Wahlkampf: SPD bemängelt Defizite der Augsburger Kulturpolitik
Der Wahlkampf macht es möglich: Die SPD benennt eine große Schwachstelle der Augsburger Stadtregierung, nämlich die Defizite in der Kulturpolitik.
Von Siegfried Zagler
Mit Thomas Weitzel ist die Stadt Augsburg mit einem Kulturrefenten geschlagen, der kaum aktive Kulturpolitik macht, keine Vorstellungen und schon gar keine Pläne entwickelt. Dafür gibt es reihenweise Gutachten und einen städtischen Kulturentwicklungsplan, der nicht verhindern konnte, dass der Bahnpark in großen Schwierigkeiten steckt, die museale Darstellung des römischen Erbes darniederliegt, das Brechthaus inhaltlich wie baulich vor sich hinschläft, die Halle 116 nur sehr langsam als Erinnerungsort bezüglich der Naziverbrechen entwickelt wird, die Freilichtbühne sich inhaltlich wie baulich im Tiefschlaf befindet, der Streit um das Friedensfest zu eskalieren droht, das Brechtfestival künstlerisch abgestürzt ist und die Sanierung des Staatstheaters aus dem Ruder zu laufen droht.
Als wäre das nicht schlimm genug, verliert die Stadt Augsburg “kulturpolitisch Boden bei der Staatsregierung”, wie die SPD zutreffend erkannt hat und seit gestern via Pressemitteilung anprangert: “Sowohl die Situation um den Glaspalast, als auch um das Architekturmuseum stellt sich als unbefriedigend dar.”
Im Glaspalast bleibt die Stadt, nachdem sich die Bayrische Staatsgemäldesammlung zurückgezogen hat, als einsamer Mieter im ebenerdigen Museumsbereich der Walter-Immobilie zurück. Die Stadt muss nun die gesamte Miete und Betriebskosten tragen: zirka 600.000 Euro im Jahr. “So werden auf Kosten der Augsburger Bürger monatlich rund 20 000 Euro verbrannt, welche auf die Leerstände durch den Abzug der Sammlung zurückzuführen sind. Geld, das zum Beispiel für Projekte der freien Kunstszene gut angelegt wäre”, so Dirk Wurm (OB-Kandidat der SPD). Und schließlich schießt Wurm mit scharfer Munition gegen Weitzel: “Dass die Leerstände im Glaspalast keinerlei Einzug in das soeben öffentlich bilanzierte Kulturentwicklungskonzept zur Augsburger Museumslandschaft gefunden haben, lässt auf Nachlässigkeit in dem für dieses Thema verantwortlichen Kulturreferat schließen”, so Wurm.
Beim Architekturmuseum seien die Parallelen zum Glaspalast frappierend, hier zieht sich die TU München nach 25 Jahren aus der Trägerschaft des Museums zurück. “Schon über Jahre zeichnete sich ab, dass die TUM dieser Trägerschaft entweder nicht mehr gewachsen war oder ihren aus diesen erwachsenen Verantwortungen, aus anderen Gründen nicht gerecht werden wollte” so Wurm, der sich darüber echauffiert, dass diese Entscheidung bei den CSU-Verantwortlichen im Ministerium und Rathaus unkommentiert bleibe. “Es macht den Anschein, dass es jenseits des Leuchtturmprojekts Staatstheater kein Interesse mehr an unseren kulturellen Schätzen gibt.”
Am morgigen Samstag findet zur Verabschiedung des Wahlprogramms ein extra dafür einberufener Parteitag der Augsburger SPD statt. Im Entwurf, der der DAZ vorliegt, steht unter Kultur (Seite 18 ff) zum “Leuchtturmprojekt Staatstheater” folgendes: “Die schon jetzt immensen Kostensteigerungen bereiten uns Sorgen. Daher sind alle bestehenden Planungen auf den Prüfstand zu stellen, mit dem Ziel, ein qualitätvolles, den Ansprüchen einer vielfältigen Großstadt zu genügen und für die Stadtgesellschaft finanziell leistbares Staatstheater zu erhalten.”
Das ist eine Aussage, die die bisherige Planung in Frage stellt und den Sanierungsgrundsatzbeschluss des Stadtrats unter der Voraussetzung eines Kostendeckels von 187 Millionen verfestigt. Die SPD schreckt auch nicht davor zurück, in ihrem Wahlprogramm inhaltliche und personelle Vorstellungen zum Theater zu formulieren, die die laufenden Betriebskosten deutlich nach oben schrauben würden: “Das Augsburger Staatstheater eröffnet neue Perspektiven für die Stadt: dazu gehören internationale Gastspiele, ein größeres Orchester, Kompositionsaufträge an namhafte Komponisten und junge Talente. Wir fordern, dass die Theaterpädagogik deutlich ausgebaut wird. Das Repertoire des Staatstheaters soll sich für breitere Publikumsschichten öffnen und verstärkt Kooperationen enthalten.”
Einen großen Raum nimmt bei den Genossen auch das Brechtfestival ein, das fortentwickelt werden soll. Sie setzen sich dafür ein, den Augsburger Bert-Brecht-Kreis mit einem Vertreter/einer Vertreterin in die Jury für sein Engagement zu würdigen. Eine Forderung, die die jahrelangen Querelen zwischen den Bündnispartnern (CSU/SPD/Grüne) bezüglich dieser Jurybesetzung dokumentiert. Inhaltlich werden die zurückliegenden Brechtfestivals mit folgender Forderung kritisiert: “Eine Festivalzentrale ist erforderlich.”
Bahnpark und Freilichtbühne sind bisher im SPD-Wahlprogramm unberücksichtigt.