Stoppt Kränzle!
Warum das Brechtfestival-Hin-und-Her unerträglich ist
Kommentar von Siegfried Zagler
Die Stadt Augsburg würde gerne 2017 ein anderes Brechtfestival mit einem anderen Festivalleiter starten. Der neue Mann (Patrick Wengenroth) hat den Fraktionen der Regierungsparteien und der Stadtratsopposition sich und sein Programm am vergangenen Donnerstag vorgestellt. Kulturreferent Thomas Weitzel muss man den Vorwurf machen, dass das viel zu spät geschah, was zur Folge hatte, dass der alte Festivalleiter Joachim Lang von Bernd Kränzle und Karl-Heinz Schneider wieder ins Gespräch gebracht wurde. Lang solle noch das 2017er Festival machen: „Brecht und die Religion“ solle das Motto sein. Das würde gut zur Luther-Dekade passen. Lang selbst wollte sich dazu noch nicht öffentlich äußern. Er wisse noch nicht, ob er Zeit habe.
Die gleiche Strategie fuhren Lang/Kränzle/Schneider bereits im vergangenen Jahr, als Langs Vertrag mit der Stadt auslief und das Trio gegen den Willen des neuen Kulturreferenten eine weitere dreijährige Vertragsverlängerung mit Lang anstrebte. Schließlich sei das so im Koalitionsvertrag zwischen CSU und SPD grob vereinbart worden. Weitzel wehrte sich und bekam Unterstützung von Oberbürgermeister Kurt Gribl, der folgende Kompromisslösung durchsetzte: Lang solle noch ein weiteres Jahr machen (das kürzlich zu Ende gegangene 2016er Festival), dann solle aber Schluss sein.
Ungeachtet der OB-Verfügung wird am heutigen Montagabend Lang sein Konzept „Brecht und die Religion“ dem Koalitionsausschuss vorstellen. Würde Lang überzeugen, würden Bernd Kränzle mit seiner CSU und mit Schneiders SPD im Kulturausschuss am Dienstag durchsetzen wollen, dass Lang noch 2017 und Wengenroth 2018 machen soll. Allein mit dem bisherigen von Kränzle und Schneider inszenierten Prozedere wurden Augsburgs Kulturreferent und Augsburgs Oberbürgermeister in ihrer Integrität beschädigt. Kurt Gribl kann es längst egal sein, wenn sich seine Fraktion nicht an seine Vorstellungen und Vorgaben hält, für Weitzel würde ein erneutes Brechtfestival unter der Leitung von Lang eine Katastrophe bedeuten: Wer kann einen Kulturreferenten noch ernst nehmen, der sich von zwei Lokalpolitikern ein Brechtfestival aufdrücken lassen muss, das er bereits als Kulturamtsleiter als „abschreckend“ bewertete?
Die Parteiräson, die Kränzle und Schneider für Lang ins Feld führen wollen, würde sich aber nicht nur gegen Gribl und Weitzel richten, sondern auch gegen den Kulturbeirat, den Brecht-Kreis und gegen die Mitte der lokalen Kulturschaffenden, die sich kürzlich auf einer Sitzung des Brecht-Kreises deutlich gegen Lang positionierten. Würde sich gegen die Grünen richten und würde sich womöglich gegen eine Mehrheit im Kulturausschuss richten, da selbst innerhalb der SPD und der CSU PolitikerInnen zu finden sind, die von Wengenroths Konzept begeistert sind. Und würde sich gegen die geschlossene Opposition richten, die sich ebenfalls gegen ein weiteres Jahr mit Lang positioniert hat.
Dass zwei einflussreiche Akteure der Augsburger Lokalpolitik in einer Situation, in der seitens der Stadt bereits ein neuer Name eingeführt wurde und ein neues Konzept vorgestellt wurde, weiter darauf bestehen, dass der alte Festivalleiter weitermacht, ist eine Provinzposse der besonderen Art. Dass sie sich möglicherweise mit ihrem schwer nachvollziehbaren Lang-Eifer nachhaltig selbst beschädigen, darauf sind Kränzle und Schneider vermutlich noch nicht gekommen. Kurt Gribl müsste das Treiben der beiden beenden, allein schon deshalb, um sie vor sich selbst zu schützen.