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Sonntag, 19.01.2025 - Jahrgang 17 - www.daz-augsburg.de

Urteil

Urteil: Stadt blitzt beim VGH ab – Klimacamp darf weiter protestieren

Der Verwaltungsgerichtshof hat am heutigen Dienstag in München verkündet, dass es sich beim Augsburger Klimacamp während der ersten zehn Tage um eine Demonstration handelte.

Foto © DAZ

Damit ist die Berufung der Stadt Augsburg gegen das Urteil des Augsburger Verwaltungsgerichts gescheitert. Das Augsburger Verwaltungsgericht hatte das Klimacamp als Demonstration definiert und somit als eine vom Versammlungsrecht geschützte Veranstaltung bewertet. Damals ging es um die Rechtmäßigkeit des Räumungsentscheids, mit dem Oberbürgermeisterin Eva Weber (CSU) und Bürgermeisterin Martina Wild (Grüne) dem Klimacamp ein rasches Ende bereiten wollten. Die Klimacamper legten Beschwerde ein und bekamen Recht. Die Stadt Augsburg ist somit mit ihrer Rechtsauffassung gescheitert. Die Begründung des Verwaltungsgerichtshof liegt noch nicht vor.

Augsburgs Ordnungsreferent Frank Pintsch vermittelte im Vorfeld des VGH-Urteils das städtische Einspruchsmotiv. Laut Pintsch gehe es darum, dass die Stadt grundsätzliche Rechtsklarheit anstrebe, es also um die räumliche Ausdehnung gehe und darum, ob die Infrastruktur des Klimacamps noch vom Grundrechtsschutz des Versammlungsrechts geschützt sei. „Die Entscheidung des VGH wird dazu Rechtsklarheit, auch für zukünftige Versammlungen oder Protestformen, bringen“, so Pintsch in der Augsburger Allgemeinen. Doch dies wurde in München offensichtlich nicht verhandelt. Wie am Dienstag zuerst der BR berichtete, hat der VGH der Stadt die Möglichkeit gegeben, in die dritte Instanz vor das Bundesverwaltungsgericht zu ziehen. Einen Monat Bedenkzeit hätte dafür die Stadt. Gewonnen wäre im Sinne von Pintsch aber durch diesen Schritt keine Rechtssicherheit im Sinne des Versammlungsrechts, da auch in der letzten Instanz die Rechtmäßigkeit des Räumungsbescheids vom Sommer 2020 verhandelt würde.

Eine Stellungnahme der Stadt Augsburg liegt noch nicht vor, während die Grüne Stadtratsfraktion zeitnah das Münchner Urteil begrüßte:

“Wir begrüßen, dass die Justiz zum wiederholten Male zu der Auffassung gekommen ist, dass das Klimacamp zum Zeitpunkt des Räumungsbescheids eine Versammlung war und als Demonstration einzuordnen ist, die der öffentlichen Meinungsbildung dient. Die Aktivist*innen können ihren wichtigen Protest also weiterführen, sie können weiterhin in prominenter Lage auf die drängenden Themen Klimaschutz und Klimagerechtigkeit aufmerksam machen, die Menschen aufklären und den Druck auf politische Entscheidungsträger hoch halten. Ein guter Tag für die Klimaschutz-Bewegung in Bayern!”  So das Statement von Peter Rauscher, Fraktionsvorsitzender der Grünen.

Bereits am Vormittag kommentierten Aktivisten*innen des Klimacamps die VGH-Entscheidung:

„Die Entscheidung des VGH, dass der städtische Räumungsbescheid an das Klimacamp vom 10. Juli 2020 illegal war, wurde den Klimacamper*innen am heutigen Dienstagmorgen telefonisch mitgeteilt. Sowohl das Eil- als auch das Hauptverfahren vor dem Verwaltungsgericht Augsburg gegen den Räumungsbescheid hatte das Klimacamp bereits im Jahr 2020 gewonnen. Auf dieser Grundlage findet die Dauerversammlung der Klimaaktivist*innen bis zum heutigen Tag und auch weiterhin ununterbrochen statt. — Die Ausgangstendenz gab der Vorsitzende Richter Reinhard Senftl bereits in der gestrigen mündlichen Verhandlung bekannt. Nachdem das zentrale Element der städtischen Ausführungen laut Senftl „in sich zusammengefallen“ war, fragte er die Vertreter der Stadt, ob sie die Revision nicht doch zurückziehen wollen. Damit hätte die Stadt die noch größere Blamage in Form einer ausführlichen Urteilsbegründung, die nun doch kommen wird, noch abwenden können. „Die fünfköpfige städtische Entourage sollte lieber Rechtsgrundlagen für den Bau von Windrädern abklären anstatt sich für die infantile Klimapolitik des Abwartens und Nichtstuns blamieren zu lassen“, so Klimacamperin Charlotte Lauter.


Der Artikel erhielt am 8. März ein Update. Hinzugefügt wurde die Information, dass die Stadt noch die Möglichkeit habe, vor das Bundesverwaltungsgericht zu ziehen.