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Mittwoch, 15.01.2025 - Jahrgang 17 - www.daz-augsburg.de

Kultur

„Hildensaga“ auf der Brechtbühne: Die Königinnen im Fokus

Die Nibelungensage wurde bereits vielfach in alle Richtungen gedreht und gewendet. Mit der „Hildensaga“ hat der österreichische Theaterautor Ferdinand Schmalz den Fokus nun (für die Nibelungenfestspiele 2022) mit klugem Witz auf die „Hilden“, die beiden Königinnen Brünhild und Kriemhild, gerichtet. Dabei werden die Schiksalsfäden auf der Brechtbühne neu gesponnen.

Von Halrun Reinholz

Die „Hilden“ solidarisieren sich gegen die patriarchale Männerwelt.

Für die Augsburger Aufführung hat Regisseur Axel Sichrowsky das Stück als Saisonauftakt inszeniert. Die Bühne ist geschickt als „Burg“ (Ausstattung: Irene Ip) angedeutet, bietet Raum für „oben“ und „unten“ und effektvolle Schrägen zum Hochklettern oder Runter­rutschen. Ferdinand Schmalz reduziert das Personal des Nibelungen­liedes auf die Haupt­akteure am Wormser Hof, hinzu kommt Brünhild aus Island und ihr Vater Wotan, seines Zeichens mephistophelischer Intrigant (herrlich gespielt von Gerhard Fiedler). Und, ganz wichtig für die Neu-Erzählung des Stoffes: Die drei Nornen (Elif Esmen, Ute Fiedler und Natalie Hünig), die versuchen, die Schicksals­fäden neu zu knüpfen. Der Knoten, an dem sie sich stoßen, ist der berühmte Streit der Königinnen vor dem Portal des Wormser Doms. Die Ursache des Konflikts liegt, wie man weiß, in der Vergangenheit, darum wird der Faden zurück­gespult nach Island, wo der helden­hafte Drachen­töter Siegfried (Paul Langemann im sparsamen Tarzan-Look mit üppigem Muscle-suit), eine unverbind­liche Liebesnacht mit Brünhild (Katja Sieder) verbringt. Da er sich nicht festlegen will, schickt sie ihn weg und Vater Wotan sorgt dafür, dass sie quasi unein­nehmbar wird. Siegfrieds Rache folgt ein Jahr später und so sieht man auf der Bühne den Braut­werbezug der Wormser nach Island schippern. König Gunther (Thomas Prazak), verschreckt und tollpatschig, fühlt sich von der Mission heillos überfordert. Seine beiden Brüder Gernot (Kai Windhövel) und Giselherr (Patrick Rupar) sorgen sich vor allem um die burgundische „Elegance“, mit der sie in der Fremde punkten wollen. Furchtlos und pragmatisch verkörpert Hagen (Sebastian Müller-Stahl) die Staatsräson. Mit Hilfe von Siegfried und seiner Tarnkappe wird Brünhild besiegt und muss sich wie eine Trophäe nach Burgund entführen lassen. Die nicht vollzogene erste Hochzeits­nacht kann sie als Triumph verbuchen, doch dann greift Siegfried wieder ein und die Schicksals­fäden führen schließlich erneut zum Wormser Domportal, wo Brünhild sich zumindest vor Kriemhild (Jenny Langner) behaupten will.

Nun werden aber die Fäden neu geknüpft und die beiden Frauen solidarisieren sich gegen die Männerwelt, die sie wie Ware behandelt: „Zwei gegen einen ganzen Hof“. Die Rache der beiden Frauen gelingt leicht, weil sie die Spielregeln kennen und wissen, wie man ein Wolfsrudel in die richtige Richtung lenkt. Herrlich absehbar die Jagdszene mit Wolfsgeheul und blutendem Hirschkopf, wo die Männer sich gegenseitig auslöschen, bevor die Frauen ihnen den Rest geben. Die burgundische „Zivilisation“ erweist sich als Schimäre, sie endet im Gemetzel.

Mit burgundischer „Elegance“ tritt die Wormser Delegation in Island auf. Fotos: Jan-Pieter Fuhr

Die fast drei Stunden dauernde Handlung wirkt durch ihre Viel­schichtigkeit in keinem Moment langatmig. Sie lebt vor allem vom großartigen Zusammen­spiel der beiden Frauen – Brünhild, die von Haus aus Kraft und Entschlossen­heit ausstrahlt, und Krimhild, die zunächst als blondes Dummchen erscheint, aber sehr schnell beweist, dass man ihr als Schwester von drei Brüdern nichts vormachen kann. Ihnen gegenüber steht die Gruppe der selbst­gerechten, Testosteron-gesteuerten Recken in trautem und vorherseh­barem Zusammen­spiel. Die feministische Wendung des Stoffes erweist sich bei Schmalz als naheliegend, ohne dass eine morali­sierende Neuinterpretation nötig ist. Ganz im Gegenteil, es mangelt der Aufführung nicht an erfrischender Komik. Zu ihrer Eindring­lich­keit gehören auch die unauf­dring­lichen Video-Unter­malungen und nicht zuletzt die großartige akustisch-musikalische Begleitung durch den vielseitigen Theater­musiker Stefan Leibold. Auch die fantasie­vollen Kostüme von Tutia Schaad verleihen dem Geschehen auf der Bühne einen eigenen Akzent. Die „Hidensaga“ in der Augsburger Aufführung ist ein vergnüg­liches Muss für jeden, der den Nibelungen­stoff für ein verstaubtes Relikt aus dem Mittelalter hält.

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