Kaiser Maximilian und Augsburg: Eine große Ausstellung geht zu Ende
Am kommenden Sonntag, den 15. September, findet in Augsburg im Maximilianmuseum eine bemerkenswerte Ausstellung ihr Ende. Kein Augsburger, der Interesse für die Geschichte der Reichsstadt am Lech besitzt, sollte sich die Gelegenheit entgehen lassen, falls er das noch nicht getan hat, diese Ausstellung zu besuchen. DAZ-Autor Helmut Gier bewertet die Ausstellung als “eine großartige Schau, die unterschiedliche Facetten des Verhältnisses des Kaisers Maximilian zu Augsburg lebendig werden lässt.”
Von Dr. Helmut Gier
Wenn geschichtsbewusste Augsburger an die glanzvollste Epoche ihrer Vaterstadt denken, dann sprechen (oder sprachen?) sie gerne von der „aetas Maximilianea“, der Ära Kaiser Maximilians – von dem goldenen Zeitalter Augsburgs. Dass der Herrscher und sein berühmter Bankier, Jakob Fugger, im selben Monat März des Jahres 1459 geboren worden waren, schien geradezu ein Symbol dafür zu sein, dass der Aufstieg des Hauses Habsburg zur Großmacht und der Augsburgs zur Finanz- und Handelsmetropole sowie heimlichen Hauptstadt des Reichs unauflöslich ineinander verwoben waren. Die runden Jubiläen der Geburts- und Todestage des Herrschers sind deshalb wie in keiner anderen deutschen Stadt unumgängliche Anstöße, sich der einstigen Größe zu vergewissern.
Anlässlich des 500. Todestags Kaiser Maximilians haben die Städtischen Kunstsammlungen die Aufgabe übernommen, in einer großen anspruchsvollen Ausstellung dieses goldene Zeitalter vor Augen zu führen. Mit einer Fülle von großartigen Kunstwerken und historischen Zeugnissen ist es ihnen gelungen, im Maximiliansmuseum eine überaus sehenswerte Schau zusammenzustellen, die unterschiedliche Facetten des Verhältnisses von Kaiser Maximilian zu Augsburg lebendig werden lässt.
Wenn die Rede auf Kaiser Maximilian und Augsburg kommt, dann wird als erstes die Tatsache erwähnt, dass er in keiner anderen Stadt des Reichs nach Innsbruck mehr Zeit verbracht habe als in der Reichsstadt am Lech, insgesamt über zwei Jahre und 10 Monate. Er erwarb hier, wie eine Urkunde als Exponat belegt, sogar ein Haus, sodass er in der Tat zum „Bürger zu Augsburg“ wurde, wie es im Untertitel der Ausstellung heißt. Ein erheblicher Teil der Schau widmet sich daher seinen Aufenthalten in der Stadt und den Beziehungen zu Vertretern der führenden Gesellschaftsschichten, die im Bild vorgestellt werden. Urbanes und höfisches Leben gehen ineinander über, Bankette, Bälle, Maskeraden, Turniere und Schützenfeste werden mit kostbaren Tafelbestecken, Harnischen sowie gemalten und gezeichneten Darstellungen veranschaulicht.
Großen Raum in der Ausstellung nimmt Augsburgs Anteil an der Kunst der Maximilianszeit ein. Ein überragender Stellenwert kommt dabei der Arbeit an seinem Ruhm- und Gedächtniswerk zu, das er wie kein anderer deutscher Herrscher vor ihm als Propagandist seiner selbst und seines Geschlechts mit zahlreicheno Aufträgen an Gelehrte, Maler, Bildhauer, Holzschneider und Drucker voranzutreiben suchte. In der Basilika St. Ulrich und Afra sollte sogar ein Reiterstandbild des „letzten Ritters“ aufgestellt werden, das aber unvollendet blieb und von dem nur noch eine, die Umschlagvorderseite des Katalogs zierende, eindrucksvolle Federzeichnung Hans Burgkmairs d. Ä. als Entwurf zeugt.
Der Staatsmann, Politiker und Feldherr Maximilian tritt neben dem Bürger und Auftraggeber für Künstler sowie Organisator seines Nachruhms in der Ausstellung etwas zurück. Konrad Peutinger ist in ihr deshalb präsenter als Jakob Fugger, auch wenn die berühmte Wahlkostenrechnung für die Wahl Karls V. gleich zu Beginn gezeigt wird und mit detailreichen farbigen Federzeichnungen ein Eindruck vom Tiroler Bergbau vermittelt wird. Wichtige, die europäische Geschichte prägenden Ereignisse werden durchaus vor Augen geführt, wie etwa die burgundische Hochzeit mit einer zarten Zeichnung des jungen Brautpaars Maximilian und Maria von Burgund.
Eine ungefähre Vorstellung von der historischen Bedeutung des Kaisers, seiner Stellung in der europäischen Geschichte setzt die Ausstellung aber voraus. Es ist nicht ihr Ziel, ein rundes Bild von der Herrschergestalt in der Auseinandersetzung mit anderen Mächten und Kräften zu vermitteln. Auch der Katalog enthält keine noch so knappe Gesamtdarstellung des Kaisers, eine kurze Übersicht über einige wichtige Daten auf einer Tafel am Anfang der Ausstellung muss hier genügen.
Folgerichtig verzichtet die Ausstellung auf eine chronologische Anordnung der Exponate. Sie setzt vielmehr mit dem Tod des Kaisers ein, was dem Anlass des 500. Todestags geschuldet ist. Das erlaubt einen Paukenschlag zu Beginn mit einem der eindrucksvollsten Stücke überhaupt, dem großen Totenbildnis des Kaisers. Dafür reißt die Ausstellung aber Zusammengehörendes weit auseinander, verteilt es durch die schwierigen räumlichen Verhältnisse für Sonderausstellungen im Maximilianmuseum sogar auf weit auseinanderliegende Stockwerke. Denn die unmittelbarste Beziehung zu Augsburg nach dem Tod des Kaisers am 12. Januar 1519 in Wels besteht darin, dass bei den Feierlichkeiten am darauffolgenden Sonntag der Prior des Augsburger Dominikanerkirche, Dr. Johann Faber, die Leichenpredigt auf Maximilian hielt. Zu bedauern ist übrigens, dass das schöne, von Holbein d. Ä. gezeichnete Portrait dieser dem Kaiser so nahestehenden Persönlichkeit in der Ausstellung nicht gezeigt wird.
Diese Leichenrede Fabers wurde gedruckt, sie ist allerdings nicht in der Nähe des Totenbildnis ausgestellt, sondern zusammen mit den Werken zum Ruhm und Gedächtnis des Kaisers. Der Druck enthält nämlich Abbildungen des einzigen Denkmals für Maximilian, das zu seinen Lebzeiten vollendet wurde und sich noch am ursprünglichen Ort befindet: die Gedenksteine für Maximilian und seinen Sohn Philipp in der ehemaligen Augsburger Dominikanerkirche St. Magdalena, die „Fier Gulden Stain“, zu denen noch Epitaphe für seine Enkel Ferdinand und Karl gehören. Der Ausstellungskatalog enthält prachtvolle ganzseitige Abbildungen dieser vier Gedächtnistafeln.
Dass diese Kirche, deren Errichtung in den Jahren 1513 bis 1515 der Kaiser gefördert hat und zu deren Erbauer er in enger Beziehung stand, mit diesem Denkmal im Maximilianjahr als Baustelle nicht zugänglich ist, erscheint unverzeihlich. Eigentlich hätte die Kaiser Maximilian und Augsburg gewidmete Schau in dieser so lange als Ausstellungsort genutzten Kirche stattfinden müssen. So kann jedem Geschichtsfreund nur empfohlen werden, noch die Ausstellung im Maximilianmuseum zu besuchen und sich den gewichtigen und profunden Katalog zu besorgen, dort kann er auch Abbildungen der geplanten und vollendeten Denkmäler für den Kaiser bewundern, der wie kein anderer den Augsburgern ans Herz gewachsen ist.