Halle 116: CSU distanziert sich von Gesprächsnotiz der Denkort-Initiative
Einer veröffentlichten Gesprächsnotiz der Initiative Denkort zu einem Besuch bei der CSU widerspricht die CSU-Stadtratsfraktion vehement. Die SPD spricht in einem anderen Zusammenhang von “Unterstellungen und falschen Behauptungen”.
Auf Einladung der CSU-Fraktion waren am 13. März Vertreter der Initative Denkort zu Gast, um über die Halle 116 im Zusammenhang mit der Erinnerungskultur zu sprechen: Dietmar Egger (Bürgeraktion Pfersee), Peter Feininger (forumaugsburg) und Ringo Reinhardt (Regionalverband Deutscher Sinti & Roma Schwaben). Die Initiative veröffentlichte ohne Absprache eine nachträglich erweiterte, sechsseitige „Gesprächsnotiz“. „Die Zitate sind verkürzt und sinnenstellend wiedergegeben“, stellt Fraktionschef Bernd Kränzle klar. „Von unserer Seite wurde ebenfalls Protokoll über den Gedankenaustausch zwischen Fraktion und Gästen geführt, aber selbstverständlich nichts veröffentlicht – schon gar nicht ohne Absprache.“
Kein seriöser journalistischer Stil
Die redaktionelle Veröffentlichung der Gesprächsinhalte ist aus Sicht der Gastgeber kein seriöser journalistischer Stil. „Über eine gemeinsame Presseerklärung hätte man sich ja unterhalten können“, so Kränzle. Richtige Protokolle dagegen würden von einem bestellten Schriftführer angefertigt und danach von den Teilnehmern freigegeben. „Das ist leider nicht erfolgt, sondern einfach etwas zusammengeschrieben und veröffentlicht worden“, das einen völlig falschen Eindruck der Stoßrichtungen in dem Gespräch vermittelt. Kränzle nennt zwei Beispiele.
Erstes Beispiel: In der Gesprächsnotiz der Initiative heißt es: „Der Kulturreferent gab dann zu bedenken, dass die Vereine, die in die Halle 116 gehen würden, auch Geld wollten oder bräuchten. Weitzel glaubte, hier schon vorbauen zu müssen: ‚Wir können nicht jeden kulturellen Verein finanzieren.‘ Die Denkort-Initiative hielt ihm entgegen, dass der Regionalverband der Sinti und Roma nicht „irgendein“ Verein sei, sondern eine wichtige Opfergruppe, die jetzt endlich, nach Jahrzehnten der Ablehnung, als solche überhaupt in Erscheinung treten könne und um Anerkennung kämpfe.“
Tatsächlich habe Thomas Weitzel auf eine Bemerkung Ringo Reinhardts reagiert, der von der Notwendigkeit einer eigenen Büro-Infrastruktur für seinen Regionalverband Deutscher Sinti & Roma Schwaben sprach. Weitzel erklärte, dass es von der Stadt keine Kostenzuschüsse für Geschäftsräume und Büros geben werde, wenn Vereine in der Halle 116 eine eigene Dauerausstellung machen wollen. Explizit wies der Kulturreferent sogar darauf hin, dass niemand den Sinti und Roma das Recht abspreche, ihre Geschichte darzustellen. „Die Darstellung in der Gesprächsnotiz ist irreführend“, so Weitzel.
So verkürzt wie falsch
Als zweites Beispiel führt Kränzle folgende Gesprächsnotiz der Initiative an: „Thomas Weitzel glaubte ferner, den Verband der Sinti und Roma belehren zu müssen, sie sollten aufpassen welche Geschichte sie da erzählen und an welchem Ort, und er forderte Aufrichtigkeit beim Verband der Sinti und Roma ein. Man konnte diese eigenartige Aussage eigentlich nur so werten, dass nach Weitzel die Gefahr bestehe, dass die Sinti und Roma historisch falsche Geschichten erzählen und es an Aufrichtigkeit mangeln lassen – also die Halle 116 exklusiv für ihre eigene, einseitig erzählte Opfergeschichte instrumentalisieren wollten.“
„Das erste ist wieder so verkürzt wie falsch und das zweite eine absurde Interpretation“, erklärt der damalige Gesprächsleiter Bernd Kränzle. Reinhardt habe einen eigenen Denkort in der Halle 116 für den Verband der Sinti und Roma angeregt, worauf Weitzel eingegangen sei. Der Kulturreferent habe gesagt, „eine gesonderte Kontextualisierung des Schicksals und der Verfolgungsgeschichte der Sinti und Roma in der Halle 116 ist dem Ort historisch nicht angemessen“. Weiter habe es geheißen, wenn man an die vielen anderen Erinnerungsorte denke, etwa Dachau und München, sei die Positionierung als Lernort in einer Nische wichtig. Die Leitplanken stellten das Konzept von Professor Gassert dar, in das man auch in angemessener Form das Schicksal der Sinti und Roma beispielsweise mit einem eigenen Kapitel in die Gesamtkonzeption integrieren könne.
Behauptungen sind verletzend
„Es handelt sich um eine Frage der Erinnerungskultur“, erklärt Stadtrat Andreas Jäckel (CSU). Weitzel habe mit guten Gründen gewarnt, man müsse aufpassen, welche Dokumentation im Erinnerungsort Halle 116 stattfinden solle. „Da sollte nichts überfrachtet werden, darum ging es“, stellt Jäckel klar. Die Darstellungen der Initiative ergäben ein schiefes Bild, das überhaupt nicht den Aussagen des Referenten gerecht würden. „Niemand hat unterstellt, dass Opferverbände ‚falsche Geschichten‘ erzählen“, so Jäckel. Die Behauptungen der Gesprächsnotiz seien verletzend. Denn die CSU-Fraktion sei sich mit dem Kulturreferenten einig gewesen, dass ein kulturpolitischer Impuls für einen Erinnerungsort der dunklen Jahre Augsburgs so wichtig wie richtig wäre.
Der CSU-Fraktionsvorsitzende Bernd Kränzle widerspricht auch dem in der Gesprächsnotiz von der Initiative konstruierten Gegensatz zwischen Baureferent Gerd Merkle und Kulturreferent Weitzel: „Es gibt keinen Dissens. Die Zusage am Ende des Gesprächs war, dass der Kulturreferent bereit ist, nach der ausstehenden denkmalrechtlichen Beurteilung mit allen Beteiligten das weitere Vorgehen abzustimmen.“ Nach dem Bescheid des Landesamts für Denkmalpflege könne man den Wert des Areals taxieren und dem Stadtrat eine Kaufempfehlung geben. Kränzle zitiert abschließend ausnahmsweise aus dem Protokoll der Fraktion: „Die politischen Vertreter sehen sich in der Verantwortung, und werden sich dieser auch stellen.“
Die Vertreter der Initiative Denkort besuchten auch die Fraktion der Grünen und fertigten zu diesem Besuch ebenfalls Gesprächsnotizen an, die sie ins Netz stellten. Dazu gab es von den Grünen keine Distanzierung. Anders sieht es bei der SPD aus, die ebenfalls auf Distanz zur Initiative geht und einen Vorgang, der von der Bürgerinitiative einhellig als “grundrichtig” bewertet wurde und wird, nämlich Schafitels Antrag auf Erteilung von Denkmalschutz für das Gebäude, als “wenig hilfreich” einstuft.
SPD widersetzt sich den “teilweise irreführenden und falschen Behauptungen”
“In diversen Berichterstattungen war nun von einer erfolgten Privatisierung des Gebäudes und einer Abwendung des Stadtrats von den bisherigen Überlegungen die Rede. Das ist jedoch nicht der Fall”, wie es in einer SPD-Stellungnahme heißt. Weiter heißt es im SPD-Text: “Die SPD-Fraktion widersetzt sich den teilweise irreführenden und falschen Behauptungen. So stellt die kulturpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion Gabi Thoma nochmals klar: „Weder ist das Gebäude 116 verkauft noch existieren beschlossene Überplanungen des Stadtrats dafür.“
Der Stadtrat habe zuletzt beschlossen, Ideen zur teilweisen Nutzung des Gebäudes anzusehen, um auch Einnahmen zur Umsetzung der Denkort-Idee in der großen Halle aus dem Jahr 1936 zu erhalten. Auch die Exponate des Vereins „Amerika in Augsburg“ sollen hier eine Rolle spielen.
„Bislang sind in den letzten 15 Jahren mehrere Konzepte zur Realisierung des Denkorts mangels tragfähiger Finanzierung gescheitert“, so Bürgermeister Stefan Kiefer, der die gesamte Zeit die Frage der Weiterentwicklung des Gebäudes im Stadtrat mitverfolgt habe. – „Vor diesem Hintergrund ist es sinnvoll und geboten, Lösungsansätze erst mal anzusehen und zu prüfen, ehe sie schon im Vorfeld pauschal abqualifiziert werden“, so Angela Steinecker und Anna Rasehorn, die als Pferseer Vertreterinnen für die SPD im Stadtrat sitzen.
„Manche Unterstützer der Idee des Denkortes sollten überlegen, ob sie mit Unterstellungen und falschen Behauptungen die Idee des Denkorts wirklich würdig voranbringen können. – Wenig hilfreich dürfte der Antrag auf Erteilung von Denkmalschutz für das Gebäude sein: u.a. werden Maßnahmen zur Barrierefreiheit deutlich erschwert, die Auflagen haben Auswirkungen auf die Gestaltung des Außenbereiches und ein Denkmalstatus hätte keinerlei Auswirkungen auf die Gestaltung der Ausstellung. Dazu kommt eine erhebliche Verzögerung.”
Die SPD-Fraktion jedenfalls verfolge “das sogenannte Gassert-Konzept für den Denkort, das neben der KZ-Vergangenheit auch die Präsenz der US-Amerikaner in Augsburg zum Gegenstand haben soll”, so die drei Stadträtinnen unisono.