Theater-Brandschutz: “Offene Fragen und eine Lösung”
Unter diesem Arbeitstitel präsentierte die “Initiative Kulturelle Stadtentwicklung Augsburg” am gestrigen Dienstag eine Lösung, mit der das aus Brandschutzgründen geschlossene Theater kurzfristig wieder bespielbar gemacht werden könnte. Auch auf die vergangene Woche veröffentlichte Erklärung des Oberbürgermeisters gingen die Vertreter der Bürgerinitiative ein, die Unterschriften gegen eine Theatersanierung auf Pump sammelt.
Von Bruno Stubenrauch
Den technischen Part übernahm der von der Initiative um Kurt Idrizovic eingeschaltete Gutachter Wolfgang Rösener. Rösener, seit 1994 öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Beton- und Mauerwerksbau, verwies zunächst auf seine Referenzen im Bereich vorbeugender Brandschutz, darunter den Damenhof und den Bahnpark.
“Der Schutz von Leib und Leben besitzt für mich höchste Priorität. Sie werden von mir keine Vorschläge hören, die das aufweichen”, schickte Rösener seinen Ausführungen voraus. Rösener hatte Anfang August ein Gutachten zu den Umständen erstattet, die im Juni zur Schließung des Theaters geführt hatten, insbesondere zur Decke zwischen Garderobe und Zuschauerraum. Der TÜV Süd hatte am 18. August dazu Stellung genommen.
“TÜV zog falsche Schlussfolgerung”
Hauptintention sei für ihn gewesen, eine Schließung des Theaters zu vermeiden bzw. den Spielbetrieb möglichst rasch wieder in Gang zu bringen, so Rösener. Sein Gutachten sei kein Schnellschuss gewesen, wie von OB Kurt Gribl unterstellt. Er sei bereits Mitte Mai auf Bitte von Dipl.-Ing. Erich Sauter tätig geworden. Sauter, ein früherer Mitarbeiter Röseners und jetzt Leiter eines Büros für Baustatik und Brandschutz, hatte dem Baureferat damals ein Fachgespräch über Möglichkeiten zum Weiterbetrieb des Theaters angeboten, aber keine Antwort bekommen.
“Ich stelle die Feststellungen des TÜV nicht in Frage, wohl aber die hieraus gezogenen Schlussfolgerungen”, so Rösener, der nun konkret wurde. Dass Alternativen zur Theaterschließung fehlen würden, wie der TÜV konstatierte, sei “absolut falsch”. Sein erster und vom TÜV kritisierter Vorschlag, nur die Leuchten über der Garderobe auszubauen und die Öffnungen mit Gipskartonplatten zu verschließen, sei “zugegebenermaßen eine F30-Lösung”, biete also Richtung Zuschauerraum nur 30 Minuten Feuerwiderstand, sollte es in der Garderobe brennen. Sein zweiter Vorschlag erfülle jedoch das vom TÜV genannte Kriterium von 90 Minuten Feuerwiderstand (F90).
Eine Lösung für 50.000 Euro
Decke über der Garderobe, in Rot Röseners Sanierungsvorschlag
Rösener hatte in seinem Gutachten alternativ eine vollflächige Decke aus Gipskarton-Feuerschutzplatten (GKF) vorgeschlagen, was vom TÜV völlig ignoriert wurde. Diese GKF-Decke entspreche bei einer Dicke von 2*20 mm der Qualität F90. Gestern präsentierte Rösener auch eine Kostenberechnung hierzu: 75 Euro brutto würde eine solche Decke pro qm Fläche kosten. Selbst wenn man unter Einbeziehung aller Erschwernisse, beispielsweise den Ausbau der 60 denkmalgeschützten Leuchten und deren Einbau in Abkastungen aus ebenfalls 2*20 mm GFK, 200 Euro pro qm ansetze, kämen bei 250 qm Decke nur rund 50.000 Euro Gesamtkosten heraus. Damit sei das Problem komplett gelöst.
“Eigentlich Null Zusatzkosten”
Wolle man noch “Hosenträger zum Gürtel”, könne man zusätzlich die zurzeit freien 75 Lüftungsöffnungen in der darüber liegenden Stahlbeton-Rippendecke mit selbstauslösenden Brandschutzklappen versehen. Rösener veranschlagt hierfür 600 Euro pro Stück, also weitere 45.000 Euro. Beide Maßnahmen würden “aber eigentlich Null Zusatzkosten” verursachen, da eine so ertüchtigte Decke “bereits ein vorgezogenes Element aus der Generalsanierung ist”, so der Sachverständige. Beide Maßnahmen seien “heute so gut wie gestern” möglich.
Heftig kritisierte Rösener das Verhalten der Stadt in Sachen Brandschutz in den vergangenen sechs Jahren. Schon 2010 habe man für viel Geld ein Brandschutzgutachten beim renommierten Münchner Büro Kersken + Kirchner bestellt. Sowohl im Text als auch in den Plänen finde sich dort ein Hinweis auf Klärungsbedarf bei der Decke über der Garderobe. Die Abklärung seitens der Stadt sei aber erst im Mai 2016 erfolgt. “Die Frage, ob das im Sinn des Schutzes von Leib und Leben war, können Sie sich selbst beantworten”, schloss Wolfgang Rösener seinen Vortrag vor den 18 anwesenden Medienvertretern.
Wird das “Theater-Theater” bald beendet?
In abschließenden Statements bezogen die Vertreter der Bürgerinitiative (BI) Stellung zur Situation und zur emotional geratenen Erklärung von OB Kurt Gribl vom 19. August. Er könne sich des Eindrucks nicht erwehren, “dass mit dem Brandschutz Politik gemacht wurde – ein Spiel mit dem Feuer”, so der Buchhändler Kurt Idrizovic. Mehrfach seien Gesprächsangebote, auch seitens der BI unterbreitete, abgelehnt worden. Idrizovic nannte das Angebot von Erich Sauter, den Vorschlag einer neutralen Begutachtung durch die Sachverständige für Brandschutz und Baustatik Sylvia Heilmann aus Dresden und den Wunsch Wolfgang Röseners auf Teilnahme am TÜV-Termin in der vergangenen Woche. Auch seien nie die erheblichen finanziellen Folgen der vorzeitigen Theaterschließung benannt worden.
Bauingenieur Rudolf Reisch kritisierte die gesamte Theatersanierung als “autokratisches Bauprojekt”, dem es an jeder Transparenz fehle. Mit-Initiator Peter Bommas, Geschäftsführer des Kulturparks West, bedauerte den jetzt von OB Kurt Gribl angeschlagenen Ton. Die BI werde diffamiert und ihr würden Dinge zugerechnet, die sie nicht zu vertreten hätte. “Ein OB sollte moderieren, nicht draufhauen”, so Bommas.
Ob der OB auf ein erst am Montag unterbreitetes Gesprächsangebot Wolfgang Röseners eingeht, ist noch offen. Der Sachverständige würde sich mit Kurt Gribl “am liebsten vor Ort” treffen, “um das Theater-Theater zu beenden”, wie es in seinem Schreiben heißt.