Lokalpolitik
Soziale Fraktion stellt Stadtregierung schlechtes Zeugnis aus
Im Rahmen ihrer am Freitag abgehaltenen Pressekonferenz gingen Stadträte der SPD und der Linken in ihrer Halbzeitbilanz hart mit der der Stadtregierung ins Gericht. Man könne keinen politischen Plan erkennen. Es werde mehr verwaltet als gestaltet. Bereits nach drei Jahren sei das schwarz-grüne Regierungsbündnis ein Auslaufmodell.
„Die Stadtregierung sei 2020 als Pilotprojekt angetreten. Die Oberbürgermeisterin und ihre schwarz-grünen Koalitionäre hätten dabei ihre Koalitionsvereinbarung wie eine Monstranz als wegweisend vor sich hergetragen.” So begann der Fraktionsvorsitzende Dr. Florian Freund sein Statement. Die Oberbürgermeisterin habe immer wieder betont, dass man in der Staatskanzlei in München gespannt auf das neue Bündnis in Augsburg blicke. „Wenn dem so war“, so Freund, „dann müssen wir nach drei Jahren feststellen, dass München sich inzwischen kopfschüttelnd abgewendet hat“. Immerhin, so Freund weiter, habe das schlechte Beispiel wohl mit dazu beigetragen, dass schwarz-grün auf Landesebene in Bayern heute nahezu ausgeschlossen sei. „Wir erleben eine schwarz-grüne Stadtregierung, die immer wieder bemüht ist, Geschlossenheit zu demonstrieren. Das gelingt in letzter Zeit immer häufiger nur durch Machtworte, mit denen die Fraktionsvorsitzenden die Risse im Bündnis noch zudecken. Insgesamt hat diese Stadtregierung nach den ersten drei Jahren aber schon keine Zukunft mehr in Augsburg.“
Nach drei Jahren hat diese Stadtregierung keine Zukunft mehr in Augsburg
Das liegt nach Auffassung der größten Oppositionsfraktion auch daran, dass „die Hauptprotagonisten der Stadtregierung reine Verwalter sind, die keinen gemeinsamen Plan haben, wo sie mit unserer Stadt hinwollen.” Durch diese Arbeitsweise würde keine Idee entstehen, was für Augsburg wichtig wäre und wie wir unsere Stadt gut in die Zukunft bringen könnten.
Im Baubereich stelle der scheidende Baureferent fest, dass ein Stillstand drohe und die Neubautätigkeit zum Erliegen kommen könnte. Neben der Zinspolitik und den steigenden Baukosten bewertet Freund auch auf städtischer Seite Hemmnisse für den Wohnungsbau. „Die neue Stellplatzsatzung trägt zum Beispiel mit zur Stagnation im Wohnungsbau bei“, so Freund. Man würde mit unseren eigenen Regeln das Bauen in Augsburg noch teuer machen. “Das konnte man in den vergangenen zehn Jahren vielleicht noch akzeptieren, weil die Immobilienentwicklung boomte. Jetzt brauchen wir möglicherweise ein Umdenken und auch bei den städtischen Bauvorschriften Regelungen mit Ziel und Maß.”
Auch bei der Bürgerbeteiligung wollen SPD und Linke mehr tun. „Die Frau Oberbürgermeisterin hat eine stärkere Bürgerbeteiligung versprochen. Von den im Wahlkampf von der CSU angekündigten Bezirksausschüssen ist Gottseidank nichts mehr zu hören. Außer Bürokratie wäre da nichts herumgekommen. Allerdings zeigt das, was wir in den letzten drei Jahren erlebt haben, einmal mehr die Ideen- und Kraftlosigkeit der Stadtregierung. Es hat nichts mit Bürgerbeteiligung zu tun, wenn ich die Bürgerinnen und Bürger ein paar Mal im Jahr völlig ergebnislos zusammenkommen lasse und die OB die gute Zuhörerin mimt. Das mag als Marketing-Instrument geeignet sein. Eine echte Bürgerbeteiligung sieht anders aus. Wir wollen Beteiligungsformate, bei denen die Bürgerinnen und Bürger tatsächlich etwas für Ihren Stadtteil entscheiden können. Wir wollen Stadtteilforen oder -konferenzen, die beispielsweise mit einem bestimmten Budget ausgestattet werden, um Entscheidungen in ihrem Stadtteil auch tatsächlich umsetzen zu können”, so Freund.
Stillstand und Ambitionslosigkeit sieht die Fraktion auch in der Wirtschafts- und Sportpolitik
„Im Bereich der kommunalen Wirtschaftspolitik gäbe es viel zu tun. Natürlich haben wir nur einen sehr begrenzten Einfluss und können als Stadt nicht alleine dafür sorgen, dass Global Player sich mit großen Werken in Augsburg und der Region ansiedeln. Es gäbe aber Bereiche, in denen mehr passieren müsste und – unter unserer Führung – auch mehr passieren würde“, so der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Dirk Wurm. „Wir brauchen so etwas wie eine Ausbildungsgarantie für unsere Jugendlichen. Andere Städte machen es vor. Da haben wir in Augsburg mit unserer Bildungsinfrastruktur alle Möglichkeiten“, so Dirk Wurm.
Auch bei Unternehmensansiedlungen würde es laut Wurm keinen Plan geben, um Unternehmen nach Augsburg und die Region zu holen. „Wir könnten ansiedlungswilligen Unternehmen ja nicht einmal nennenswerte Flächen anbieten, so Wurm. „Das führt dazu, dass ansiedlungswillige Unternehmen einen langwierigen Gang durch Bürokratie und Abstimmungsverfahren durchlaufen müssen. Wir brauchen aber unternehmensfreundliche Rahmenbedingungen, die mit allen Beteiligten ausgearbeitet werden müssen, um schnell Angebote machen zu können, wenn die nächste Gigafactory kommen soll. Nur so wird es gelingen, dass wir gute Arbeitsplätze in Augsburg haben und neue sichere und gut bezahlte Arbeitsplätze schaffen.“
Große Defizite bei der Innenstadtentwicklung
„Für die Augsburger Innenstadt gibt es in der Stadtregierung und beim zuständigen Referenten keine Ideen, um effektiv gegen Leerstände anzugehen. Hier gibt es erfolgreiche Modelle in anderen Städten. Der Einzelhandel muss neu gedacht werden. Dazu brauchen wir die Stakeholder, also die Immobilieneigentümerinnen und -Eigentümer ebenso wie Einzelhandel und Gastronomiebetriebe und natürlich den Stadtmarkt. Die müssen an einen Tisch, um eine klare Strategie für eine zukunftsfähige Innenstadt zu entwickeln“, so Wurm. Es müsse auch überlegt werden, wie bisherige Ladenflächen genutzt werden können. „Wir brauchen da gemeinsam von allen Akteuren getragene Ideen. Immer nur zuzuschauen und anzumerken ‚das ist halt so‘ hilft ja nicht weiter“, so Wurm weiter.
Beim Thema Verkehr sieht Wurm ebenfalls Mängel und enormen Nachholbedarf. „Wir brauchen keine Placebo-Verkehrspolitik, die nichts bringt, wie die Sperrung von ein paar Metern Maxstraße. So spricht er unter anderem den allseits kritisierten Durchgangsverkehr in der Altstadt an. „Dieses Problem wäre unter unserer Regierung längst behoben. Es gibt mehrere technische Voraussetzungen die einen Durchgangsverkehr verhindern. Seit Jahren wird darüber gesprochen, aber man hat nicht den Mumm es umzusetzen.”
Auch die Mobilitätswende würde anders aussehen, wäre die SPD dafür in Verantwortung. „Es braucht unter anderem Mobilitätskonzepte auch für die Stadtteile damit die Wohngebiete entlastet werden. Wir wollen ein Konzept, das eine vernünftige Kombination zwischen dem ÖPNV und dem motorisierten Individualverkehr schafft. Auch hier wird seit Jahren nur geredet,“ kritisiert Wurm.
Jutta Fiener, stellvertretende Fraktionschefin, hält fest, dass auch von Seiten des Sozialreferenten keine neuen wichtigen Impulse kommen würden. „All die Maßnahmen, die in den letzten drei Jahren beschlossen wurden, tragen die Handschrift der SPD oder jetzigen Fraktion SPD/DIE LINKE. Die Stadtregierung lässt sich bei den Spatenstichen feiern, die die alte Stadtregierung unter dem ehemaligen Sozialreferenten Dr. Stefan Kiefer auf den Weg gebracht hat.“ Große Sorge hat Fiener, um die psychische Gesundheit der Kinder und Jugendlichen. „Seit Jahren verzeichnen wir eine Zunahme an Erkrankungen, wie Depressionen und Angstzuständen. Der Stadt Augsburg liegt ein Präventionskonzept der Uni Dresden vor, dass jetzt endlich flächendeckend an allen Augsburger Schulen umgesetzt werden muss.“
Eine Katastrophe für die Bildungslandschaft in Augsburg
Der Linke Frederik Hintermayr kritisiert die Bildungspolitik der Stadtregierung: „Die schwarz-grüne Regierung investiert zu wenig im Bereich der Bildung. Die heutige Bildungsbürgermeisterin schrieb auf ihre Plakate Mathe ist es egal, wo du herkommst. Spätestens seit ihrer Amtszeit jetzt sehen wir: Mathe ist es vielleicht egal, wo du herkommst. Mathe ist es aber nicht egal, wer diese Stadt regiert und Investitionen verpennt. Ich erinnere hier an das Desaster um Leihgeräte für Schüler während des Homeschoolings in der Pandemie. Das hat sich fortgesetzt beim Theater um Luftfilter an Schulen, wo die Stadtregierung das Thema einfach ausgesessen hat, während andere Kommunen sich entschlossen auf den Weg gemacht hatten. Auch bei den Schulsanierungen werden wichtige Vorhaben einfach weggestrichen, so die Turnhalle am Rudolf-Diesel- Gymnasium. Die durch die Streichung über Jahre wird diese an einer Schule mit dem Schwerpunkt Sport fehlen. Das ist eine Katastrophe für die Bildungslandschaft in Augsburg.“
Stadträtin Anna Rasehorn sieht ebenfalls große Versäumnisse in der Arbeit bei der heutigen Stadtregierung, so auch bei der Ganztagsbetreuung in Grundschulen. „Der Rechtsanspruch für Kinder im Grundschulalter kommt 2026 und die Stadt macht sich im Jahr 2023 auf den Weg. Sich drei Jahre vor dem Start erste Gedanken zu machen, wie die Stadt diesem Rechtsanspruch gerecht werden kann ist zu spät. Andere Kommunen sind da schon weiter. Statt sich an den Ideen anderen Kommunen zu orientieren, möchte die grüne Bildungsbürgermeisterin erst einmal nur in vier Modell-Schulen beginnen, um zu schauen, wie eine Ganztagsbetreuung in Augsburg geregelt werden könnte. Der heutige Sozialreferent lässt sich lieber für Projekte feiern, die in der letzten Ratsperiode beschlossen wurden, anstatt sich wirklich den Problemen die wir im sozialen Bereich haben ernsthaft zu widmen“.