Viele Gewinner
Der Haushalt 2014 ist verabschiedet
Gegen sieben Stimmen beschloss der Augsburger Stadtrat am gestrigen Donnerstag mit großer Mehrheit den Haushalt 2014. Er schließt mit einer Summe von rund 828 Millionen Euro ab.
716,6 Mio. davon entfallen auf den Verwaltungshaushalt, 111,4 Mio. auf den Vermögenshaushalt, aus dem die Investitionen im kommenden Jahr bestritten werden. Der Haushalt konnte ohne Neuverschuldung ausgeglichen werden. Unterschiedliche Auffassungen gab es zum Zustandekommen der breiten Mehrheit im Finanzausschuss, wo der Haushaltsentwurf vor einer Woche mit 12:1 Stimmen angenommen wurde: Während es für Claudia Eberle (CSM) die Debattenkultur war („So kann man sich Verhandlungen wünschen“), war es für SPD-Fraktionschef Dr. Stefan Kiefer vor allem Zwang, der zur Einigkeit führte: Die Trendwende hinsichtlich Ablauf und Ergebnis der Haushaltsberatungen sei von veränderten Mehrheiten erzwungen worden, aber auch „von der späten Erkenntnis, dass der finanzielle Spielraum der Stadt geringer ist, als Pro Augsburg und CSU zu Beginn der Periode meinten“.
„Faktischer Handlungsspielraum nur bei 10 bis 12 Millionen“
Letzterem wollte Werner Lorbeer (Pro Augsburg) nicht zustimmen: „Die Haushaltssumme ist gewaltig. Wenn in der Öffentlichkeit der Eindruck herrscht, Augsburg sei eine arme Stadt, dann kann man dem nur widersprechen.“ Dies löste wiederum Gegenrede von Alexander Süßmair (Die Linke) aus, der die Städte Regensburg und Ingolstadt mit gut 700 bzw. 600 Mio. Haushaltsvolumen anführte, bei weniger als der Hälfte der Einwohner. Demnach müsse der Augsburger Haushalt eigentlich 1,2 bis 1,4 Milliarden umfassen. Von den Augsburger 800 Millionen an Haushaltsmitteln sei so viel fest gebunden, dass der faktische Handlungsspielraum nur bei 10 bis 12 Millionen liege. Augsburg stehe auf der Armutsskala ganz unten im Vergleich bayerischer Städte. Deswegen freute sich Süßmair über die erstmalige Aufnahme von 500.000 Euro für ein Augsburger Sozialticket, eine vergünstigte ÖPNV-Monatskarte, von der im kommenden Jahr fast 30.000 Menschen in prekären Verhältnissen profitieren sollen.
Sieben Punkte als Handschrift der SPD
Für Stefan Kiefer war der Einstieg ins Sozialticket der wichtigste der sieben Punkte, mit denen die SPD dem Haushalt ihre Handschrift aufgeprägt hat: Ein kommunaler Beitrag sei „an dieser Stelle zwingend notwendig, weil kein Mensch, der ALG II oder Sozialhilfe bezieht, von den vorgesehenen 20 Euro eine Monatskarte erwerben kann.“ Als weitere Punkte, die der SPD die Zustimmung zum Haushalt ermöglicht hatten, nannte Kiefer Mittel für die Verbesserung des Schulumfeldes, Mittel für die Stadtteilentwicklung und für die Sanierung der Leichtathletikanlagen im Rosenaustadion, Mittel für die Ausrüstung von Feuerwehr, Verkehrsüberwachungsdienst und Standesamt, Mittel für die Stadtmauersanierung und das Römische Museum sowie die Sicherung und teilweise sogar Erhöhung der Zuschüsse für Vereine.
„Vom Dokument des Scheiterns zum kleinen Lichtblick“
Zwei unterschiedliche Statements gaben die Grünen zum Haushalt ab. Für Christian Moravcik ist er nach wie vor ein „Dokument des Scheiterns“. Spielräume für Investitionen seien durch Erhöhung der städtischen Personalkosten und gescheiterte Sparprozesse verspielt worden. 26 Millionen rechnete Moravcik hier vor und kam damit exakt auf den Betrag der so genannten „gelben Liste“ mit dringlichen Ausgabewünschen der Referate, die Kämmerer Hermann Weber im Haushaltsentwurf nicht gegenfinanzieren konnte. Als positives Ergebnis der Haushaltsberatungen wertete Moravcik, dass von 40 Punkten, die man selbst eingebracht habe, nun 37 in voller Höhe bzw. mit hohen Teilbeträgen im Haushalt enthalten seien.
Der Grüne Fraktionsvorsitzende Reiner Erben stellte seine Haushaltsrede unter die Überschrift „Vom Dokument des Scheiterns zum kleinen Lichtblick“. Der Lichtblick bestehe darin, so Erben, dass es gelungen sei, mit den eigenen Anträgen zum Haushalt Kürzungen im Sozialbereich abzuwenden. Darüber hinaus sei die Agenda-Arbeit mit 10.000 Euro aufgestockt und der Ruf als Fahrradstadt aufgebessert worden, weil jetzt endlich die Ost-West-Achse fertiggestellt werden könne. Erstmals erscheine auch die von den Grünen immer wieder geforderte Prioritätensetzung „zaghaft am Horizont“, der Umsteuerung geschuldet, zu der Oberbürgermeister und Regierungsfraktionen wegen des Verlusts der eigenen Gestaltungsmehrheit gezwungen waren.
„Keine seriöse Gegenfinanzierung“
Als einzige Fraktion verweigerten die Freien Wähler dem Haushalt ihre Zustimmung. Der Haushaltsentwurf sei zunächst schlüssig und ausgewogen gewesen, so Rainer Schönberg. Dies habe sich in den Verhandlungen drastisch geändert: Nach Aufnahme kostspieliger Zusatzforderungen aller Parteien sei keine seriöse Gegenfinanzierung erfolgt, sondern nur ein „durch nichts begründeter Hoffnungsannahmeansatz“ in Höhe von 9,2 Millionen. So seien einfach die Annahmen für die Schlüsselzuweisungen um 3 Mio. und für die Grunderwerbssteuer um 1,5 Mio. erhöht worden. Auch die Ansätze für künftige Verkaufserlöse für das Stadtarchiv in der Fuggerstraße 12 (2,5 Mio.) und für die Spicherer Schule (2,2 Mio., Verkauf noch nicht beschlossen) seien nicht seriös.
Die mit Abstand kürzeste Rede aller Fraktionsvorsitzenden hielt Bernd Kränzle: Er bedankte sich in zwei Sätzen bei allen, dass man so schnell den Ausgleich gefunden und den Haushalt nicht zum Wahlkampfthema gemacht habe.
Differenzierte Gegenstimmen
Gegen den Haushalt stimmten geschlossen die dreiköpfige Fraktion der Freien Wähler, die beiden Stadträte der Linken, Erwin Gerblinger (CSU) wegen des geplanten Verkaufs des Stadtarchivs und Martina Wild (Grüne), die damit auf die fehlenden Mittel bei der Gleichstellungsstelle und die verlorenen Jahre bei der Sanierung von Schulen und städtischen Sportanlagen hinweisen wollte. Die Linke wollte dem Haushalt die Zustimmung nicht komplett verweigern: In einer zweiten Abstimmung stimmte sie den Teilhaushalten der Referate 3 und 4 (Soziales und Bildung) ausdrücklich zu.