Dringender Appell: Lechallianz fordert den Stopp des Projekts „Energyfish“ im Lech
Die Lechallianz fordert die Stadt Augsburg und zuständigen Behörden in einem dringlichen Appell auf, das Projekt „Energyfish“ des Startup-Unternehmens Energyminer GmbH im Lech zu stoppen und sich konsequent für den Schutz des Lechs und seiner sensiblen Ökosysteme einzusetzen. Gleichzeitig ruft die Lechallianz die Öffentlichkeit dazu auf, sich gegen diesen ökologisch unverantwortlichen Eingriff zu stellen und sich für den Erhalt des einzigartigen Lebensraums Lech stark zu machen.
Die Firma Energyminer aus Gröbenzell möchte insgesamt 100 sogenannte „Energyfish“-Systeme im Lech auf Höhe des Augsburger Klärwerks installieren. Mittels eines solchen von dem Startup entwickelten, neuartigem Strömungskraftwerk, soll grundlastfähiger Strom auf besonders einfache Weise produziert werden können. Ein einzelner „Energyfish“ besteht aus zwei Turbinen und kann als kompaktes, schwimmendes Strömungskraftwerk in Flüssen durch die natürliche Fließgeschwindigkeit des Flusses angetrieben Strom erzeugen. Um den Strom für 300 Haushalte zu produzieren, sind 100 dieser Turbinensysteme (2,40 Meter breit, 1,40 Meter hoch, 80 Kilogramm schwer) nötig. Einen solchen Schwarm möchte das Unternehmen versuchsweise im Lech installieren. Die Lechallianz macht jetzt darauf aufmerksam, dass die magere Energieausbeute des Energyfish-Systems (100 Einzelanlagen für 300 Haushalte) das Projekt „in keiner Weise“ rechtfertigen könne und eine unverhältnismäßige Belastung für die Natur darstelle.
Stefan Zott, Sprecher der Lechallianz vor einem „Energyfish“ (Foto: Stefan Zott)
Gefahr für die Artenvielfalt und den Naturraum
Die Versprechen, welche die Firma Energyminer in der Eigendarstellung des Projekts gibt, klingen gut. Das System sei in der Lage, komplette Gemeinden mit Energie zu versorgen. Es stelle keine Gefahr für Fische dar, sei geräuschlos und unsichtbar. Es würde „im perfekten Einklang mit der Natur“ arbeiten. Die in der Lechallianz zusammengeschlossenen Umwelt- und Naturschutzorganisationen sehen das anders und warnen jetzt in einem eindringlichen Appell an Bürger und Verwaltung vor einem massiven Eingriff in das ohnehin empfindliche Ökosystem des Flusses und einer erheblichen Gefahr für die Artenvielfalt und den Naturraum.
Der in den österreichischen Alpen entspringende Lech hat nur noch sehr wenige naturnah erhaltene Abschnitte. Die Lechallianz weist darauf hin, dass gerade im Mündungsbereich der Wertach im Augsburger Norden seltene Tier- und Pflanzenarten auf intakte Flussdynamiken angewiesen seien. In dem Bereich würden nicht nur Fischarten wie Huchen, Äsche und Nase Laich-, Rückzugs- und Lebensräume finden, sondern auch viele Kleintiere, Wasservögel und Biber. Das Vorhaben von Energyminer bedrohe diesen einzigartigen Lebensraum erheblich.
Maßnahmenkombination des WWA Donauwörth zu Licca Liber III mit Abschnitt für „Energyfish“ (Bild: WWA Donauwörth)
Mangel an Transparenz und fehlende Umweltverträglichkeitsprüfung
Dem Projekt der Firma Energyminer ermangele es zudem an Transparenz, die Lechallianz nennt das besorgniserregend und inakzeptabel. Es habe keine umfassende Prüfung der Verträglichkeit und der Auswirkungen auf Tier- und Pflanzenwelt stattgefunden. Das Projekt sei deshalb nicht genehmigungsfähig. Die einzige von Energyminer vorgelegte Studie stammt aus den USA und gehe von Annahmen aus, die auf die Gegebenheiten des Lechs nicht übertragbar seien. Potenzielle Alternativstandorte seien außerdem nicht hinreichend in Betracht gezogen worden.
Widerspruch zu europäischen und nationalen Vorgaben
Die geplanten Turbinensysteme würden nur über unzureichende Schutzmechanismen für im Wasser wandernde Tierarten verfügen. Insbesondere an der Ablaufseite seien die Turbinenräder ungehindert zugänglich, wodurch Fischbestände „massiv“ gefährdet werden könnten. Außerdem könne es nicht nur um Fische gehen. Die Installation von Turbinen im Wasser stelle eine „erhebliche Störung für Wasservögel und Biber“ dar, die auf ungestörte Gewässerabschnitte angewiesen seien. Der großflächige Eingriff steht laut Lechallianz in direktem Widerspruch zu den europäischen und den nationalen Vorgaben zum Gewässerschutz und zur Förderung von Biodiversität. Das Verschlechterungsverbot der „Europäischen Wasserrahmenrichtlinie“ (EG-WRRL) untersage eine weitere Beeinträchtigung des ökologischen Zustandes des Lechs.
Der betroffene Lechabschnitt (Foto: Stefan Zott)
Widerspruch zum Renaturierungsvorhaben des Projekts „Licca liber“
Insgesamt konterkariere das Vorhaben der Firma Energyminer das Renaturierungs-Projekt „Licca liber“, das vom Freistaat Bayern, Umweltverbänden und Bürgerinitiativen getragen wird. Erst im November 2024 wurden neue Maßnahmen zur ökologischen Aufwertung des betroffenen Flussabschnitts zwischen der Wertachmündung und Ellgau im Norden von Augsburg vorgestellt. Die Installation des Energyfish-Systems wäre eine „massive Störung “ der Renaturierungsbemühungen und würde den Fortschritt der letzten Jahre gefährden.
Stadt Augsburg solle sich auf das Renaturierungsprojekt Licca liber konzentrieren
Die Lechallianz fordert die Stadt Augsburg deshalb auf, sich vorrangig darauf zu konzentrieren, den ersten Abschnitt des Projekts Licca liber (siehe unten) voranzutreiben und gemahnt an nachhaltiges und verantwortliches Denken und Handeln in gewässerökologischen Gesichtspunkten.
Weiterführende Informationen
Die Lechallianz: Die im Jahr 1997 gegründete Lechallianz ist ein breites Bündnis aus Organisationen und Vereinen zum Schutz des Lechs. Die Lechallianz informiert Entscheidungsträger in Politik und Wirtschaft sowie die Öffentlichkeit über den ökologischen Wert der Flusslandschaft des Lechs und will damit die Sensibilität für den Schutz der Flusslandschaft wecken. In diesem Sinne arbeitet die Lechallianz mit Behörden zusammen und sucht den Dialog mit Politik und Öffentlichkeit. Dem Bündnis gehören die folgenden regionalen und überregionalen Vereine und Organisationen an:
- Bund Naturschutz in Bayern
- Landesbund für Vogelschutz
- Bayerischer Kanuverband
- Kanu Schwaben Augsburg
- Fischereiverband Schwaben
- Deutscher Alpenverein
- Umweltinitiative Pfaffenwinkel
- Naturwissenschaftlicher Verein für Schwaben
- Pilzverein Augsburg Königsbrunn
- Jägervereinigung Augsburg
Das Projekt „Licca liber“: Ziel des von der Bayerischen Staatsregierung im Jahr 2013 ins Leben gerufenen Projekts ist es, den Lech zwischen der südlich von Augsburg gelegenen Staustufe 23 bis hin zur Mündung in die Donau zu stabilisieren und zu renaturieren.
https://www.wwa-don.bayern.de/projekte/licca_liber/index.htm
Ältere Artikel zum Thema in der DAZ:
Stadtrat: Geplantes Wasserkraftwerk am Lech unvereinbar mit „Licca liber“, 30.10.2023
Naturschutz contra Erneuerbare Energie, 31.10.2009