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Samstag, 23.11.2024 - Jahrgang 16 - www.daz-augsburg.de

Zwischen indulgentia und Ausleitung



 

Einer der Ablässe, von denen der Lech eine Vielzahl aufzuweisen hat, wird namentlich mit dem Wort “Hoch” an einer bestimmten Stelle dieses Flusses trefflich spezifiziert. Dies ist nicht nur aus topographischer, sondern auch wasserbauhistorischer Sicht bedeutsam.

Eine Stadt, die wiederum in ihrer bewegten und stolzen Geschichte, und verwoben mit diesem wichtigen Wasserbauwerk, dem Medium Wasser fortifikatorisch, mahlsteinantreibend, kühlend oder gar chemisch spülend enorm viel zu verdanken hat, wird sich langsam und vielleicht stetig bewusst, dass Wasser nicht nur funktional, sondern auch emotional Lebensqualität bedeutet.

Vielleicht braucht es noch Zeit, einen offenen Wasserlauf den Verrohrungen von Stadtbächen vorzuziehen und nicht nur in Hochglanzbroschüren im Rahmen von Stadt-Vergleichswettbewerben die Unverwechselbarkeit dieser Stadt zu begreifen, um einen Wasserschleier nicht als Heimatstümelei abzutun.

Tief in uns verankert tendieren wir zum Funktionalismus, gepaart mit Perfektionismus – sprich – wenn wir etwas machen, dann bitte optimiert und ausschließlich. Die “Energiewende” als Beispiel läuten wir spät ein, dann aber bitte mit sofortiger Wirkung, ohne Rücksicht auf die bisherige wichtige Landschaftsraumbewertung und Raumästhetik. Hopp oder topp! Wir marschieren der Energiewende entgegen. Kollateralschäden werden der Rentabilität und dem politischen Kalkül geopfert.

Mit dem “Hochablass” ist eben nicht eine spirituelle Überhöhung eines Gnadenaktes gemeint – auf den man evtl. hofft – sondern ein wichtiges Stück Augsburger Geschichte. Wenn man als Stadt nicht einmal mehr weiß, ob der Grundstein aus dem Jahre 1911 auf der Westseite dieses denkmalgeschützten Wasserbaus noch existiert, wird man auch weiterhin, – natürlich pleite – einen “Ausverkauf” seiner baulichen Geschichte bei städtischen Bauten dieser Stadt nähertreten.

Lieber mit Finesse sich eines Begehrens bedienen, sozusagen Bürger gegen Bürger ausspielen, als mit anstrengender Aufklärungsarbeit, rechtzeitig und frei von Taktik, die Bürger mitzunehmen.

Ein kleines Beispiel, wie man Wahrheit von verschiedenen Seiten sehen kann und will:

Die berechtigte Forderung, den optischen Status quo des “Wasserfalls” – übrigens ein schönes Wort, trotz rechtlicher Unzulässigkeit – in der Anzahl der Tage und in der Intensität zu gewährleisten – hier zwei Varianten:

  1. Durch die Brille der Rest-Rentabilität von verbleibenden (vormals 10%) etwas über 4% gesehen, vermittelt man zwischenzeitlich als Verantwortlicher, – übrigens in einer verheerenden naturschutzfachlichen Einstellung – über eine zusätzlich zu genehmigende Aufstauung, über die “nicht zulässige” Aufstauung hinaus, den Wasserfall doch noch zu ermöglichen.
  2. Alternativ aber mit der Bereitschaft zu einer weiteren Prämisse, mit 2,5 – 4 m³/sec einen Wasserfall vor dem Einsatz von Turbinen zu ermöglichen und somit den Status quo von heute zu sichern, würde dies aber bedeuten, dass die Referenzmenge der garantierten, gebundenen Wasserableitungen von 50 auf 52-54 m³/sec zu erhöhen sind und nachrangig das Kraftwerk zu betreiben ist.

Demut weicht dem Machterhalt und Taktik der Aufrichtigkeit.

Einem Grundsatzbeschluss im Umweltausschuss mit nur vier Entscheidungsparametern (damalige Rentabilität, grobbauliche Darstellung und Positionierung, pauschaler Zustimmungshinweis aus naturschutzfachlicher Sicht und verbriefte Ableitmengen mit Referenzmenge) stehen nun enorm viele offene Fragen entgegen, übrigens auch aus naturschutzfachlicher Sicht.

Warum nicht ein Ja zu einem Kraftwerk, bei dem aber die Ängste, Wünsche und Anregungen betroffener Bürger sofort berücksichtigt werden.

Verantwortung von den gewählten Stadträten nun teuer auf die Bürger abzuwälzen und noch immer um Umweltstandards und die Optik zu feilschen steht einer stolzen “Umweltstadt” nicht gut zu Gesicht.