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Dienstag, 26.11.2024 - Jahrgang 16 - www.daz-augsburg.de

Wem gehört die Stadt?

STADTRAT STEFAN QUARG SPD HOCHZOLL LISTE 2 / PLATZ 3 AM 16. MÄRZ 2014

STADTRAT STEFAN QUARG

SPD Hochzoll Liste 2 / Platz 3

AM 16. MÄRZ 2014


Wir haben Strandburgen gebaut. Jetzt schwimmen wir in dem Meer, das diese weggeschwemmt hat.

Rem Koolhaas‘ treffende Beschreibung der Folgen der Trabantenstädte, der durchgestylten Baugebiete bzw. Plätze ohne Leben und Seele ist hochaktuell.

Nicht der Bürger steht im Mittelpunkt dieser Ideen, sondern Weltanschauungen, Selbstdarstellungen und Machtstrukturen, oft verkleidet in Visionen. Die betroffenen Menschen wurden und werden hierbei nicht gefragt, ob sie dies so wollten oder wollen.

Wie soll man sich in einer Stadt wohlfühlen und mit dieser, gar mit der Stadtpolitik identifizieren, wenn man gar nicht gefragt wird? Und wenn man gefragt wird, hat man oft das ungute Gefühl, nicht alle relevanten Informationen zu kennen, um sich eine fundierte Meinung über den eigenen Tellerrand hinaus bilden zu können.

Auch unser Augsburg ist hiervor nicht gefeit. Erst wenn der Bürgerwille sich aus Zorn formuliert und evtl. medial transportiert wird, kann eine Bebauung des Theodor-Heuss-Platzes, eine Schließung des Alten Stadtbades, ein Umbau des Stempflesees oder Verkäufe von historischen Häusern bzw. das Fällen von Bäumen verhindert werden.

„Beteiligung der Öffentlichkeit“ heißt das Zauberwort. Es heißt nicht Bürgerwunsch, Bürgerwille oder Bürgerplanung, sondern „Beteiligung“. Im Baugesetzbuch § 3 steht: Die Öffentlichkeit ist möglichst frühzeitig über die allg. Ziele und Zwecke der Planung … zu unterrichten…. Hier hat die Kommune großen Gestaltungsspielraum, wenn sie will und wenn sie es richtig macht.

„Wir denken die Stadt weiter“, heißt es. Das bedeutet das Einberufen von hochkarätigen internationalen Fachleuten, die Ideen konzipieren. Diese fertigen Plankonzepte werden dann „frühzeitig“ den Bürgern vorlegt, doch wehe es regt sich Widerstand. Dann war es das ganz schnell mit der Bürgerbeteiligung. „Echte“ Bürgerbeteiligung ist anstrengend, denn sie muss den Spagat schaffen zwischen dem offenem Meinungsaustausch und ergebnisorientiertem Handeln, der Berücksichtigung individueller Interessen und der Erzielung eines Konsens im Sinne der gesamten Stadtgesellschaft. Sie ist, richtig angefasst und umgesetzt, nichts anderes als ehrliche und transparente Politik.

Anstehende Planungen für die Stadtteile Augsburgs (Jakobervorstadt, Haunstetten, Bergheim, Göggingen Zentrum, Rechts der Wertach u. w.) können auf diesem Weg umgehend mit den Bürgern in einer umfangreichen Meinungs- und Willensabfrage bewertet und Entwicklungswünsche abgefragt werden.

Die Bürgerinnen und Bürger leben nicht nur in einer Stadt, sondern sollen diese auch mitentwickeln. Dazu muss man erstmal eine Meinung haben und diese auch offen äußern. Ängste, fehlende Vernetzungen, mangelnde Informationen und Vorurteile des einzelnen müssen mit Hilfe der Lokalpolitiker überwunden werden, um in eine zielführende Diskussion über fehlende Sitzmöglichkeiten oder fehlende Einkaufsmöglichkeiten sowie „heranrückende“ Bebauungen an die eigenen vier Wände eintreten zu können.

Hier setzt eine moderne, partizipatorische Stadtpolitik an: Sofortig Räume schaffen (evtl. in bestehenden Institutionen oder leer stehenden Immobilien), wo der Bürger nach 17:00 Uhr am Freitag und evtl. an Samstagen Planungen aus seinem Quartier oder Stadtteil einsehen kann, von Fachleuten , evtl. bei einem Kaffee mit anderen diskutierend erklärt bekommt, um sich eine Meinung zu bilden. Da werden plötzlich die vielen, gut gemeinten, fahrradfeindlichen Kunststoffnasen in Quartiersstraßen diskutiert oder leer stehenden Immobilien überplant, fehlenden schattenspendenden Räume definiert und letztlich vernünftigen Entwicklungen zugeführt.

Die Politik hat zu moderieren und dafür zu sorgen, dass fachlich der Entwicklungsprozess begleitet wird. Das ist mühselig, führt zu Irritationen und zu Abwägungsängsten. Aber vielleicht will man als Bürger gar keine alleinig prosperierende Stadt, Verkehrsumgehungen oder Senioren-Wohnsilos. Vielleicht ist man mit dem was man hat zufrieden und empfindet an anderer Stelle ein Defizit.

Lasst die Stadt denen, denen sie gehört – alleinig den Bürgern!