!
Gastkommentar von Peter Bommas
Im Vorfeld belächelt von den Brechtexegeten, gedisst von den Brechtexpertinnen und Brechtexperten und mit leichtem Bauchgrimmen erwartet von den ob ihres Mutes wirklich zu lobenden städtischen Verantwortlichen. Und dann der Ernstfall – ein echtes Mit-Mach-Festival im Wertachviertel, am Rand von Oberhausen und nahe an Brechts heimlicher Liebe, dem Plärrer. Der Kraftklub im ehemaligen Möbelhaus als Zentrum eines neu gedachten und sorgfältig vorbereiteten Festivals, das mit Brecht nur methodisch verbunden war über seine spezielle Dialektik der Aufklärung und Negation bürgerlichen Genussdenkens.
Was zunächst verwunderte, das Programm „Körperkultur“, die Verbindung von Sport-Communities, Diskursherausforderungen, Leseabenteuer und Klubnächten – es hat sehr gut funktioniert und die zwei oder drei Theatervorstellungen mit Brechtstücken waren nettes Randprogramm. Im Mittelpunkt die Ideenwerkstatt des erfreulich uneitlen, super vernetzten und angenehm zurückgenommen agierenden Julian Warner – ein Menschenfänger, Methodenklau und Textdieb sondergleichen. Brecht hätte seine Freude an ihm – Reimen und Stehlen mitten in Augsburg, ohne Berührungsängste, mit sehr divers und interessant daherkommendem D.I.Y-Modellen, die ein überwiegend junges, queeres Publikum – und es war nie die gleiche „Bubble“ wie bei vielen Brechtfestivals zuvor – umstandslos mit Leben füllte, der Erfinder und Macher immer freundlich grinsend im Roadie-Modus mittendrin. Eine Festivalidee im Februar, die Modular ziemlich alt aussehen lässt.
Allerdings, und das lässt einen schon mit bedenklichem Kopfwackeln zurück – dieses Festival steht und fällt mit der irre guten, überzeugend minimalistisch ausgestatteten und einfach voll passenden Location! Ein 2025 als Wiederholung bzw. Fortsetzung, die noch was draufsetzt, kann man sich schwer vorstellen. Aber Julian Warner wird schon daran arbeiten, da bin ich sicher. Danke dafür!